Die Lieferung von Leopard-Kampfpanzern an die Ukraine rückt offenbar näher. Kanzler Olaf Scholz ist nach übereinstimmenden Medienberichten nun dazu bereit – aber nur unter Bedingungen. Laut "Süddeutscher Zeitung" und "Bild" stellte Scholz in einem Telefonat mit US-Präsident Joe Biden klar, Deutschland könne nur liefern, wenn die USA ihrerseits der Ukraine eigene Abrams-Kampfpanzer zur Verfügung stellen. Die zögerliche Haltung des Kanzlers trifft zwar einerseits auf die Zustimmung der Bevölkerung, andererseits aber auf Irritationen bei den Verbündeten, stellen die Kommentatoren in deutschen Zeitungen vom Donnerstag fest.
Olaf Scholz' Pannerzpolitik in der Presseschau
"Neue Osnabrücker Zeitung": "Die Stärkung der Rüstungsindustrie und die Beseitigung von Mängeln in der Kommandostruktur der Armee zeigen: Putin ist längst noch nicht am Ende und stellt sich auf einen langen Konflikt ein. Die Geschichte zeigt, dass Friedensverhandlungen nur dann möglich sind, wenn beide Kriegsparteien militärisch ein Patt erreichen und keine mehr einen Vorteil darin sieht, den Konflikt fortzusetzen. Deshalb gilt: Wer den Krieg schnell beenden will, muss die Ukraine weiter dazu befähigen, sich gegen den russischen Angriff zu erwehren. Dazu sind Kampfpanzer unverzichtbar, darin sind sich viele Militärstrategen einig. Das immer weitere Zögern von Scholz isoliert Deutschland inzwischen massiv."
"Volksstimme" (Magdeburg): "Die Situation ähnelt der kurz vor dem Angriff auf die Ukraine. Olaf Scholz wurde durch die Manege getrieben und sein verblüffendes Kunststück war es, das Wort 'Nord-Stream-II' nicht auszusprechen, bis es lächerlich wurde. Das Bündnis rang damals um maximale Abschreckung. Scholz steckte den Kopf in den Sand. Nicht einmal die unbenutzte Pipeline wollte er zur Disposition stellen. Sein aktuelles Unwort heißt 'Leopard-II'. Auch in diesem Fall macht der Kanzler mit dem Kopf im Sand keine gute Figur. Und es droht ein unwürdiges Ende wie im Februar 2022, als Joe Biden dem bockigen Kanzler die richtige Antwort vor laufenden Kameras soufflierte. Gut möglich, dass es am Freitag in Ramstein ähnlich läuft. In der gesamten freien Welt gibt es keinen Staatenlenker mehr, der die Haltung der Deutschen nachvollziehen kann. Putin kündigt den Ukrainern das Armageddon an. Aber Scholz kann 'Leopard-II' nicht aussprechen. Blamabel!"
"Rhein-Zeitung" (Koblenz): "Die Zeichen in der Ukraine stehen auf Sturm, eine russische Frühjahrsoffensive steht im Raum. Russische Truppen bombardieren zunehmend Infrastruktur und Wohnhäuser. Spekuliert wird, dass Putin bald Hunderttausende zusätzliche Reservisten für eine Frühjahrsoffensive mobilisiert. Die vorsichtige Haltung des Kanzlers trifft auf hohe Zustimmung in der Bevölkerung. Die Angst vor einer Beteiligung am Krieg ist groß. Und doch: Angesichts der verstärkten russischen Angriffe sollte Scholz einlenken. Das könnte zunächst bedeuten, dass sich die Bundesregierung einer Lieferung der Panzer aus Polen und Finnland nicht in den Weg stellt. Entscheidend ist, was US-Verteidigungsminister Lloyd Austin im Gepäck haben wird. Denn ohne die USA wird der Kanzler keine Zugeständnisse machen. Mit ihnen vielleicht aber doch."
Der Leopard 2 gilt als der beste Kampfpanzer seiner Zeit

"Badische Zeitung" (Freiburg): "Wladimir Putin, der Verbrecher im Kreml, nannte am Mittwoch den Sieg Russlands 'am Ende unausweichlich'. Sergej Lawrow, sein Knecht, warf in absurder Verkehrung der Tatsachen fast zeitgleich dem Westen vor, dieser führe stellvertretend durch die Ukraine Krieg gegen Russland und beabsichtige 'die Endlösung der Russlandfrage'. (…) Das Regime in Moskau isoliert sich selbst mit Bedacht. Wie soll der Westen darauf anders reagieren als mit Solidarität mit der Ukraine und – vor allem – mit immer mehr Militärhilfe? Eine europäische Gemeinschaftsaktion zur Lieferung von Kampfpanzern ist inzwischen überfällig. Deutschland kommt hier eine Schlüsselrolle zu. Auch wenn sich Olaf Scholz in Davos wieder als Schweiger gefiel; lange darf er in dieser Rolle nicht mehr verharren."

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"OM-Medien" (Vechta/Cloppenburg): "Scholz' Haltung entpuppt sich zunehmend als Ausrede. Am Ende dürfte Deutschland um eine Lieferung von Kampfpanzern nicht herumkommen, denn die Ukraine wird für einen Sieg mehr Waffen benötigen. Und seit der ersten Lieferung ist man ohnehin in diesen Krieg involviert, wenn auch nicht direkt. So oder so, eine Entscheidung muss schleunigst her, denn eine Lieferung wird nicht von heute auf morgen erfolgen können."