Die neuen Regierenden im Berliner Roten Rathaus hatten ihre Amtszimmer noch kaum bezogen, da begannen die Bundesparteien am Montag schon, sich für den nächsten Wahlkampf warmzulaufen. Parolen wie »Volksfont« einerseits und »Kalter Krieg« andererseits geben bereits die Richtung vor. Die SPD mit dem frisch gebackenen Bürgermeister Klaus Wowereit will stärkste Fraktion werden, die abgewählte CDU mit Frank Steffel desgleichen, die PDS mit Frontmann Gregor Gysi setzt sowieso auf Sieg.
____________________________________________________
- Milliardengrab Hauptstadt
- Wowereit übernimmt das Steuer
stern.de: Chat-Protokoll mit Gregor Gysi
stern-Magazin: Gregor Gysi - »Nur dann trete ich an«
stern-Magazin: Klaus Wowereit - Ein Mann ohne Manschetten
Wer wird Regierender Bürgermeister von Berlin? Diskutieren Sie im stern.de-Forum

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick
Abonnieren Sie unseren kostenlosen Hauptstadt-Newsletter – und lesen Sie die wichtigsten Infos der Woche, von unseren Berliner Politik-Expertinnen und -Experten für Sie ausgewählt!
____________________________________________________
Die FDP zieht mit Ex-Bundesminister Günter Rexrodt in die Schlacht, die Grünen suchen noch nach einer Spitzenfrau. Dabei steht noch nicht einmal ein Wahltermin fest. Der aber muss einvernehmlich gefunden werden, denn für die vorzeitige Auflösung des Abgeordnetenhauses bedarf es einer Zweidrittelmehrheit und damit auch der Stimmen der CDU. Die aber hat sich bisher nicht entschieden, trotz nachdrücklicher Mahnung der Bundesparteispitze zu einem schleunigen Urnengang.
23. September als Wahltermin angestrebt
Die Koalitionäre SPD und Grüne sowie die sie tolerierende PDS streben den 23. September an, wenn auch in Hamburg gewählt wird. Da die Neuwahl nach dem Landeswahlgesetz spätestens acht Wochen nach einem entsprechenden Beschluss des Landesparlaments stattfinden muss, wäre für die Abstimmung eine Sondersitzung des Abgeordnetenhauses nötig. Die Kosten dafür hat der Präsident des Berliner Abgeordnetenhauses, Reinhard Führer, bereits auf gute 100.000 Mark geschätzt und sich deshalb angesichts der Finanzlage der Stadt gegen den Termin 23. September ausgesprochen. Gleichzeitig hatte er aber eingeräumt, dass er dem Willen der Fraktionen werde folgen müssen.
Der FDP, die sich einen Wiedereinzug ins Landesparlament erhofft und mit PDS und Grünen an einem Volksbegehren für Neuwahlen strickt, kann es nicht schnell genug gehen. Sie schlug vor, schon am 9. September, unmittelbar nach den Sommerferien zu wählen. Er könne nicht nachvollziehen, warum die CDU auf Zeit spiele, meinte Rexrodt.
Vorboten der Wahlkampfschlacht
Wegen Fernbleibens der Christdemokraten war vorige Woche ein Versuch der anderen Fraktionen geplatzt, einen Termin auszuhandeln. Nun lud Fraktionschef Steffel seine Kollegen von SPD, PDS und Bündnisgrünen zu Verhandlungen ein und schlug dafür den Mittwoch vor. Am liebsten wäre es ihm, die Berliner könnten schon nächsten Sonntag den rot-grünen Minderheitssenat
abwählen, erklärte der 35-Jährige, den seine Parteifreunde als Spitzenkandidaten dem bundespolitischen Schwergewicht Wolfgang Schäuble vorgezogen hatten. Um Wahlanfechtungen zu vermeiden, müsse aber »sachlich-rational« über den Termin diskutiert werden.
Weniger sachlich klangen die Vorboten der kommenden Wahlkampfschlacht. CDU-Vize Christian Wulff warnte vor einer »Volksfront von SPD und PDS« in Berlin und hielt ihnen ob ihrer Zusammenarbeit eine »politische Geschmacklosigkeit erster Güte« vor. Die PDS sei »eine Gefahr für die Demokratie in Deutschland«, und dass die Sozialdemokraten sie hoffähig gemacht hätten, sei für ihn die größte Gefahr.
PDS-Zugpferd Gysi sah bereits eine Schlammschlacht heraufziehen. »Es wird furchtbar. Es wird die letzte Schlacht eines zu Ende gehenden Kalten Krieges werden«, prophezeite er und warnte die CDU vor einem Lagerwahlkampf. Auch PDS-Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch rief die anderen Parteien auf, vom »Stil des Kalten Krieges« abzulassen. Die PDS setze auf Sieg im Wahlkampf, betonte er - »und das geht jetzt los«.