Der Bundestag hat am Freitag die Grundgesetzänderung für das Bundeswehr-Sondervermögen mit der notwendigen Zweidrittel-Mehrheit gebilligt. Für die Grundgesetzänderung stimmten in namentlicher Abstimmung 567 Abgeordnete. Es gab 96 Gegenstimmen und 20 Enthaltungen.Mit zusätzlich 100 Milliarden Euro sollen Ausrüstungsdefizite der Bundeswehr behoben werden. Der Bundestag hat später am Freitag die Einrichtung des Sondervermögens Bundeswehr beschlossen. Für das Vorhaben votierten in namentlicher Abstimmung 593 Abgeordnete, 80 stimmten mit Nein und sieben enthielten sich.
Endgültig beschlossen ist dies allerdings erst nach Zustimmung des Bundesrats – die Entscheidung ist für den kommenden Freitag angesetzt.
Der geplante Wortlaut des neuen Artikels 87a:
"Zur Stärkung der Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit kann der Bund ein Sondervermögen für die Bundeswehr mit eigener Kreditermächtigung in Höhe von einmalig bis zu 100 Milliarden Euro errichten. Auf die Kreditermächtigung sind Artikel 109 Absatz 3 und Artikel 115 Absatz 2 nicht anzuwenden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz."
Spitzenpolitikerinnen und -politiker von Koalition und Unionsfraktion hatten zuvor für das 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen zur Stärkung der Bundeswehr geworben. "Dies ist der Moment, wo Deutschland sagt: Wir sind da, wenn Europa uns braucht", sagte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne). "Das Geld ist gut investiert in Frieden und Sicherheit unseres Landes", sagte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD).
"Am 24. Februar sind wir in einer anderen Welt aufgewacht", erinnerte Baerbock in der Debatte über die für das Sondervermögen erforderliche Grundgesetzänderung an den russischen Überfall auf die Ukraine, auf den die Regierung mit dem Sondervermögen reagieren will. Russland brutaler Angriffskrieg schaffe "eine neue Realität in Europa". Dies bedeute, das kostbare Gut des Friedens und der Freiheit müssten "wir auch militärisch verteidigen".
Lambrecht: Bundeswehr in den vergangenen Jahrzehnten heruntergewirtschaft
Mit Blick auf die Ausstattung der Bundeswehr werde nun nachgeholt, was jahrelang nicht angegangen wurde, verwies Baerbock auf nicht funktionierende Panzer und fehlende Schutzausrüstung. Zugleich werde es eine Reform des Beschaffungswesens geben. Die Ministerin bedauerte, dass wegen des Widerstands der Union nicht auch die Cybersicherheit von dem Sondervermögen umfasst werde.
Angesichts des russischen Angriffskrieges müsse sich Deutschland der Tatsache stellen, "dass Sicherheit ihren Preis hat und wir bereit sein müssen, unsere Werte auch militärisch zu verteidigen", sagte auch Lambrecht.

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Die Bundeswehr sei in den vergangenen Jahrzehnten heruntergewirtschaft worden. "Wir legen dafür den Grundstein, dass mit dieser Mangelverwaltung Schluss ist", betonte die Verteidigungsministerin. Dies schulde Deutschland den Soldatinnen und Soldaten und "wir schulden das auch unseren Verbündeten".
"Der Angriff Russlands auf die Ukraine markiert eine Zäsur, die historischen Charakter hat", sagte Finanzminister Christian Lindner (FDP). Deutschland habe lange von einer vermeintlichen Friedensdividende profitiert. Jetzt müsse man neu lernen, "dass wir in jeder Generation Verteidigungsfähigkeit neu stärken" müssen.
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Linke kritisiert Sondervermögen für Bundeswehr
Auf Kritik an den neuen Schulden für das Sondervermögen entgegnete Lindner: "Die Alternativen wären in dieser wirtschaftlich kritischen Phase schlechter gewesen."
Für die Grundgesetzänderung wurde wegen der erforderlichen Zweidrittelmehrheit auch die Unterstützung der Union benötigt. "Heute ist ein guter Tag für die Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit Deutschlands", sagte deren Fraktionsvize Mathias Middelberg (CDU).
"Es ist ein notwendiger und wichtiger Schritt, dass wir die Verteidigungsfähigkeit unseres Landes wieder herstellen", sagte Middelberg weiter. Er hob hervor, es sei der Union zu verdanken, dass die 100 Milliarden Euro nun auch tatsächlich ausschließlich für die Bundeswehr eingesetzt würden.
Ein striktes Nein zu dem Sondervermögen kam von Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch. "Was könnte man alles mit den 100 Milliarden Euro machen", gab er zu bedenken, etwa für ein besseres Bildungssystem. "Aus staatspolitischer Verantwortung stimmen wir geschlossen mit Nein", stellte Bartsch klar. Die mit dem Sondervermögen verbundene Aufrüstung sei "der Wahnsinn".