Mit großer Mehrheit hat der Bundestag am Freitag den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan um ein weiteres Jahr verlängert. Nach einer hitzigen Debatte stimmten 420 Abgeordnete für die von der Bundesregierung beantragte Verlängerung bis zum 31. Januar 2012, 116 votierten dagegen. Neben der Regierungskoalition aus CDU/CSU und FDP sprach sich auch die SPD mehrheitlich für das neue Mandat aus.
Insgesamt enthielten sich 43 Parlamentarier bei der Abstimmung. Aus der SPD-Fraktion gab es 20 Nein-Stimmen, acht Abgeordnete enthielten sich. Von 63 Grünen stimmten nach Angaben des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele 22 gegen das Mandat; die Linkspartei lehnt den Afghanistan-Einsatz grundsätzlich ab.
Neu an dem vom Bundestag verabschiedeten Mandat ist die Abzugsperspektive ab Ende 2011 - allerdings nur, wenn die Lage vor Ort dies zulässt. Das vor einem Jahr aufgestockte Kontingent soll weiter eine Obergrenze von 5350 Soldaten haben. Derzeit sind etwa 4860 Soldaten im Einsatz.
SPD-Chef Sigmar Gabriel kritisierte in der Debatte Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) scharf. Wer 2011 nicht mit dem Abzug beginne, werde 2014 nicht "draußen sein", sagte Gabriel im Bundestag. Der Einzige, der dies nicht verstehe, sei der Minister. Guttenberg hatte erklärt, das Datum sei ihm "völlig wurscht", erst müssten die Voraussetzungen für einen Abzug erfüllt sein. Gabriel kritisierte, mit seiner Aussage habe der Minister deutlich gemacht, dass ihm auch die Strategie der internationalen Staatengemeinschaft "völlig wurscht" sei, da diese bis 2014 ihren Kampfeinsatz beenden will.
Linksfraktionschef Gregor Gysi argumentierte, der Einsatz schade Afghanistan und Deutschland. Er verwies auf eine Umfrage, wonach 79 Prozent der Afghanen für einen Abzug der internationalen Truppen aus ihrem Land seien. "Terrorismus kann man nicht mit der höchsten Form des Terrorismus, mit Krieg, bekämpfen."
Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin warf Gysi vor, die radikalislamischen Taliban mit der NATO auf eine Stufe zu stellen. Wer so etwas tue, habe "den Schuss nun wirklich nicht gehört". Der Grünen-Politiker übte zugleich scharfe Kritik an dem schwarz-gelben Mandatsentwurf. Dieser enthalte statt eines klaren Abzugsdatums "1000 Hintertüren". Dabei habe die politische Führung die Pflicht, eine "zeitlich klare Perspektive" zu geben. "Wir können Ihrem schwammigen Mandat der Konjunktive nicht zustimmen."
FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger nannte die Haltung der Grünen und insbesondere der Linkspartei "unverantwortlich". Es sei ein "großer Erfolg", dass im Mandat nun erstmals eine Abzugsperspektive enthalten sei. Der CDU-Abgeordnete Henning Otte sprach von einer "realistischen Abzugsperspektive".
Westerwelle, der ebenso wie Guttenberg in der Bundestagsdebatte nicht das Wort ergriff, kritisierte die Grünen. Nachdem sie in ihrer Regierungszeit den Einsatz mit beschlossen hätten, würden sie sich nun als Opposition "ihrer Verantwortung entziehen", sagte Westerwelle im ZDF-"Morgenmagazin". Nach dem Votum begrüßte Westerwelle vor Journalisten in Berlin die "überzeugende, überparteiliche Mehrheit" im Bundestag.

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Das militärische Engagement Deutschlands in Afghanistan finden laut ZDF-Politbarometer 37 Prozent richtig, 59 Prozent sind dagegen. Im Dezember 2009 fanden noch 45 Prozent den Einsatz richtig.