NSU-Prozess Was bezweckt Beate Zschäpe mit ihrer Aussage?

Die angekündigte Erklärung von Beate Zschäpe im NSU-Prozess sorgt für Spannung. Viele Fragen zu den Verbrechen der Rechtsterroristen sind bisher ungeklärt. Kommt nun die ganze Wahrheit ans Licht? Fragen und Antworten.

Zweieinhalb Jahre lang hat sie konsequent geschwiegen, Richtern und Prozessbeobachtern stets den Rücken zugewandt. An diesem Mittwoch nun will die Hauptangeklagte im Münchner NSU-Prozess, Beate Zschäpe, ihr Schweigen brechen. Das sind die Fragen, die sich nun stellen:

Warum ändert Zschäpe ihre Strategie?

Wohl deshalb, weil sie nicht mehr vom Erfolg des Schweigens überzeugt ist. Bundesanwaltschaft und Nebenkläger betonten immer wieder, die bisherige Beweisaufnahme habe die Vorwürfe gegen sie bestätigt. Prozessbeteiligte vermuten, ihr könne lebenslange Haft mit Sicherungsverwahrung drohen. Sie müsste dann damit rechnen, nie wieder in Freiheit leben zu können.

Platzt jetzt der Prozess?

Eher nicht. Aber er könnte sehr viel länger dauern als gedacht. Die Beweisaufnahme galt bisher als annähernd abgeschlossen. Die Prozessbeteiligten erwarten bislang ein Urteil im kommenden Frühjahr oder Sommer. Jetzt müsste das Gericht aber überprüfen, ob Zschäpes Aussagen stimmen und welchen Wert sie haben. Große Teile der Beweisaufnahme müssen möglicherweise wiederholt, neue Beweise herangeschafft werden. Das könne noch einmal ein oder zwei Jahre dauern, ist zu hören.

Wird Zschäpe selber reden?

Das ist offen. Am Mittwoch wird zunächst einmal nur Anwalt Grasel das Wort ergreifen und eine Erklärung im Namen der Hauptangeklagten verlesen. Dabei soll es sich um eine umfassende Aussage handeln. Laut Grasel werde Zschäpe auch auf Nachfragen des Gerichts - nicht der Opfer-Anwälte - eingehen. Ob sie Nachfragen selber beantwortet oder ihren Anwalt antworten lässt, ist offen.

Was sagen die anderen drei Verteidiger Zschäpes dazu?

Die Anwälte Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm, durch die sich Zschäpe nicht mehr vertreten fühlt, haben beantragt, von ihrem Mandat entbunden zu werden. Sie sind nach wie vor davon überzeugt, dass Schweigen für Zschäpe die beste Verteidigung sei. Die drei Anwälte sind auch nach wie vor gerichtlich bestellte Pflichtverteidiger Zschäpes und dürfen eigenständig agieren. Sie begründeten ihren Antrag damit, dass eine Verteidigung "im Sinne der Interessen unserer Mandantin" künftig nicht mehr möglich sei. "Unsere Verteidigerbestellungen sind nur noch Fassade und dienen erkennbar nur der Aufrechterhaltung des Scheins eoner ordnungsgemäßen Verteidigung", so Heer.

Kommt Zschäpes Aussage überraschend?

Nein. Bereits im Juli schrieb sie dem Gericht, sie wolle "etwas" sagen. Da versuchte sie, Stahl, Heer und Sturm als Verteidiger loszuwerden. Ähnlich hatte sie sich sogar schon kurz nach ihrer Festnahme im November 2011 geäußert. Da sagte sie einem Kripo-Ermittler, sie habe sich nicht gestellt, um nichts zu sagen. Über eine bevorstehende Aussage kursierten in den vergangenen Wochen immer mehr Gerüchte.

Kann Zschäpe wegen einer Aussage mit einer milderen Strafe rechnen?

Verteidiger Grasel und die Anwälte seiner Kanzlei scheinen das zu hoffen. Sie haben angekündigt, Zschäpes Aussage werde "umfassend" sein - ein Hinweis darauf, dass sie ihr gesamtes Wissen über den "Nationalsozialistischen Untergrund", über die Morde und über die Unterstützer preisgeben will. Sollte sie nämlich nur einige ausgewählte Aspekte beichten und ansonsten weiter schweigen, wäre das juristisch "Teilschweigen" und würde ihre Lage nach einhelliger Meinung verschlechtern.

dho/Christoph Lemmer/DPA