Zur Abwechslung gibt es mal medialen Gegenwind für die Grünen. Bislang war man ja eher liebevolle Umarmungen gewohnt. Erst ging es um Unschärfen im Lebenslauf der Kanzlerkandidatin, dann um die verspätete Meldung von Nebeneinkünften, jetzt um das neue Buch von Annalena Baerbock, in dem sich Passagen finden, die Wort für Wort abgeschrieben sind. Kleinigkeiten, könnte man sagen. Aber wie geht man mit solchen Vorwürfen um?
Es gibt verschiedene Arten:
- Abperlen lassen. Angela Merkel ist Weltmeisterin in dieser Disziplin. Dazu kommen noch ein Schuss trockener Humor und ein maliziöses Lächeln.
- Lügen. Donald Trump behauptete einfach immer das Gegenteil. Und kam meistens damit durch.
- Überhören. Die Queen ist in schwierigen Momenten einfach etwas schwerhöriger als sonst.
- Weitermachen. Karl Lauterbach haut einfach die nächste Behauptung raus, wenn er mal daneben gelegen hat.
Die Grünen haben sich dafür entschieden, komplett die Nerven zu verlieren und die Schuld für eigene Fehler bei anderen zu suchen. Auf Twitter brüllen Reinhard Bütikofer und Jürgen Trittin alle Kritiker nieder und wittern eine Verschwörung. Unterstützt werden sie dabei von Philipp Menn. Menn ist Korrespondent im ARD-Hauptstadtstudio und darf im Fernsehen behaupten, dass hinter der Kritik an der Kanzlerin-Kandidatin eine bösartige Kampagne stecke.
Die Wähler fragen sich besorgt, was passiert, wenn die Grünen in Regierungsverantwortung auf echte Probleme treffen sollten:
- Xi Jinping. Chinas Staatspräsident interpretiert das Thema Klimapolitik auf seine eigene Art. Leise lächelnd baut er unaufhaltsam zahllose Flughäfen und Kraftwerke.
- Viktor Orban. Mit dem ungarischen Präsidenten kann man nur über Gendern und Diversität diskutieren, wenn man Nerven aus Stahl besitzt.
- Wladimir Putin. Wikipedia: "Nowitschok (russisch Новичок 'Neuling') ist eine Gruppe stark wirksamer Nervengifte der vierten Generation, die ab den 1970er-Jahren in der Sowjetunion entwickelt und mindestens bis in die 1990er-Jahre in Russland weiter erforscht wurden."
- Recep Tayyip Erdoğan. Von Integrationsprogrammen, wie die Grünen sie lieben, hält der türkische Präsident gar nichts. Türken, die in Deutschland leben, betrachtet er als seine Türken.
In einer Rede hat Annalena Baerbock einmal davon gesprochen, dass sie gerne Kriegsreporterin geworden wäre. Journalisten wissen, was dieser Job abverlangt. Man befindet sich in ständiger Gefahr, muss in unübersichtlichen Situationen funktionieren. Man kann niemand vertrauen, ist auf sich alleine gestellt. Man muss seinen Instinkten vertrauen können, um gefährliche Situationen zu überstehen.
Was muss eine Kanzlerin Baerbock können?
Das alles sind Eigenschaften, die auch eine Partei braucht, die regieren will, die eine Kandidatin braucht, die sich für das viertwichtigste Amt im Staat bewirbt – nach dem Bundespräsidenten, dem Bundestrainer und dem Bundesvirus-Experten. Durch den ersten Stresstest sind die Grünen und ihre Kandidatin mit Pauken und Trompeten durchgefallen.