Die Frage, ob Olaf Scholz tatsächlich Kanzler wird, birgt nach Beginn der Ampel-Verhandlungen nicht mehr die ganz große Spannung. Umso mehr Fragezeichen gibt es mit Blick auf die künftige Rolle seiner Ehefrau Britta Ernst. Als der SPD-Politiker 2011 Erster Bürgermeister von Hamburg wurde, vermied sie es, die klassische Rolle der First Lady zu übernehmen − und behielt ihre politische Eigenständigkeit. Sollte Scholz ins Kanzleramt einziehen, ist das Thema erneut auf dem Tisch.
Britta Ernst: First Lady, Bildungsministerin oder beides?
Im Januar übernahm Ernst als brandenburgische Bildungsministerin den Vorsitz der Kultusministerkonferenz (KMK) der Bundesländer − ein vor allem in der Corona-Zeit wichtiger Posten. Schließlich wurde kaum ein Thema in Lockdown-Zeiten emotionaler und kontroverser diskutiert als die Bildungspolitik. Ministerin in Potsdam ist Ernst bereits seit September 2017. Ob sie ihre politische Karriere dort als Frau des Bundeskanzlers fortsetzen wird, bleibt abzuwarten.
Ganz ohne repräsentative Aufgaben kam noch kein Ehepartner eines Regierungsoberhaupts davon. Das Powerpaar Scholz/Ernst müsste sich beim Einzug ins Kanzleramt in jedem Fall neu organisieren. Von Ernst sind dazu bisher keine öffentlichen Äußerungen bekannt.
Scholz kritisiert sexistische Frage nach der Zukunft seiner Frau
Was Scholz von Fragen danach hält, ob seine Frau im Falle seiner Kanzlerschaft weiterarbeitet, machte er Ende Juli im Talk bei der Frauenzeitschrift "Brigitte" deutlich. "Das ist eine Frage, die mich empört. Ich weiß nicht, ob die auch Männern gestellt wird, die Ehegatten sind", sagte er und hob bei der Gelegenheit die erfolgreiche politische Karriere seiner Frau hervor.
Die beiden sind seit 1998 verheiratet, sie kennen sich bereits seit gemeinsamen Studententagen in Hamburg. Schon in früheren Zeiten hielt das kinderlose Ehepaar in der Öffentlichkeit sorgsam eine professionelle Distanz.

Während Scholz in der Landes- und Bundespolitik seine eigenen Höhen und Tiefen erlebte, ging die gelernte Kauffrau der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft, die später Sozialökonomie studierte, in Hamburg ihren eigenen Weg − zunächst als Bezirks- und Bürgerschaftsabgeordnete
Parallel arbeitete Ernst, die 1978 im Alter von 17 Jahren in die SPD eintrat, als persönliche Referentin für Senatoren und als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Hamburger Baubehörde. Mit der Zeit konzentrierte sich die gebürtige Hamburgerin vor allem auf den Schul- und Bildungsbereich.
Britta Ernst: Politische Arbeit statt protokollarische Rolle
Als ihr Mann 2011 in Hamburg für die Sozialdemokraten die absolute Mehrheit holte und Erster Bürgermeister wurde, kam ein Senatorenposten für sie als Ehepartnerin nicht in Betracht. Die protokollarische Rolle der Hamburger First Lady war zugleich nichts für Ernst, die sich lieber mit Sachfragen befasst.

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Sie kehrte der Landespolitik den Rücken und arbeitete in der Bund-Länder-Koordinierungsstelle der SPD-Bundestagsfraktion in Berlin. 2014 wurde Ernst dann Bildungsministerin in Schleswig-Holstein.
Nach der SPD-Niederlage bei der dortigen Landtagswahl 2017 verlor sie ihren Ministerposten. Wenig später ergab sich aber eine neue Chance in Brandenburg: Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) holte die Bildungsexpertin nach Potsdam. Dort blieb Ernst auch nach der Landtagswahl von 2019 und dem Wechsel hin zu einer Koalition aus SPD, CDU und Grünen im Amt.
Im Bundestagswahlkampf gab der sonst beim Thema Privatleben so zurückhaltende Scholz ein paar seltene Einblicke in sein Leben. Dass er auf Druck seiner Frau vor mehr als 20 Jahren das Joggen für sich entdeckte habe und Königsberger Klopse kochen könne, war da zu erfahren. Der SPD-Politiker offenbarte aber auch, dass Britta Ernst die Liebe seines Lebens sei: Er wäre ohne sie "sicher ein ganz anderer Mensch" und sei dank ihr eindeutig ein besserer.