Bundestag Heftiger Streit um Irak-Politik

Regierung und Opposition werfen sich gegenseitig vor, den Irak-Konflikt innenpolitisch auszuschlachten. Während die Union einen Militärschlag gegen den Irak als Option bezeichnet, setzt die Regierung nach wie vor auf eine friedliche Lösung.

"Es gibt eine friedliche Alternative. Und wir kämpfen darum, sie zu realisieren", sagte Bundeskanzler Gerhard Schröder heute in einer Regierungserklärung vor dem Bundestag. Außenminister Joschka Fischer unterstützte diese Position. Regierung und Opposition warfen sich gegenseitig vor, den Konflikt innenpolitisch auszuschlachten. Die Union bezeichnete einen Militärschlag gegen den Irak als Option.

Trotz der Verstimmungen mit den USA und mehreren europäischen Ländern verteidigte Schröder seine Irak-Politik. "Es ist nicht zu spät, die Entwaffnung des irakischen Regimes friedlich zu erreichen", sagte er in der turbulenten Debatte mit zahlreichen Zwischenrufen und gegenseitigen Beschimpfungen. Die NATO sei in ihrer Substanz nicht gefährdet. Deutschland stehe zu seinen Bündnis-Pflichten. "Wenn ein Partner angegriffen wird, werden wir ihn verteidigen", betonte Schröder mit Blick auf die Türkei. Deutschland hatte kürzlich im NATO-Rat Schutzmaßnahmen für die Türkei im Falle eines Golf-Krieges verhindert.

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Auszüge aus Schröders Regierungserklärung

Heftige Kritik von Merkel

Schröder beschuldigte die Opposition, den Waffengang zu wollen. Es gebe "eine Koalition der Willigen für einen Krieg", sagte er. Die deutsche Bevölkerung erwarte jedoch von ihm Einsatz für den Frieden. Die Regierung werde sich an das Mandat halten, was ihm die Bürger bei der Bundestagswahl vergangenen September gegeben hätten. Fischer forderte die Union auf, endlich klar zu sagen, ob sie eine deutsche Beteiligung an einem Krieg im Irak wolle oder nicht. "Wir werden unsere Politik, Alternativen zu suchen, fortsetzen."

CDU/CSU-Fraktionschefin Angela Merkel kritisierte, Schröder gehe es allein um Machterhalt. Er wisse genau, dass er im Bundestag keine eigene Mehrheit zusammenbringen würde für eine Beteiligung deutscher Soldaten an einem Waffengang im Irak. Deshalb setze der Kanzler lieber das Ansehen der Bundesrepublik und die deutsch-amerikanische Freundschaft aufs Spiel.

"Dass Sie es nötig hatten, die Opposition als Kriegstreiber zu bezeichnen, zeigt, wie stark Sie unter Druck stehen", sagte Merkel. Mit seiner frühen Festlegung, auf eine militärische Option zu verzichten, habe der Kanzler den Krieg wahrscheinlicher gemacht. Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle unterstützte Merkels Haltung: "Ein Diktator lässt sich nicht mit guten Worten entwaffnen."

Schäuble greift Bundesregierung scharf an

Der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionschef Wolfgang Schäuble kritisiert die Irak-Position der Bundesregierung ebenfalls scharf. "Sie machen mit Ihrer Politik den Frieden nicht sicherer, sondern den Krieg wahrscheinlicher", sagte er heute in der Bundestagsdebatte über die deutsche Haltung im Irak-Konflikt. Der deutsche Weg führe in die Irre. Die Bundesrepublik müsse wieder ein verlässlicher Partner für seine Verbündeten in der EU und der NATO werden.

Zu keinem Zeitpunkt sei von den Amerikanern eine größere militärische Beteiligung Deutschlands an einem eventuellen Waffengang in Irak gefordert worden, meinte Schäuble. Die Bundesregierung habe dennoch ohne jede Not Kriegsängste geschürt. Sie tue so, "als sei die eigentliche Gefahr die amerikanische Regierung". Dabei wären heute keine Waffeninspektoren in Irak, wenn die USA "nicht militärischen Druck aufgebaut hätten."

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick

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Eine Chance auf Frieden gebe es nur, wenn die Europäer an einem Strang zögen. Europa verdanke mehr als 50 Jahre Frieden den Amerikanern und nicht "den Reden der rot-grünen Friedensbewegung". Die Haltung Deutschlands schwäche die UNO, die NATO und die Bemühungen um eine europäische Einigung. Bundeskanzler Gerhard Schröder müsse seine Politik endlich korrigieren, auch um das deutsch-amerikanische Verhältnis zu verbessern.

Union unterliegt bei Abstimmungen

Die CDU/CSU-Opposition scheiterte im Bundestag mit ihrer Forderung nach einem Kurswechsel der Bundesregierung in der Irak-Politik. Nach der Regierungserklärung von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) wurden heute zwei Anträge der Union im Parlament in namentlicher Abstimmung mit deutlicher Mehrheit der Koalitionsfraktionen von SPD und Grünen abgelehnt.

Der erste Antrag forderte die Bundesregierung auf, "umgehend die weitere Beschädigung unserer fundamentalen außen- und sicherheitspolitischen Interessen zu unterlassen". In dem zweiten Antrag wollte die Union die Unterstützungserklärung von acht europäischen Staaten für die USA im Wortlaut übernehmen.