Der Umgang mit der US-Botschaft in Berlin ist nicht leicht. Diese Erfahrung musste Helmut Metzner machen, bis vor kurzem Büroleiter des FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle machen. Metzners vertrauliche Besuche beim US-Botschafter schlugen sich in Dokumenten nieder, die Wikileaks später veröffentlichte - und die ihm den Ruf eines "Maulwurfs" eintrugen. Nicht alle Besucher standen der Botschaft so geschmeidig zu Diensten wie Metzner. Unvergessen dürfte bei den Amerikanern ein hochrangiger CDU-Mann sein, den sie auch in die US-Botschaft zum Lunch einluden.
Am Vorabend des vereinbarten Treffens riefen die Amerikaner bei ihm an und eröffneten ihn, natürlich müsse er vor dem Betreten der Botschaft Handy und Blackberry beim Portier der abliefern. Antwort des CDU-Manns: Dann komme ich nicht! Daraufhin lud ihn der Botschafter ins neben der Botschaft gelegene Edel-Restaurant im Hotel Adlon ein. Der CDU-Mann: Dorthin gehe ich nicht. Vier Stunden später wurde er erneut in die Botschaft eingeladen - und durfte sowohl Handy als auch Blackberry mitnehmen. Was dem CDU-Mann zu der politischen Erkenntnis verhalf: Bei den Amerikanern hat nur Erfolg, wer seinen Mann steht und seine Prinzipien verteidigt.
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Der künftige FDP-Bundesvorsitzenden Philipp Rösler hat nicht nur ein strahlend weißes Lächeln. Er ist auch Anhänger einer sehr speziellen Philosophie im politischen Geschäft: Der so genannten Zahnpasta-Theorie, wie er sie nennt. Will heißen: Was aus der Zahnpastatube rausgedrückt worden ist, lässt sich normalerweise nicht mehr zurückschieben. Genau so laufe es oft mit politischen Äußerungen. Einmal draußen aus dem Mund, sind sie kaum noch korrigierbar. Daran, so Rösler, seit letzten Endes auch sein Amtsvorgänger Guido Westerwelle gescheitert. Gemeint ist wohl der Satz von Westerwelle, mit dem er Hartz-IV-Empfängern "spätrömische Dekadenz" unterstellt hatte. Mal sehen, ob bei Röslers eigenen Worten die Zahnpasta-Theorie ebenfalls gilt. Auf die Frage, ob die FDP noch zu retten ist, antwortete er: "Auf jeden Fall. So schlimm ist es doch gar nicht um die FDP bestellt." Das war allerdings zur Jahreswende, jetzt liegt die Partei bundesweit bei drei Prozent.
Fast hat man den Eindruck, dass in der CDU Rösler mit mehr Respekt betrachtet wird als in der FDP, wo ihn manche gerne einen "Säuselliberalen" nennen. In der CDU sagen sie dagegen: "Den darf man nicht unterschätzen. Der ist immer freundlich, hat aber die asiatische Tugend der zähen Ausdauer. Wir werden das schon noch zu spüren bekommen."
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Auch im abgeriegelten, frauenfeindlichen Nordkorea ist jetzt bekannt, welchen politischen Einfluss grüne Frauen in der Bundesrepublik haben. Da weilte der Präsident des Deutschen Fußballbundes (DFB), Theo Zwanziger, in Pjöngjang, um auch die Fußballerinnen des Landes zur Frauen-Fußball-Weltmeisterschaft im Sommer in Deutschland einzuladen. "Fußball kann Türen öffnen", hatte Zwanziger seine Reise begründet, auf die er fünf Bundestagsabgeordnete des Unterausschusses für Auswärtige Kulturpolitik mitnahm sowie Steffi Jones, Präsidentin des Organisationskomitees der Frauenfußball-WM in Deutschland.
Claudia Roth, grüne Parteivorsitzende, war zum Erstaunen der Nordkoreanern die diplomatische Leiterin der Delegation. Sehr verwirrt blickten die Herren, wenn die Dame mit den roten Haaren als Erste das Wort auf Empfängen ergriff und in Pjöngjang von einem "stalinistischen System" redete, dem der Sport neue Türen öffnen wolle. Das war gewollt. Auf dem Hinflug hatte Zwanziger verkündet: Weil es eine politisch heikle Mission sei, habe er Roth gebeten, die Delegation zu leiten. Dann sagte er: "Claudia, wir unterwerfen uns dir. Das bist du seit den jüngsten Wahlergebnissen ja gewöhnt." Dann lobte er Roth. Der Fußball öffne sich jetzt auch für gesellschaftliche Aufgaben. Roth helfe dem DFB dabei. Sie sitze auch in der DFB-Nachhaltigkeitskommission. Zwanziger: "Claudia sorgt dafür, dass unsere Kinder nicht nur wissen, was ein Fallrückzieher ist..." Daraufhin Roth: "...sondern auch, was eine Solardusche ist".

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick
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Kein politisches Dribbling legte Roth hin, als sie mit der DFB-Delegation am Grabmal des verstorbenen Diktators Kim il Sung vorbeigeführt wurde. Brav lief sie mit. Mehr politisches Stehvermögen bewiesen indes die mitgereisten ostdeutschen CDU-Politiker Thomas Feist (CDU) und Patrick Kurth (FDP). Die verweigerten das Defilee und kommentierten Roths Bravheit mit der Frage: Ob Roth ebenso ehrfürchtig an einem Grabdenkmal für Nicolae Ceausescu oder Walter Ulbricht vorbeigegangen wäre? Wir spekulieren über Roths Reaktion in diesem Fall: Dort hätte die grüne politische Spielführerin rechtzeitig einen Fallrückzieher hingelegt.