Grüne Letzter Marschbefehl von Joschka F.

Kurz bevor Joschka Fischer in den USA als Professor anfängt, hat er den Grünen einen letzten Marschbefehl erteilt: Sie sollten sich für eine Ampel- oder Jamaika-Koalition öffnen. Doch die Partei will nicht auf ihn hören.

Die Grünen sollten sich nach Ansicht ihrer früheren Führungsfigur Joschka Fischer strategisch auf Ampel-Koalitionen unter Einschluss von Union und FDP vorbereiten. In einem Fünfparteiensystem blieben neben der großen Koalition "nur zwei Konstellationen: die schwarze oder die rote Ampel", sagte der ehemalige Außenminister dem "Spiegel".

Andere Mehrheitsoptionen würden von den Rändern her blockiert, so Fischer unter Verweis auf Links-Fraktionschef Oskar Lafontaine und FDP-Chef Guido Westerwelle. "Nicht nur die Grünen, auch andere Parteien werden eine strategische Debatte und Entscheidungen brauchen. Es geht um die Verbindung von Inhalt, Macht und Person", sagte Fischer. "Das gilt für die rote genauso wie für die schwarze Ampel." Damit sind Dreier-Regierungsbündnisse der SPD oder der CDU jeweils mit FDP und Grünen gemeint.

"Lafontaine verhindert eine koalitionsfähige Linke"

Die Bildung einer schwarzen Ampel war kurz nach der Bundestagswahl im September vorigen Jahres kurzzeitig als so genannte Jamaika-Koalition im Gespräch. Die Grünen hatten sie nach einem Sondierungsgespräch mit den Unions-Spitzen aber abgelehnt. Eine Koalition von SPD, Grünen und Linkspartei schloss Fischer vorerst aus: "Lafontaine verhindert eine koalitionsfähige Linke, was ich sehr bedaure." Vor allem in der SPD gilt ein Bündnis mit den Linken auf Bundesebene wegen des Zerwürfnisses mit dem früheren SPD-Parteichef Lafontaine als unwahrscheinlich.

Fischer hatte vor kurzem seinen Rückzug aus der aktiven Politik erklärt. Erst vor einigen Tagen unterschrieb er nach eigenen Worten beim Bundestagspräsidenten seinen Verzicht auf sein Bundestagsmandat. Das frühere Zugpferd der Grünen will von Herbst an für neun Monate mit seiner Familie in die USA ziehen, um an der Elite-Universität Princeton als Gastprofessor zu unterrichten.

Gegen den letzten Marschbefehls des Ex-Ober-Grünen sperrt sich aber Partei-Vorsitzender Reinhard Bütikofer. Dem "Tagesspiegel am Sonntag" sagte er, Fischer habe "nicht unbedingt den besten Zeitpunkt" gewählt, um künftige Farbspiele zu diskutieren. Zudem sei seine Analyse weder neu noch überraschend. "Solche Diskussionen verdecken die notwendige Auseinandersetzung mit dem Mist, den die Regierung baut."

Bütikofer glaubt zudem, dass Fischers Wortmeldung keinen Beitrag zur Strategiedebatte der Grünen sei, nachdem er erklärtermaßen aus der Politik ausgeschieden sei. Es handele sich eher "um den wissenschaftlichen Ratschlag eines angehenden akademischen Lehrers".

"'Jamaika' besser als das schwarz-rote Gemurkse"

Reserviert blieb auch die FDP. Ihr Generalsekretär Dirk Niebel sagte ebenfalls dem "Tagesspiegel am Sonntag": Eine "Jamaika-Koalition" wäre "besser gewesen als das schwarz-rote Gemurkse". Allerdings sei es richtig gewesen, dass die FDP 2005 "für eine Verlängerung des rot-grünen Elends" nicht zur Verfügung gestanden habe.

Der Bundesgeschäftsführer der Linkspartei/PDS, Dietmar Bartsch, kritisierte die Bemerkung Fischers, eine koalitionsfähige Linke werde von Oskar Lafontaine verhindert. Hier lege Fischer eine "goldene Schleimspur" aus, so Bartsch. "Ich werde alles dafür tun, dass dieser Spaltpilz nicht in die Linke getragen wird", fügte der PDS-Parteimanager hinzu.