CDU-Politiker Matthias Hauer "Das stinkt doch zum Himmel!": Union beantragt Finanzausschuss-Sondersitzung zu Scholz' Rolle im Cum-Ex-Skandal

Unions-Obmann Matthias Hauer: "Es ist unsere Erwartungshaltung, dass Scholz reinen Tisch macht."
Unions-Obmann Matthias Hauer: "Es ist unsere Erwartungshaltung, dass Scholz reinen Tisch macht."
© Wolfgang Kumm / Picture Alliance
Matthias Hauer, 44, sitzt seit 2013 für die CDU im Bundestag. Er ist Obmann der Unionsfraktion im Finanzausschuss und sagt über die Rolle des Kanzlers im Cum-Ex-Skandal: "Es bleibt die persönliche Entscheidung von Olaf Scholz, ob er reinen Tisch macht – oder ob er weiter Verstecken spielt."

Herr Hauer, vergangene Woche hat Bundeskanzler Olaf Scholz in der Hamburger Bürgerschaft zum Cum-Ex-Steuerskandal ausgesagt. Jetzt hat die Unionsfraktion eine Sondersitzung des Finanzausschusses beantragt, um Scholz dazu auch im Bundestag zu befragen. Was erhoffen Sie sich davon?
Nach der Befragung von Olaf Scholz in Hamburg sind immer noch zu viele Fragen offen. Die Anzahl der Fragezeichen ist sogar noch größer geworden. Das verdanken wir auch der Arbeit der Staatsanwaltschaft Köln und vieler investigativer Journalisten, die Dinge ans Tageslicht gebracht haben, die wir bislang noch nicht wussten.

Scholz sagt, er könne sich nicht an den Inhalt der Gespräche mit den Vertretern der Warburg Bank erinnern. Dabei soll es, so zeigen Recherchen, um die Rückforderung von 47 Millionen Euro zu Unrecht erstatteter Kapitalertragssteuer aus Cum-Ex-Geschäften gegangen sein.
Ich nehme ihm nicht ab, dass er sich an eine Angelegenheit von dieser Dimension nicht erinnern kann. Es geht um gleich mehrere Treffen mit Bankern, von denen er wusste, dass gegen sie ein Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung läuft. Die ihn davon überzeugen wollten, dass es um die Existenz einer wichtigen Hamburger Privatbank mit hunderten Arbeitsplätzen ging. Eine Angelegenheit, in der sogar das Bundesfinanzministerium die Notbremse ziehen musste, weil Hamburg das geraubte Steuergeld von der Bank nicht zurückfordern wollte. Es ist abwegig, dass sich Scholz an nichts davon erinnern kann. Der Bundeskanzler verhält sich in dieser Sache völlig unglaubwürdig.

"Da war nichts", sagt Scholz. Es habe keine politische Einflussnahme gegeben, dass der Warburg Bank ihre Steuerrückzahlung hätte erlassen werden sollen.
Das behauptet er. Ich glaube, er hat sich eingemischt. Direkt nach dem persönlichen Treffen der Banker mit Scholz wollte Hamburg das Geld plötzlich doch verjähren lassen. Welche andere Erklärung sollte es für diese 180-Grad-Wende außer politischer Einflussnahme geben? Aber allein die Tatsache, dass die kriminellen Banker diesen direkten Zugang hatten, und dass Scholz ihnen geraten hat, ihre Argumente erneut an den damaligen Finanzsenator Peter Tschentscher zu schicken – das stinkt doch zum Himmel! Scholz musste schon damals wissen, dass diese Geschäfte kriminell sind. Da gibt man den Steuerkriminellen keine Tipps.

Scholz wird seine Version der Geschichte kaum ändern. Was gibt Ihnen Hoffnung, dass er bei einer Sondersitzung des Finanzausschusses mehr sagen könnte als in Hamburg?
Es ist unsere Erwartungshaltung, dass Scholz reinen Tisch macht. Noch besser als vor dem Finanzausschuss wäre es, wenn er das vor der Öffentlichkeit tut. Aber es bleibt die persönliche Entscheidung von Olaf Scholz, ob er das macht. Oder ob er weiter Verstecken spielt, auch wenn ihm das keiner mehr abnimmt.

