Ab dem 1. Juli liegt Deutschlands Cybersicherheit in ihren Händen: Claudia Plattner wird neue Leiterin des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) werden. Das teilte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Dienstag in Berlin mit.
"Ich freue mich sehr, dass ich mit Claudia Plattner eine herausragende, international vernetzte IT-Sicherheitsexpertin mit großer Managementerfahrung als künftige BSI-Präsidentin gewinnen konnte", sagte die Innenministerin zur Personalie.
Mit Plattner steht erstmals eine Frau an der Spitze des BSI. Dies sei ein starkes Zeichen und ein großer Gewinn, sagte Faeser.
Neue BSI-Spitze nach Abberufung von Vorgänger Arne Schönbohm
Der Sitz an der BSI-Spitze ist seit November unbesetzt. Der langjährige Behördenchef Arne Schönbohm war in Ungnade gefallen und wurde von Faeser abberufen. Hintergrund waren Vorwürfe, wonach Schönbohm Kontakte zu einem Verein mit Verbindungen zu russischen Geheimdienstkreisen gehabt haben soll.
Zuvor hatte Jan Böhmermann in seiner ZDF-Sendung über Schönbohms Beziehungen zu dem Verein berichtet. Schönbohm wehrte sich gegen die Anschuldigungen. Inzwischen ist er Präsident der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung und zudem zuständig für die Modernisierung der Fortbildungslandschaft.
Die künftige Chefin der IT-Sicherheitsbehörde werde "die Erfahrung und Expertise" mitbringen, "die wir in diesen besonders herausfordernden Zeiten für die Cybersicherheit brauchen", so Faeser weiter. "Ich bin daher sicher, dass die Herausforderungen wie der Schutz Kritischer Infrastrukturen und unseres Staates vor Cyberbedrohungen bei ihr in sehr guten Händen sein werden."
BSI-Vizepräsident Gerhard Schabhüser soll bis zu Plattners Amtsantritt weiterhin die Behörde leiten.
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Claudia Plattner interessierte sich schon immer für Technik
Plattner sagte zu ihrer Ernennung: "Cybersicherheit ist eine bedeutende Herausforderung für Regierungen. Es ist mir eine Ehre in dieser neuen Rolle in den Dienst der Bundesrepublik zu treten, so wie es mir auch eine Ehre war, für die EZB zu arbeiten."
Plattner hat an der Technischen Universität Darmstadt und an der Tulane University im US-Bundesstaat Louisiana Mathematik studiert. Seit Juli 2021 ist sie Generaldirektorin für Informationssysteme bei der Europäischen Zentralbank (EZB). Zuvor war die Mathematikerin bei der Bahn-Tochter DB Systel für die IT-Modernisierung der Deutschen Bahn verantwortlich.
Sie habe sich schon immer für Technik interessiert, sagte Plattner "programmier.bar", einer Plattform für Web- und App-Entwicklerinnen und -Entwickler. "Früher waren das Fischer Technik oder Lego." Erste Berührungspunkte mit Computern habe sie in den 1980er-Jahren gehabt, als ihr Vater einen Computer in ihrem Zuhause einrichtete. "Ich muss da pubertierende dreizehn gewesen sein." Plattner brachte er "BASIC" bei, eine Programmiersprache. "BASIC" steht für "Beginner’s All-purpose Symbolic Instruction Code".
Sie habe das Gefühl gehabt, dass man mit Computern und Technik Dinge besser machen könne und sich früh gefragt, wie man Technik nutzen könne, um voranzukommen. "Um etwas bewegen und verändern zu können, muss man eine Abstraktionsebene höher gehen," sagte sie "programmier.bar", wo sie in die "Hall of Fame" aufgenommen wurde. Sie wolle gute Rahmenbedingungen für gute Arbeit schaffen. Gleichzeitig wolle sie immer "im Herzen" am Projekt arbeiten. Mit dieser Haltung gelang es ihr, Karriere zu machen – bald als BSI-Präsidentin.

Viele Aufgaben für Claudia Plattner
In dieser Position wird Plattner viel zu tun bekommen, denn Faeser hat viel vor: Gemeinsam mit Plattner an der Spitze des BSI wolle sie "unsere Cybersicherheitsagenda weiter konsequent umsetzen". Ziel sei es zudem, "die digitalen Bürgerrechte und die IT-Sicherheit weiter zu stärken". Die IT-Sicherheit zu gewährleisten sei "eine staatliche Pflicht". So stehe es auch im Koalitionsvertrag. Das BSI soll nach den Vorstellungen Faesers eine zentrale Stelle werden und die Länder im Bereich Cybersicherheit stärker unterstützen.
Bei der EZB zeigte man sich enttäuscht über den Weggang Plattners. EZB-Chefin Christine Lagarde bedauerte ihr Ausscheiden. "Wir verstehen Claudia Plattners Entscheidung und Wunsch gut", fügte sie mit Blick auf die Bedeutung der Cybersicherheit aber hinzu. Sie könne sich für deren neues Amt "keine bessere Person vorstellen". Lagarde kündigte an, man versuche eine geeignete Nachbesetzung für die EZB zu finden.
Lobende Worte für Ernennung Plattners
Lob für die designierte BSI-Chefin kam auch aus der deutschen Politik: Die Mathematikerin übernehme das Amt in extrem bewegten Zeiten, hieß es von den Grünen. Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine habe offenbart, wie ungenügend die Demokratie im Land noch immer vor bestimmten sicherheitspolitischen Bedrohungen geschützt sei.
"Mit Claudia Plattner konnte eine ausgewiesene Expertin mit fundierten Vorkenntnissen für das wichtige Amt der BSI-Präsidentin gewonnen werden", erklärten die Grünen-Innenpolitikerin Misbah Khan und Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz. "Wir freuen uns auf wichtige Impulse für Rechtsstaatlichkeit und Sicherheit in der digitalen Welt." Die Personalie stehe aber auch "für einen überfälligen, im Koalitionsvertrag verankerten Neuanfang in der Digitalpolitik der Ampel-Regierung, der bislang ausblieb".
Von einer "guten Nachricht für die Cybersicherheit" sprach auch der FDP-Innenpolitiker Manuel Höferlin. Plattners fachliche Eignung für ihre neue Aufgabe "ist über jeden Zweifel erhaben", hob er hervor. Jetzt müsse es darum gehen, "den Maßnahmenstau in der Cybersicherheit aufzuholen" und kritische Technologie und Infrastruktur besser zu schützen.
Lob für die neue BSI-Chefin kam auch von der Opposition. "Frau Plattner ist eine der renommiertesten IT-Managerinnen des Landes", erklärte der CDU/CSU-Digitalexperte Reinhard Brandl (CSU). Allerdings habe Faeser "mit der Posse um die Abberufung von Herrn Schönbohm" das Amt des BSI-Präsidenten schwer beschädigt und Plattner müsse daher nun "diesen Scherbenhaufen von Frau Faeser aufkehren".
Quellen: Nachrichtenagenturen DPA und AFP, Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Bundesinnenministerium, LinkedIn-Profil Claudia Plattner, "programmier.bar"