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Berlin³: Marodes Marine-Schulschiff 135 statt 10 Millionen: Warum die "Gorch Fock" trotzdem saniert wird

Die Kosten für deren Sanierung der "Gorch Fock" sind viel höher als ursprünglich veranschlagt
Die Kosten für deren Sanierung der "Gorch Fock" sind viel höher als ursprünglich veranschlagt
© Carsten Rehder / DPA
Ursprünglich waren 10 Millionen Euro vorgesehen, dann wurden daraus 75 Millionen, inzwischen sind es 135 Millionen. Auch wenn die Kosten aus dem Ruder gelaufen sind – an der Sanierung der "Gorch Fock" führt kein Weg vorbei.

Jetzt mal alle die Hände hoch, die für den Weiterbau des Berliner Pannenflughafens BER sind, weil da schon Milliarden verbaut worden sind! Ach, doch so viele? Und jetzt melden sich noch mal alle die, die gerne hätten, dass die "Gorch Fock" endlich, endlich generalüberholt wieder auf den Weltmeeren im Auftrag der deutschen Marine unterwegs ist. Wie, so wenig? Doch nicht etwa, weil bei dem Segelschulschiff die Renovierungskosten von ursprünglich geplanten 9,6 Millionen Euro längst auf einen dreistelligen Millionenbetrag hochgeschnellt sind – und das eigentlich unverantwortbar viel ist?

Von der Leyen muss sich zur "Gorch Fock" erklären

Darf man Äpfel mit Birnen vergleichen? Oder besser: Schiefgegangene Megaprojekte, die unter Aufsicht einer desinteressierten oder auch überforderten Ministerialbürokratie den deutschen Steuerzahler weit jenseits der Zumutbarkeitsgrenze belasten? Darf man. Denn eines ist klar: Die Desaster verlaufen nach ähnlichen Drehbüchern. Bis das Ausmaß der aus dem Ruder gelaufenen Kosten sichtbar ist, ist schon so viel ausgegeben, dass der Point of no Return längst überschritten ist. Eigentlich.

Im Fall der in der Elswerther Werft liegenden "Gorch Fock" sind jetzt neue Nachrichten hinzugekommen. Keine guten. Denn die Werft muss Insolvenz anmelden. Die mit dem Verteidigungsministerium vereinbarte Kostenobergrenze von maximal 135 Millionen Euro ist offenbar nicht zu halten. Ob sämtliche für die Sanierung des Schiffes nötigen Arbeiten überhaut noch auf der Werft ausgeführt werden können, steht in den Sternen. Und wenn ja, dann kostet das weitere Millionen. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) muss sich heute vor dem Haushaltsausschuss erklären. Es geht letztlich um die Gretchenfrage: Wie hältst du es mit einem Prestigeprojekt?

Und? Wie hält sie es damit?

Von der Leyen kann in dieser Sache nicht mehr gut aussehen. Aber vielleicht sollte sich die Ministerin mal von dem Gedanken lösen, was die Entscheidung für oder gegen die Sanierung der "Gorch Fock" unter Imagegesichtspunkten für sie bedeutet.

Dann ist die Entscheidung von nun an nicht mehr so schwer: Weiter sanieren. Auch wenn das weh tut, weitere Millionen kostet und der Rechnungshof meckert. Ein Staat wie die Bundesrepublik muss sich eine Marine leisten können, die sich eine "Gorch Fock" leisten kann. Ob es sich die leisten will, die in der Vergangenheit an verantwortlicher Stelle Fehler um Fehler gemacht hat, steht auf einem anderen Blatt.  Aber damit wären wir wieder beim Anfang – und auch beim BER.  

Jenny Böken war 2008 aus ungeklärten Gründen nachts von Bord des Segelschulschiffs gestürzt. Ihre Familie erhebt jetzt neue Vorwürfe gegen die Ermittler, die von einem Unfalltod ausgegangen waren und die Akten 2009 geschlossen hatten. 

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