Ukraine-Konflikt Zieht Russland Truppen von der Grenze ab? USA und Nato sagen: Nein, im Gegenteil

Russische Panzer werden zurück in ihre Stützpunkte beordert
Ein russischer Panzer bei einem Manöver in Belarus. Die gemeinsame Militärübung der beiden befreundeten Staaten geht weiter.
© Russian Defense Ministry Press Service/AP / DPA
Die Ankündigung Moskaus, Truppenteile von der Grenze zur Ukraine abzuziehen, hatte Hoffnung genährt, dass sich der Konflikt um die Ukraine entspannen könnte. Doch USA und Nato sehen keinen Abzug, sondern eine Aufstockung.

Am Morgen bevor Olaf Scholz im Kreml mit Wladimir Putin über den Ukraine-Konflikt sprach, hatte Russland angegeben, Teile der Truppen an der Westgrenze abzuziehen. Das Gespräch der beiden Regierungschefs verlief nicht reibungslos, dennoch stellte sowohl der Bundeskanzler als auch der russische Präsident anschließend fest, dass es Hoffnung für eine "gute Entwicklung" (Scholz) und "Dialogbereitschaft" (Putin) gebe. Das war Dienstagabend und einen Tag lang war allerorten eine deutliche Erleichterung zu spüren. Doch möglicherweise folgen den Ankündigungen Russlands keine entsprechenden Taten. "Russland sagt, es wolle eine diplomatische Lösung finden, aber seine Handlungen deuten auf das Gegenteil hin", heißt es aus dem Umfeld der US-Regierung.

Stockt Russland seine Truppen auf?

Laut des hochrangigen Beamten aus dem Weißen Haus würde die Truppenpräsenz an der Grenze zur Ukraine nicht nur nicht reduziert, sondern werde sogar noch um "7000 Soldaten" aufgestockt. Er versicherte zudem, dass Russland "jederzeit" eine Operation starten könne, die als Vorwand für eine Invasion der Ukraine dienen würde. Nun sind Krisenzeiten auch immer Hochzeiten für Desinformation, Propaganda und Täuschung, doch sollten die Informationen der US-Regierung stimmen, hätte die Hoffnung auf eine Deeskalation einen deutlichen Dämpfer erhalten.

Auch die britische Regierung teilt die Einschätzung der USA, dass keine russischen Truppen von der Grenze zu Ukraine abgezogen worden seien. "Es gibt derzeit keine Anhaltspunkte, dass die Russen sich aus Grenzregionen zur Ukraine zurückziehen", schreib die britische Außenministerin Liz Truss in einem Gastbeitrag im "Telegraph". Sie warnte, dass sich die Krise noch über Wochen oder sogar Monate hinziehen könne.

Am Donnerstag hat das Verteidigungsministerium in Moskau erneut einen Truppenabzug von der ukrainischen Grenze vermeldet. Nach dem Ende der geplanten Manöver habe ein Zug der Armee mit militärischer Ausrüstung von Panzereinheiten des Militärbezirks West "den Weg zu seinem Heimatstützpunkt angetreten", erklärte das Ministerium. Angaben zum Abfahrtsort und zum Zielort wurden nicht gemacht. Es hieß lediglich, die Panzer würden mit dem Zug "rund tausend Kilometer" weit transportiert.

"Einheiten kehren zu Stützpunkten zurück"

Zudem wurde ein Teilabzug von Soldaten von der Krim bekanntgegeben. "Einheiten des südlichen Militärbezirks, die ihre taktischen Übungen auf dem Truppenübungsplatz auf der Halbinsel Krim beendet haben, kehren mit dem Zug zu ihren Heimatstützpunkten zurück", zitierten russische Nachrichtenagenturen das Ministerium. Fernsehbilder zeigten einen mit Militärfahrzeugen beladenen Zug beim Überqueren einer Brücke, welche die von Russland annektierte ukrainische Halbinsel mit dem Festland verbindet.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte bei Beratungen der Verteidigungsminister der Bündnisstaaten, es gebe "Signale aus Moskau, dass die Diplomatie fortgesetzt werden könnte, aber bislang haben wir keine Anzeichen für einen Rückzug oder eine Deeskalation gesehen". Russland habe zuletzt erneut seine Fähigkeit und Bereitschaft unter Beweis gestellt, Gewalt anzudrohen, um seine Ziele zu erreichen. "Leider fürchte ich, dass dies der neue Normalzustand ist, auf den wir vorbereitet sein müssen", so Stoltenberg.

Der Westen ist angesichts des russischen Truppenaufmarschs äußerst besorgt. Befürchtet wird, dass die Verlegung Zehntausender Soldaten der Vorbereitung eines Kriegs dienen könnte. Russland weist das als "Hysterie" zurück. Unterdessen gehen allerdings mehrere russische Manöver weiter – unter anderem das im Nachbarland Belarus. Im Kaspischen Meer begann laut Verteidigungsministerium eine Marine-Übung mit 20 Schiffen.

Inmitten des Säbelrasselns positioniert sich Belarus mit einer besonders deutlichen Warnung an den Westen: Nach Worten von Staatschef Alexander Lukaschenko sei er im Falle einer Bedrohung zur Stationierung von Atomwaffen bereit. "Wenn es notwendig ist", werde sein Land nicht nur Atomwaffen, "sondern auch Super-Nuklearwaffen, vielversprechende Waffen" aufnehmen, um "unser Territorium zu verteidigen", sagte er nach Angaben der belarussischen Nachrichtenagentur Belta.

DPA · AFP
nik

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