Muslimische Lehrerinnen dürfen in Baden-Württemberg und Bayern demnächst im Unterricht kein Kopftuch mehr tragen. Rund sechs Wochen nach dem Verfassungsgerichts-Urteil zum Kopftuch-Streit haben die beiden Bundesländer am Dienstag die Weichen für ein Verbot dieser Kopfbedeckung für muslimische Lehrerinnen gestellt.
Sieben Bundesländer planen gesetzliches Kopftuchverbot
Die baden-württembergische CDU/FDP-Landesregierung beschloss in Stuttgart als erstes Bundesland einen entsprechenden Gesetzentwurf. Das bayerische CSU-Kabinett verabschiedete in München Eckpunkte, aus denen noch in diesem Jahr ein Gesetzentwurf entwickelt werden soll. Bereits Anfang kommenden Jahres sollen die Landtage beider Länder abschließend über ihre "Kopftuch-Gesetze" entscheiden.
Die Migrationsbeauftragte der Bundesregierung, Marieluise Beck (Grüne), kritisierte ein "Kopftuch-Gesetz" in Berlin indes als ein integrationspolitisch problematisches Signal. Auch der Zentralrat der Muslime sprach sich gegen ein Gesetz aus. Nach der jüngsten Erhebung der Kultusministerkonferenz planen sieben Bundesländer ein gesetzliches Kopftuchverbot.
Kultusministerin Schavan rechnet mit weiteren Prozessen
Baden-Württembergs Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU) sagte, Ziel des Gesetzes sei, staatlichen Lehrkräften das Tragen von Symbolen zu untersagen, die auch als politische Bekundungen gewertet werden könnten. Ähnlich argumentierte Bayerns Regierungschef Edmund Stoiber (CSU). Er sagte in München, es sei Aufgabe des Staates, fundamentalistisches Gedankengut an den Schulen abzuwehren und dazu gehörende Symbole und Handlungsweisen zu unterbinden.
Baden-Württembergs Kultusministerin Annette Schavan (CDU) sagte: "Das Kopftuch wird auch als Symbol kultureller Abgrenzung und als Teil der Unterdrückungsgeschichte der Frau gesehen." Die Vize- Vorsitzende des Zentralrats der deutschen Katholiken fügte hinzu: "Dies wird dem Islam nicht von den Deutschen angedichtet, sondern ist auch eine innerislamische Deutung." Auf juristische Anfechtungen sei sie vorbereitet: "Ich gehe davon aus, dass alle Länder, die Kopftücher per Gesetz verbieten, erneut vor Gericht landen werden."

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Christliche und jüdische Symbole bleiben erlaubt
Christliche Symbole und Bekleidungsstücke sollen sowohl in Bayern als auch in Baden-Württemberg von der gesetzlichen Regelung nicht betroffen sein. Im baden-württembergischen Entwurf wird die "Darstellung christlicher und abendländischer Bildungs- und Kulturwerte oder Traditionen" ausdrücklich zugelassen.
Die Migrationsbeauftragte Beck betonte: "Die Regelung, die muslimische religiöse Symbole aus der Schule fern halten will, christliche oder jüdische aber zulässt, ignoriert den vom Verfassungsgericht vorgegeben Gleichbehandlungsgrundsatz." Der Zentralrat der Muslime in Deutschland kritisierte, mit dem Gesetzentwurf liefere die Politik die Argumente für weit reichende Diskriminierungen von Muslimen.
Das Bundesverfassungsgericht hatte im September grünes Licht für entsprechende länderrechtliche Regelungen gegeben. Auslöser war ein jahrelanger Rechtsstreit zwischen dem Land Baden-Württemberg und einer muslimischen Lehrerin, die ihr Kopftuch aus religiösen Gründen auch im Unterricht tragen wollte.