Angst, Wut und aggressiver Pessimismus sind ihr Geschäftsmodell. Ihre Sprache ist kalkulierte Hetze, gegen "Asyltouristen", "Messereinwanderung", "Lügenpresse", "Volksverräter", "Rapefugies". Voller Inbrunst verabscheuen sie recherchierende Journalisten der "Systemmedien", anerkannte Wissenschaftler und das ganze "linksgrünversiffte" Establishment. Doch am meisten hassen Populisten ihre ewigen Erzfeinde: Fakten.
Nachprüfbare Daten und zahlreiche Untersuchungen der renommiertesten Universitäten und Institutionen belegen lückenlos: Die Menschen waren noch nie so gesund, so gebildet, so reich, so frei und so sicher vor Gewalt wie heute (Siehe Teil 1 und Teil 2 dieser Serie). Die frohen Botschaften sind das Gegenmodell gegen die Agenda rechter Demagogen. Denn sie widerlegen die zentrale Behauptung der populistischen Bewegung: Alles wird schlechter, die Welt steht am Abgrund. Es ist die Mutter aller Fake News.
Und die Begründung für eine radikale Wende um 180 Grad. Zurück in die geschlossene Gesellschaft vergangener Jahrzehnte, in der Zuwanderer, Schwule oder Frauen noch ganz selbstverständlich diskriminiert werden durften. Zurück zu einem anderen politischen System, für das AfD-Chef Alexander Gauland ganz offen wirbt. Und auch Amerika kann man nur "great again" machen, wenn man den Menschen weismacht, dass die Lage früher tatsächlich besser war als heute. Doch dabei gibt es ein Problem: Die Daten und die Tatsachen stehen dem entgegen. Darum sind die objektiven Fakten unter Dauerbeschuss aus den Geschützen rechter Demagogen. Sie feuern mit Lügen, mit alternativen Fakten und mit gefühlten Wahrheiten.
Warum Populisten Gefühle über Fakten stellen
Die CNN-Moderatorin Alisyn Camerota hat die Methode in einem inzwischen berühmten Interview sehr anschaulich vorgeführt. Sie sprach mit Newt Gingrich, dem langjährigen Sprecher der Republikaner im Repräsentantenhaus und hielt ihm entgegen: "Die Mordrate und die Gewaltverbrechen sind landesweit zurückgegangen." Darauf Gingrich: "Ich wette mit ihnen: Die durchschnittlichen Amerikaner glauben nicht, dass die Kriminalität zurückgegangen ist." Es entwickelte sich ein Streit, in dem die Journalistin dem Politiker mehrmals die Fakten und die Zahlen des FBI vorhielt. Schließlich brach der Unterstützer Donald Trumps das Interview genervt ab: "Als Politiker halte ich mich an das, was die Menschen fühlen. Sie können sich ja an die Zahlen halten."
Wenige Wochen später betete der Berliner AfD-Vorsitzende Gerd Pazderski in einem Interview über den Rückgang der Gewalt in Deutschland fast denselben Text nach: "Es geht nicht nur um die reine Statistik, sondern es geht darum, wie das der Bürger empfindet. Perception is reality. Das heißt: Das, was man fühlt, ist auch Realität." Für Populisten haben Gefühle einen entscheidenden Vorteil: Man kann sie beeinflussen. Fakten nicht.
Das gefühlsbasierte, apokalyptische Weltbild findet in Teilen auch der deutschen Gesellschaft offene Ohren. Dass so viele Menschen die "Alles wird schlechter"-Haltung angenommen haben, ist der größte Erfolg der Rechtspopulisten. Und es ist nur möglich, weil die fantastischen Errungenschaften gerade der jüngsten Vergangenheit nicht im allgemeinen Bewusstsein verankert sind. Eine selbstbewusste Einsicht in die erreichten Verbesserungen in nahezu allen Lebensbereichen hätte die Gesellschaft gegen die populistische Propaganda immunisieren können. Doch das Immunsystem ist ausgefallen, weil die überaus positive Fakten den meisten Menschen nicht bekannt oder nicht bewusst sind. Die weit verbreitete Ignoranz gegenüber den tatsächlichen Fortschritten ist der Türöffner für die schwarzmalenden Demagogen. So hat die negative Propaganda leichtes Spiel.
Die frohe Botschaft ist eine politische Botschaft
Viele Errungenschaften der letzten Jahrzehnte werden von den Menschen, die davor profitiert haben, erst jetzt erkannt und geschätzt, seitdem sie akut bedroht sind. Der drohende Verlust führt uns vor Augen, welche Fortschritte auf dem Spiel stehen, die uns längst selbstverständlich geworden sind. Heute zeigt sich: Die positiven Entwicklungen der letzten Jahre und Jahrzehnte sind nicht unumkehrbar. Viele Länder haben bereits den Rückwärtsgang eingelegt: Die Amerikaner wählten Donald Trump. Die Briten verlassen die EU. In Polen, Ungarn und besonders in der Türkei wird der Rechtsstaat immer weiter zurückgebaut. Und in Deutschland bestimmt die AfD, der Brüllverstärker einer lauten, extremistischen Minderheit, die politische Agenda der gesamten Republik.
Der Propagandafeldzug des Populismus in Deutschland und in weiten Teilen der westlichen Welt richtet sich gegen alle Erfolgsmethoden, die in den vergangenen Jahrzehnten die großen Fortschritte überhaupt erst möglich gemacht haben: freie Medien, freier Handel, freie, unabhängige Wissenschaft und Forschung, die Unabhängigkeit der Justiz und die internationale Zusammenarbeit in multilateralen Organisationen wie der Europäischen Union oder in den Vereinten Nationen. Alle diese Erfolgsgaranten stehen aktuell in weiten Teilen der Welt massiv unter Druck.
Nun wird deutlich: Sich mit dem dramatischen Rückgang von Hunger und Armut in der Welt zu beschäftigen, sich über den verbesserten Zustand der deutschen Gewässer zu freuen, und zur Kenntnis zu nehmen, dass die Gefahr, Opfer von Krieg oder Terror zu werden, insbesondere bei uns in Westeuropa erheblich gesunken ist – das alles ist kein Wellnessprogramm für die geschundene Seele. Die frohe Botschaft ist eine politische Botschaft. Es ist die politischste Botschaft unserer Zeit.
Gerade seit dem beinah unaufhaltsam erscheinenden Aufstieg einer rechtspopulistischen Partei wie der AfD fragen sich immer mehr besorgte Demokraten, wie man der Herausforderung begegnen kann. Die gute, alte Aufklärung ist noch immer der sicherste Schutz gegen den aggressiven Pessimismus. Eine Gesellschaft, die ihren tatsächlichen Zustand kennt, die zwischen echten Gefahren und nur gefühlten unterscheiden kann, die nicht nicht ausschließlich auf das Misslungene fixiert ist, sondern sich auch über das Gelungene bewusst ist – eine solche Gesellschaft ist stark genug, die rechtspopulistische Episode zu überstehen. Die frohe Botschaft ist die Antwort auf den Populismus.
