Die Bundesregierung bereitet sich wegen des Kriegs in der Ukraine und anhaltender russischer Drohungen auf eine erhebliche Verschlechterung der Gasversorgung in Deutschland vor. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) setzte am Mittwoch die Frühwarnstufe als erste von drei Krisenstufen des sogenannten Notfallplans Gas in Kraft und appellierte an alle Verbraucher, Gas zu sparen. Die Versorgungssicherheit sei aber weiterhin gewährleistet.
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"So eine Frühwarnstufe ist noch kein Grund zur Panik", meint die "Süddeutsche Zeitung". Letztlich handele es sich um einen "bürokratischen Akt, um das Schlimmste vorzubereiten." Dennoch sei Vorsicht geboten, kommentiert die "taz": Viele Bürgerinnen und Bürger im Westen des Kontinents seien nun "Teil von Putins teuflischem Poker" geworden. "Wer Putin in die Knie zwingen will, braucht auch eine große Leidensbereitschaft", urteilt der "Reutlinger General-Anzeiger". Die Pressestimmen.
"Europas Kippmoment ist jetzt gekommen": das Medienecho zum Notfallplan Gas
"Süddeutsche Zeitung": "So eine Frühwarnstufe ist noch kein Grund zur Panik. Letztlich handelt es sich um einen bürokratischen Akt, um das Schlimmste vorzubereiten. Noch steht nicht fest, ob der Kreml die Verträge wirklich brechen will. Bleiben aber die russischen Lieferungen aus, werden reihenweise Unternehmen ihre Produktion drosseln oder ganz einstellen müssen. Dann werden Stadtwerke bangen, ob der Druck in den Leitungen hält, dann werden alle zusammen hoffen müssen, dass sich die Gasspeicher bis zum nächsten Winter auffüllen lassen; und dass der Winter nicht zu kalt wird."
"Taz": "Wenn jemand je am 'Zeitenwende'-Ausspruch von Olaf Scholz nach dem Überfall auf die Ukraine gezweifelt haben sollte – Europas Kippmoment ist jetzt gekommen. Auch im Westen des Kontinents sind nun viele BürgerInnen Teil von Putins teuflischem Poker geworden. Am Mittwoch kündigte der Kreml an, nicht von heute auf morgen auf die Zahlung der Energierechnungen in Rubel bestehen zu wollen, die der Westen ablehnt, sondern erst nach und nach. Das heißt, das Zittern um ein mögliches Ende der Lieferungen des klimaschädlichen Erdgases kann sich noch lange hinziehen."
"Hannoversche Allgemeine Zeitung": "Unser Wohlstand ist von zuverlässiger und im Weltmaßstab sehr hoher Energieversorgung abhängig. Das war immer klar, aber so gut wie nie ein echtes Problem. Und wenn es doch einmal eines zu werden drohte, ließ es sich meist mit Geld lösen – weil Kohle, Gas oder Öl irgendwie immer noch zu bekommen waren. Jetzt aber kommt dieses Denken an gleich zwei Punkten ans Ende: Zum einen reichen Geld und gute Worte möglicherweise nur noch ganz knapp hin, um unseren Energiehunger mit fossilen Rohstoffen zu stillen. Minister Habeck muss jetzt schon in Katar seinen Diener machen, damit unser Land zumindest kurzfristig auf die sichere Seite kommt. Zum anderen ist klar: Die Verbrennung selbst kann gar nicht mehr lange Rückgrat der Versorgung mit Energie sein. Sie schadet dem Planeten."
Angriffe, Flüchtende, Gas-Lieferungen: Grafiken zum Konflikt in der Ukraine

"Reutlinger General-Anzeiger": "Dennoch ist es eine Illusion zu glauben, dass wir trotz des Konflikts mit Russland unser Leben so weiter führen können wie bisher. Wer Putin in die Knie zwingen will, braucht auch eine große Leidensbereitschaft. Wie groß diese sein muss, wird allmählich sichtbar. (...) Wer tanken oder einkaufen geht, spürt das bereits. Viele Baustoffe haben sich enorm verteuert. Es ist eben nicht damit getan, die Heizung zwei Wochen runterzudrehen oder weniger Auto zu fahren. Wer Putin wirtschaftlich in die Knie zwingen will, braucht einen langen Atem."

"Nürnberger Nachrichten": "Zudem gilt es, klare Schritte für Einsparungen festzulegen. Das heißt nicht, dass Bürger mit Gasheizungen frieren müssen. (...) Mittel- und langfristig muss Deutschland die Infrastruktur schaffen, um generell unabhängiger von fossilem Gas zu werden – etwa durch die Produktion von synthetischem Gas. Putins kriegerischer Rückfall in längst vergangen geglaubte Zeiten zwingt uns, den Fortschritt voranzutreiben."