Das Kabinett hat entschieden: Wie bereits angekündigt soll Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) künftig als Gesamtkoordinator die Flüchtlingskrise in den Griff bekommen. Er soll dafür sorgen, dass die auf verschiedene Ministerien verteilten Aufgaben gebündelt und besser als bisher koordiniert werden können. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) geht damit in die Offensive und macht die Flüchtlingsfrage zur Chefsache. Heute Abend will sich die Kanzlerin in der ARD-Sendung "Anne Will" (21.45 Uhr) ausführlich dazu äußern.
Die Beschlussvorlage, in der Altmaier als Flüchtlingskoordinator genannt wird, war bereits am Dienstag bekannt geworden. Bisher lag das Thema in der Zuständigkeit von Innenminister Thomas de Maizière (CDU). Ersten Stimmen im politischen Berlin, die von einer "Entmachtung" de Maizières sprechen, wurde aus Regierungskreisen bereits begegnet. De Maizières Ministerium bleibe zuständig für die "operative Koordinierung fachlicher, organisatorischer, rechtlicher und finanzieller Aspekte der Flüchtlingslage".
Ab jetzt Dauerthema im Kabinett
Daneben gebe es aber in der Krise Dinge, die das Innenministerium allein gar nicht entscheiden könne. Das Ressort solle personell gestärkt und entlastet werden. Die Verantwortlichkeiten der übrigen Ministerien sollten verstärkt werden. In den vergangenen Wochen hatten Kritiker de Maizière Überforderung und ein oft zu zögerliches Vorgehen vorgehalten. Zudem fehle ein schlüssiges Gesamtkonzept. Das soll sich nun ändern. De Maizière sagte am Mittwoch: "Mit dem heutigen Kabinettsbeschluss haben wir einen weiteren wichtigen Schritt gemacht, um den großen Herausforderungen im Zusammenhang mit der großen Zahl von Flüchtlingen auch organisatorisch gerecht zu werden."
Bei seiner Mammut-Aufgabe steht Altmaier nicht allein. Ständiger Vertreter als Flüchtlingskoordinator soll der im Kanzleramt für die Bund-Länder-Koordinierung zuständige Staatsminister Helge Braun (CDU) werden. Außerdem wird im Kanzleramt ein eigener Stab "Flüchtlingspolitik" eingerichtet. Bis auf weiteres werde das Kabinett die Flüchtlingsfrage in jeder Sitzung als ständigen Tagesordnungspunkt behandeln.
Grüne fordern Integrationsministerium
CDU-Generalsekretär Peter Tauber begrüßte die Einsetzung Altmaiers schon vor dem offiziellen Beschluss. Mit den klassischen Instrumenten der Innenpolitik sei die Krise allein nicht zu bewältigen, sagte Tauber dem Sender HR-Info. Hier sei die Koordination unterschiedlicher Ressorts erforderlich, zum Beispiel wenn es um die Lockerung von Bauvorschriften zur leichteren Unterbringung von Flüchtlingen gehe.
Die Grünen wollen sogar noch einen Schritt weitergehen. Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt forderte im Berliner "Tagesspiegel" den Aufbau eines eigenständigen Integrationsministeriums. "Weiterhin das Innenministerium mit der Aufgabe der gesellschaftlichen Integration der Flüchtlinge zu betrauen, dürfte sich als Fehler erweisen", warnte die Grünen-Politikerin.