Der stern und das "Manager Magazin" haben vergangene Woche aufgedeckt, dass sich Scholz in einer Sitzung des Finanzausschusses im Sommer 2020 durchaus in groben Zügen an den Inhalt eines Gesprächs mit Warburg-Chef Christian Olearius erinnern konnte.
Um das entsprechende Protokoll seiner Aussage damals soll es auch bei unserer Sondersitzung gehen. Das Dokument ist bislang leider als "VS-vertraulich" eingestuft, daraus darf also nicht zitiert werden. Wir wollen das ändern. Die Öffentlichkeit soll sich ein Bild davon machen können, was Scholz damals gesagt hat. Das haben wir schon einmal versucht. Mit dem Ergebnis, dass das Finanzministerium unter dem damaligen Minister Scholz wenige Tage vor der Bundestagswahl im Herbst 2021 eine Version vorgelegt hat, die so geschwärzt war, als wäre sie in ein Tintenfass gefallen. Das war das Gegenteil von Transparenz. Zusammenhänge waren völlig unverständlich. Aus unserer Sicht spricht nichts dagegen, ein in den relevanten Passagen weitgehend ungeschwärztes Protokoll zu veröffentlichen.

Sie kennen das Protokoll.
Ja, aber ich darf eben nicht daraus berichten. Ich muss mich daher auf die Berichterstattung von stern und "Manager Magazin" beziehen. Dort wird berichtet, dass Olaf Scholz sich damals offenbar sehr konkret an etwas erinnern konnte, an das er sich jetzt nicht mehr erinnern will. Für die Frage der Glaubwürdigkeit des Kanzlers ist das hochrelevant.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Wie zuversichtlich sind Sie, dass sich die Grünen und die FDP als Koalitionspartner der SPD an der Aufklärung im Finanzausschuss beteiligen?
Vor der Bundestagswahl haben beide Parteien aus der Opposition heraus sehr deutlich von Scholz Aufklärung verlangt. Wie zum Beispiel Lisa Paus von den Grünen, die Scholz vorgeworfen hat, er habe den Bundestag belogen.

Und die jetzt Bundesfamilienministerin in Scholz' Kabinett ist.
Oder nehmen Sie Florian Toncar von der FDP, der damals gesagt hat, durch das Protokoll könne sich die Öffentlichkeit ein Bild davon machen, ob Scholz gelogen hat oder nicht, was etwa die Zahl seiner Treffen mit Warburg-Banker Olearius angeht. Jetzt ist auch Toncar Teil der Bundesregierung.

Als Parlamentarischer Staatssekretär im Finanzministerium.
FDP und Grüne müssen sich natürlich die Frage stellen, wie glaubhaft sie noch sind, wenn sie bei der Aufklärung jetzt auf die Bremse treten würden. Wir als CDU und CSU haben auch aus der Regierung heraus an der Aufklärung der Scholz-Skandale wie Cum-Ex und Wirecard mitgearbeitet. Meine Erwartung ist, dass nun auch FDP und Grüne mit uns gemeinsam die Rolle von Olaf Scholz im Hamburger Cum-Ex-Steuerskandal aufklären.

Wie schnell könnte der Finanzausschuss jetzt zu einer Sondersitzung zusammenkommen?
Das kann sehr kurzfristig passieren. Wir haben die Sondersitzung für den 5. September beantragt – das ist der erste Tag der nächsten Sitzungswoche. In der Woche würde wegen der Haushaltsberatungen keine reguläre Finanzausschusssitzung stattfinden. Die Entscheidung zur Genehmigung der Sondersitzung liegt nun bei der Bundestagspräsidentin. Aber im Sinne der parlamentarischen Kontrolle der Regierung und bei so einer Dimension der Vorwürfe dürfen wir erwarten, dass eine Sondersitzung stattfindet.

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