SPD, Grüne und FDP Heute kommt der Koalitionsvertrag: Das ist bisher über die Ampel-Pläne bekannt

Die geschäftsführende Bundeskanzlerin Angela Merkel (l., CDU) und ihr mutmaßlicher Amtsnachfolger Olaf Scholz (SPD)
Die geschäftsführende Bundeskanzlerin Angela Merkel (l., CDU) und ihr mutmaßlicher Amtsnachfolger Olaf Scholz (SPD)
© Michael Kappeler / DPA
SPD, Grüne und FDP haben in Rekordtempo einen Koalitionsvertrag ins Werk gesetzt, der heute öffentlich gemacht werden soll. Wie sehen die Ampel-Pläne aus? 

Der eine sagt so, der andere so. Annalena Baerbock, die Grünen-Co-Vorsitzende, sagt: "Wir hatten die Nase auch mal richtig voll". Die Gespräche mit SPD und FDP seien mitunter "schwierig" gewesen, erläuterte sie auf dem Landesparteitag der Brandenburger Grünen am Samstag, zeitweise habe es "heftig" geruckelt. Vielleicht ist das eingepreist, wenn "da was zusammenwächst" (Olaf Scholz), entgegen "strittiger Punkte" (Christian Lindner). 

Jedenfalls ist den Ampel-Parteien der Schulterschluss geglückt: SPD, Grüne und FDP haben einen Koalitionsvertrag ins Werk gesetzt, den sie am Mittwoch vorstellen wollen. Die Parteien luden zu einer Pressekonferenz um 15 Uhr in Berlin ein. Damit wird rund acht Wochen nach der Bundestagswahl öffentlich, was die Ampel-Verhandler vertraulich ausgearbeitet haben.

Das ausgegebene Ziel, so hatte es zumindest Lindner formuliert: "Eine Koalition sollte mit der Absicht antreten, gemeinsam wiedergewählt zu werden." Keine weiteren Fragen, außer: Wie schlagen sich die Absichten in dem Schriftstück nieder?

Was steht drin?

Den Vertrag für die mögliche Ampel-Premiere auf Bundesebene haben SPD, Grüne und FDP in Rekordtempo verwirklicht. Anfang Oktober hatten sich die Farbkonstellation in "vertiefte Sondierungen" begeben, kurz darauf ein gemeinsames Sondierungspapier vorgelegt, das als Grundlage für die Koalitionsverhandlungen dienen sollte – die nun, nach knapp vier Wochen, offenbar abgeschlossen sind. Geführt wurden sie in einer Hauptverhandlerrunde aus zuletzt je sieben hochrangigen Vertretern jeder Partei sowie in 22 Arbeitsgruppen. In diesen handelten die Fachpolitiker der Parteien die Details des Koalitionsvertrags aus. Schon in der Nikolauswoche soll Scholz als nächster Bundeskanzler vereidigt werden.

In ihrem Sondierungspapier hatten SPD, Grüne und FDP bereits einige "Vorfestlegungen" getroffen und dabei auch einige Streitthemen abgeräumt: Sie schrieben sich darin "eine umfassende Erneuerung unseres Landes" und "einen Aufbruch" für Deutschland auf die Fahnen, um die großen Herausforderungen wie Klimawandel, Digitalisierung, Sicherung des Wohlstands oder sozialen Zusammenhalt zu bewältigen.

  • Wohl mit Rücksicht auf die Wahlversprechen der FDP wurde vereinbart, dass keine neuen Substanzsteuern eingeführt und Steuern wie die Einkommen-, Unternehmens- oder Mehrwertsteuer nicht erhöht würden.
  • Im ersten Jahr einer Ampelkoalition soll der gesetzliche Mindestlohn auf zwölf Euro pro Stunde erhöht werden. Dies war ein zentrales Wahlversprechen der SPD.
  • Das Wahlalter für Bundestags- und Europawahlen soll von 18 auf 16 Jahre gesenkt werden.
  • Ein generelles Tempolimit auf Autobahnen, wie von den Grünen gefordert, soll nicht kommen.
  • Zur Einhaltung der Klimaschutzziele wurde in dem Papier unter anderem festgelegt, den Ausstieg aus der Kohleverstromung zu beschleunigen. Nach Darstellung grüner Verhandlungskreise soll im Koalitionsvertrag der massive Ausbau erneuerbarer Energien aus Wind und Sonne festgelegt werden, um so einen schnelleren Kohleausstieg zu erreichen – de facto für das Jahr 2030, wie die Deutsche Presse-Agentur berichtete. Bisher soll die klimaschädliche Kohleverstromung in Deutschland bis spätestens 2038 beendet werden. 
  • Darüber hinaus will eine künftige Ampel-Regierung nach Angaben grüner Verhandlungskreise bis 2030 mindestens 15 Millionen vollelektrische Pkw auf deutsche Straßen bringen. In rund zehn Jahren solle es in Deutschland keine Zulassungen für fossile Verbrennungsmotoren mehr geben.

Und wer wird was?

Erst die Inhalte, dann die Personalien und keine Spekulationen – so hatten es die Ampel-Verhandler immer wieder versichert. Doch seit Tagen kursieren Listen mit Namen und Ressorts. Wurde etwas durchgestochen? "Das Problem mit der Liste ist offensichtlich", analysierte die "Süddeutsche Zeitung" eines der angeblichen Posten-Puzzles. "Bei näherem Hinsehen kann sie gar nicht aus dem engeren Kreis der Verhandler kommen."

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Es seien "fantasievolle, wenn auch teils gut informierte Kreise" am Werk, so das Blatt. Die mutmaßlichen Absender: "Interessenvertreter von Unternehmen und Verbänden, die im Regierungsviertel den politischen Betrieb beobachten und beeinflussen". Das Stühlerücken habe zur Folge, dass sich "viele der rund 6000 in Berlin arbeitenden Lobbyisten neu orientieren" müssten, die "Verschwiegenheit der Ampel-Verhandler" mache das nochmal komplizierter. Auch die "Tagesschau" berichtete, dass die Listen "sehr unwahrscheinlich bis ausgeschlossen" aus dem innersten Kern der Verhandlungen stammen könnten. Darauf würden auch handwerkliche Fehler hindeuten.

Die definitive Kabinettsliste könnte womöglich erst Anfang Dezember vorliegen, berichtete nun die "Rheinische Post" unter Berufung auf Angaben aus Parteikreisen. Demnach wollen SPD und FDP ihre jeweiligen Regierungsmitglieder zu den Parteitagen am 4. beziehungsweise 5. Dezember bekanntgeben, wo beiden Parteien die Koalitionsvereinbarung mit den Grünen bewerten wollen.

Einen abweichenden Zeitplan gebe es aber bei den Grünen. Da sie in einer Mitgliederbefragung die Basis über den Koalitionsvertrag und auch über die vereinbarte Ressortverteilung entscheiden lassen und dafür mehr Zeit brauchen, wollen sie auch die Namen ihrer Ministerinnen und Minister bereits an diesem Donnerstag bekanntgeben.

Fest steht bislang nur, dass Olaf Scholz Bundeskanzler werden soll.

Quellen: "Süddeutsche Zeitung""Tagesschau", ZDF, "Der Spiegel", "T-Online", mit Material der Nachrichtenagenturen DPA und AFP

fs