Die schwarz-gelbe Bundesregierung will nach Informationen aus Koalitionskreisen noch vor der Sommerpause eine Steuerentlastung in zweistelliger Milliardenhöhe beschließen. Die Entlastung der Bürger soll auf einer Kabinettssitzung Anfang Juli offiziell verkündet werden, hieß es in Berlin. Es ist von einem Entlastungsbetrag bis zu zehn Milliarden Euro die Rede. Es hagelt allerdings Kritik an den Plänen. Offiziell gibt es aber noch keine klaren Festlegungen auf Zeitplan oder Volumen der Entlastung.
Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) sieht angesichts der guten Wirtschaftslage Spielraum für Steuersenkungen für untere und mittlere Einkommen. Im ARD-Morgenmagazin sagte Kauder am Mittwoch: "Ich glaube schon, dass wir das machen." Die Details müssten noch besprochen werden. Es gehe vor allen Dingen darum, die kalte Progression - also die steigende Steuerbelastung bei unteren und mittleren Einkommen - abzumildern.
Vertrauliches Gespräch zwischen Rösler und der Kanzlerin
Nach einem Bericht der "Financial Times Deutschland" (FTD) soll die Bundeskanzlerin dem FDP-Parteichef Philipp Rösler vor wenigen Tagen in einem vertraulichen Gespräch versichert haben, die FDP-Forderung nach Entlastungen bei der Einkommensteuer spätestens 2013 umzusetzen. Regierungssprecher Steffen Seibert hatte bereits am Montag gesagt, dass mögliche Steuererleichterungen wahrscheinlich beim geplanten Koalitionstreffen vor der Sommerpause Thema sein würden.
Was ist mit der Haushaltskonsolidierung?
Finanz-Staatssekretär Hartmut Koschyk (CSU) betonte jedoch: "Man ist sich in der Koalition einig, dass die Haushaltskonsolidierung absolute Priorität hat. Spielräume für Steuererleichterungen müssen erst erarbeitet werden. Wenn sie vorhanden sind, werden sie genutzt", sagte er der "Mitteldeutschen Zeitung". "Über Details ist aber noch in keiner Weise gesprochen worden."
Eine Steuerreform wird vom schwer angeschlagenen Koalitionspartner FDP bereits seit Langem gefordert. Allerdings braucht die Regierung dafür die Zustimmung des Bundesrats - und muss deshalb den Kompromiss mit SPD und Grünen suchen. Führende Sozialdemokraten zeigten sich nach Angaben der "FTD" bereits höchst reserviert.
Heftiger Widerstand aus den eigenen Reihen
Aus den Bundesländern hagelte es Kritik: Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) lehnt Steuerentlastungen zum jetzigen Zeitpunkt ab und will den Plänen im Bundesrat nicht zustimmen. "Wer es ernst meint mit der Haushaltssanierung, darf jetzt nicht über Steuersenkungen in Milliardenhöhe reden", sagte Müller dem "Hamburger Abendblatt". Die finanzielle Lage des Bundes und der Länder sei nach wie vor schwierig und lasse keinen Spielraum. "Die Konsolidierung der Staatsfinanzen muss auch weiterhin Vorrang vor Steuerentlastungen haben."
Ähnlich äußerten sich die Ministerpräsidenten von Thüringen und Sachsen-Anhalt, Christine Lieberknecht und Reiner Haseloff (beide CDU), die jeweils eine große Koalition anführen. "Für Steuersenkungen ist das nicht der richtige Zeitpunkt; das geht jetzt nicht", sagte Lieberknecht der "Mitteldeutschen Zeitung". "Man darf Aufschwung nicht mit Überschwang beantworten." Haseloff betonte in Magdeburg: "Für solche Steuergeschenke fehlt mir nicht nur das Verständnis, sondern es fehlt uns allen dazu der Spielraum. Bund, Länder und Kommunen sind hoch verschuldet.
Mit Skepsis reagierte auch der CDU-Arbeitnehmerflügel auf die Steuerpläne. "Steuersenkungen sind nur dann möglich, wenn die Konsolidierung der Haushalte fortgesetzt wird und die Schuldenbremse eingehalten werden kann", erklärte der Chef der CDU-Sozialausschüsse, Karl-Josef Laumann. "Es darf keine Steuersenkung auf Kosten nachfolgender Generationen geben."

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Opposition hat klare Meinung
Bei den Grünen stößt die geplante Senkung auf klare Ablehnung. "Die Ankündigung von Steuersenkungen noch in dieser Legislaturperiode ist töricht", sagte der stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Fritz Kuhn, "Handelsblatt Online". "Merkels Geschenk an die darbende FDP bedeutet den Abschied von jeglicher Seriosität in der Haushaltspolitik." Kuhn begründete seine Ablehnung mit den finanzpolitischen Herausforderungen: "Die Umsetzung der Schuldenbremse, die gewaltigen Risiken im Zuge der Euro-Krise und nicht zuletzt die Finanzierung der Energiewende lassen keinen Spielraum für Steuersenkungen."
SPD-Fraktionsvize Joachim Poß warf der Kanzlerin vor, sich "in den Schlepptau der FDP" begeben zu haben. Wirtschaftsforscher zeigten sich dagegen uneins, ob die Steuersenkung machbar und sinnvoll ist.