Nebenjobs Rot-Grün ist der Union zu scharf

Die Geschäftsführer der Bundestagsfraktion haben sich nicht auf neue Regelungen für Politiker-Nebeneinkünfte einigen können. Die Union hatte für die rot-grünen-Vorschläge nur ein Wort: unausgegoren

Es wäre eine Chance gewesen, aus der Krise zu lernen, das Vertrauen der Wähler in die Transparenz der deutschen Demokratie zu stärken. Doch das Gespräch der Spitzenvertreter aller Bundestagsfraktionen über eine Neuregelung der Nebeneinkünfte von Abgeordneten ist am Dienstag ohne Ergebnis zu Ende gegangen. Bei dem Treffen wollten die Parteien im Bundestag über Konsequenzen aus den jüngsten bekannt gewordenen Fällen beraten. Zweifelhafte Nebeneinkünfte von Politikern waren aus nahezu allen Parteien bekannt geworden.

Es gebe keine gemeinsame Festlegung, sondern lediglich einige "Prüfaufträge", teilte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Wilhelm Schmidt nach der ersten Gesprächsrunde mit. Sein CDU-Kollege, Volker Kauder, nannte die Vorschläge von Rot-Grün unausgegoren. Auch CSU und FDP bekräftigten ihre Ablehnung.

Schmidt kündigte an, dass man in der nächsten Woche eine weitere Gesprächsrunde verabreden werde. Bis dahin seien Details zu klären. Geprüft werden solle, ob jede zusätzliche Nebentätigkeit künftig gemeldet und veröffentlicht werden solle. Hier habe sich angesichts der Tatsache, dass die Rechte von Abgeordneten wie Steuergeheimnis und Berufsfreiheit betroffen seien, "ein Konflikt in der Runde aufgetan", sagte Schmidt.

Die Beratungen der Fraktionen waren von Bundestagspräsident Wolfgang Thierse angeregt worden. Thierse selbst hatte sich für eine Verschärfung der Verhaltensregeln für Abgeordnete ausgesprochen. Bislang müssen Nebeneinkünfte von Parlamentariern erst ab einer bestimmten Höhe dem Bundestagspräsidenten offen gelegt werden. Veröffentlicht werden nur die Nebentätigkeiten, nicht aber die Einkünfte daraus.

SPD und Grüne wollten Regeln verschärfen

Die Vorschläge über eine Verschärfung der Reglungen kamen im Vorfeld in erster Linie von der rot-grünen Koalition. Der SPD-Partei- und Fraktionsvorsitzende Franz Müntefering hatte Geldstrafen für unerlaubte Nebentätigkeiten von Parlamentariern gefordert. Auf die Frage nach geeigneten Sanktionen für heimlichen Lobbyismus sagte Müntefering am Montagabend im Nachrichtensender N24: "Da geht nur Geld." Er könne den Unmut über die Nebeneinkünfte von Politikern verstehen. Abgeordneter sein heiße aber nicht, dass Parlamentarier nicht auch einen Beruf haben können.

Der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, hatte ebenfalls die Einführung einer Geldstrafe vorgeschlagen. "Das wäre eine Möglichkeit, hier zu vernünftigen Sanktionen zu kommen", sagte Beck. Es müsse sichergestellt werden, dass die bislang geltenden Prinzipien der Verhaltensregeln für Abgeordnete auch funktionierten: "Und da brauchen wir Kontroll- und Sanktionsinstrumentarien."

Nach den Plänen der rot-grünen Fraktion sollten künftig alle Nebentätigkeiten der Meldepflicht unterworfen und die Sanktionen verschärft werden. Wer Einnahmen aus Nebeneinkünften nicht meldet, muss mit Abzügen seiner Diäten rechnen, hatte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Wilhelm Schmidt, vor dem Treffen gefordert. Außerdem wollte Rot-Grün geprüft wissen, ob künftig auch die Höhe von Abgeordneten-Einkünften veröffentlicht werden soll. Bisher erfährt die Öffentlichkeit nur die Art der Tätigkeit, nicht die Höhe der Einkünfte.

CDU sieht "keine Möglichkeit zuzustimmen"

Auch die Union hatte vor dem Treffen Offenheit für eine solche Verschärfung signalisiert. Der parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Fraktion, Volker Kauder (CDU), sagte im Vorfeld, dass der CDU-Teil der Unions- Fraktion für Änderungen grundsätzlich offen sei. Ähnlich hatten sich CDU-Chefin Angela Merkel und der CDU-Politiker Eckart von Klaeden geäußert. Der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, Peter Ramsauer, hielt im Gegensatz dazu die bestehenden Vorschriften für ausreichend.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick

Abonnieren Sie unseren kostenlosen Hauptstadt-Newsletter – und lesen Sie die wichtigsten Infos der Woche, von unseren Berliner Politik-Expertinnen und -Experten für Sie ausgewählt!

Nach dem Spitzengespräch lehnte Volker Kauder die Vorschläge von Rot-Grün jedoch als unausgegoren ab. Er sehe "überhaupt keine Möglichkeit zuzustimmen". "Wir sind grundsätzlich der Auffassung, dass sich die bisherigen Regeln bewährt haben", sagte Kauder. Bei umsetzbaren Vorschlägen könne sich die CDU allerdings vorstellen mitzumachen. Dazu sei es bei der ersten Gesprächsrunde aber nicht gekommen. Peter Ramsauer mahnte, man müsse "die Kirche im Dorf lassen". Er erinnerte daran, dass die Regeln für Abgeordnete mit Nebenjobs erst vor zweieinhalb Jahren verschärft worden seien.

FDP will an alten Regeln festhalten

Auch die FDP bekräftigten ihre Ablehnung. Sie hielten an ihrer Aussage fest, dass die bisherigen Regelungen ausreichten. "Das, was auf dem Tisch liegt, ist sehr viel schlechter als das, was wir haben", beurteilte der Fraktionsgeschäftsführer der FDP, Jörg van Essen, die Vorschläge von Rot-Grün. Alle Fälle der Vergangenheit hätten aufgeklärt werden können.

Alle, die sich falsch und unanständig verhalten hätten, hätten ihr Amt aufgeben müssen: "Das war die Höchststrafe." Der Bundestag habe gute Regeln. Er forderte die Landtage auf, die Regeln des Bundestages für seine Mandatsträger zu übernehmen.

AP · DPA · Reuters
AP/DPA/Reuters