Hamburger Flughafen startet Körperscanner Wenn ein Minister zum Hampelmann wird

  • von David Weyand
Premiere in Hamburg: Der dortige Flughafen startete den ersten Körperscanner in Deutschland. Die Erkenntnisse: Innenminister Thomas de Maizière wurde zum Hampelmännchen - und der Scanner ist noch nicht geschlechtsneutral.

"Hände hoch!", sagt ein Bundespolizist zu seinem obersten Chef, Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). Der entledigt sich seines Jacketts und geht forschen Schrittes in die Plexiglas-Metall-Kabine. Dort stellt er seine Füße in die gelbe Markierung am Boden und leistet endlich der Anweisung des Polizisten Folge: Er zieht die Arme hoch, die Fingerspitzen berühren sich über seinem Kopf.

Verhaftet worden ist de Maizière aber nicht. Er war die erste Testperson für die beiden bundesweit ersten Körperscanner, die seit heute am Hamburger Flughafen auf ihre Alltagstauglichkeit geprüft werden. Vorausgegangen ist dem Probelauf ein monatelanger Streit um die Privatsphäre von Flugpassagieren, nachdem im Oktober 2008 ein Vorstoß der EU-Kommission bekannt geworden war. De Maizière sagte, er werde sich dafür einsetzen, dass es nach Abschluss verschiedener Probephasen in Europa zu einheitlichen Standards komme. Bereits jetzt werden Fluggäste in Amsterdam und London mit Körperscannern durchleuchtet. Das an eine Raucherkabine erinnernde Gerät vom Typ L-3 ProVision ATD soll die Sicherheit im Flugverkehr weiter verbessern. Auch soll das Einchecken dadurch schneller und effizienter werden. Drei wichtige Grundvoraussetzungen mussten nach Aussage des Innenministers vor Testbeginn erfüllt sein: "gesundheitliche Unbedenklichkeit, Wahrung der Persönlichkeitsrechte und ein Mehrwert für die Luftsicherheit".

Lässt de Maizière die Hüllen fallen?

Die Durchleuchtung des Ministers mit sogenannten aktiven Millimeterwellen dauert nur wenige Sekunden. Blitzschnell kreist ein metallener Arm um ihn herum, der Wärmestrahlen auf den Körper sendet. Das Gerät erfasst die Rückstrahlung und berechnet daraus ein Bild. Neugierig schauen die anwesenden Journalisten auf das Computerbild, die Fotografen fokussieren ihre Linsen. Was wird wohl auf dem Bild alles erkennbar sein? Lässt der Minister öffentlich die Hüllen fallen? Das Ergebnis ist unspektakulär. Das einzige was man sieht, sind zwei weiße Körperpiktogramme auf blauem Grund, die an ein Hampelmännchen erinnern. Das soll er sein, der Minister, einmal von vorne und einmal von hinten. Ob ein Mann oder eine Frau abgebildet ist, lässt sich nicht erkennen.

Was man jedoch sieht, sind zwei gelbe Punkte. Einer am linken Handgelenk, der andere in Höhe der rechten Hosentasche. Ein Sicherheitsbeamter winkt de Maizière zu sich und kontrolliert diese beiden Stellen mit den Händen nach, wie auch sonst, wenn bei den herkömmlichen Torsonden ein Piepton aufschrillt. Des Ministers Armbanduhr und sein Mobiltelefon haben die gelben Flecken verursacht, der Test hat offensichtlich funktioniert. Neu an dem Verfahren ist, dass die Geräte sämtliche Gegenstände am Körper erkennen, auch nichtmetallische wie etwa Sprengstoff. "Die Verwendung von Körperscannern wird einen echten Gewinn für die Sicherheit im zivilen Luftverkehr bringen", sagte de Maizière. Er selbst empfand die Durchleuchtung "völlig unproblematisch". Weder ließe sich aus dem Bild auf seine Körpergröße oder sein Geschlecht schließen, noch habe er ein Gefühl der Enge empfunden. Das Bild werde aus Datenschutzgründen kurz nach der Sicherheitsüberprüfung gelöscht und nicht gespeichert.

Der Bundesbeauftragte für Datenschutz, Peter Schaar, kritisierte allerdings, dass beim Einsatz der Scanner mehr Menschen als bisher einer Nachkontrolle unterzogen werden müssten - "und dies häufig in sehr sensiblen Bereichen". Besonders betroffen seien Menschen mit künstlichen Darmausgängen, Prothesen oder Kranke, die Windeln benötigen. Diese seien nicht konkret erkennbar und würden als potenziell gefährlicher Gegenstand in der entsprechenden Körpergegend angezeigt und farblich markiert. In diesem Falle werden die betroffenen Passagiere aber in einem abgeschirmten Bereich gesondert geprüft. Schaar fordert zudem, "dass die Geräte so aufgestellt werden, dass nur das jeweilige Kontrollpersonal und nicht etwa andere Passagiere den Bildschirm zu sehen bekommen". Dies ist zurzeit allerdings in Hamburg noch möglich.

Probephase ist freiwillig

Die Kosten für ein Gerät einschließlich der Aufwendungen für die Testauswertung gab Achim Friedl, Referatsleiter Technik und Logistik im Bundesinnenministerium, mit 150.000 Euro an. Beim Einsatz größerer Stückzahlen dürfte der Preis nach seiner Angabe unter 130.000 Euro liegen. Ob und wann weitere Körperscanner in Deutschland auch dauerhaft installiert werden, ließ de Maizière offen. Alles hänge von den wissenschaftlich begleiteten Testergebnissen ab, bei denen nicht nur die Wirksamkeit, sondern auch der persönliche Eindruck der Passagiere untersucht werde. In der sechsmonatigen Probephase ist die Teilnahme freiwillig. Michael Eggenschwiler, Präsident der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen und Vorsitzender der Geschäftsführung des Flughafens Hamburg, hofft auf eine rege Teilnahme: "Dann wird sich zeigen, ob die Körperscanner schnelle und für unsere Passagiere bequeme Kontrollen garantieren können".

Nach dem Bundesinnenminister ließ sich auch eine Frau als Testperson durchleuchten. Bei ihr erkannte man auf dem ersten Bild im Brustbereich die gelbe Markierung. Vermutlich waren das die Metalle in ihrem Büstenhalter. Ganz geschlechtsneutral ist das Gerät demnach offensichtlich nicht. Ob es damit gar gegen EU-Richtlinien vestößt?