Es ist die passende Bühne für das Geschenk der Kanzlerin. Kurz vor den harten Stunden im Finale der schwarz-roten Koalitionsgespräche präsentiert Angela Merkel auf dem CSU-Parteitag ihr Ja zum Lieblingsprojekt der Schwesterpartei: der Pkw-Maut, deretwegen es zwischen CDU und CSU erheblich geknirscht hatte. "Ich danke Dir, liebe Kanzlerin", schwärmt CSU-Chef Horst Seehofer, der auch noch extra daran erinnert, dass die CDU-Vorsitzende auf den Tag genau vor acht Jahren erstmals zur Kanzlerin gewählt wurde. "Liebe Angela, Du hast jetzt etwa die Hälfte Deiner Amtszeit hinter Dir". Damit eine Fortsetzung folgt, setzt die Union auf Kompromisse und klare Kante.
Dabei übernimmt Merkel die Rolle der Moderatorin. "Das kann nicht der Sinn von Koalitionsverhandlungen sein, dass jeder mit einem Blatt von roten Linien in die Verhandlungen geht." Geschaut werden müsse, wo das Gemeinsame liege. An die Adresse der SPD macht die Kanzlerin erneut klar, dass es für deren zentrale Forderung eines Mindestlohns Bewegung geben werde. Und unter Applaus der Delegierten kündigt sie an, dass man "auf Wunsch der CSU" an einer Pkw-Maut arbeiten werde, die auch Autofahrer aus dem Ausland zahlen sollen - allerdings müsse gesichert sein, dass europarechtlich alles korrekt ist und "kein deutscher Autofahrer stärker belastet wird".
"Horst, du hast Wort gehalten"
Den Part klare Kante übernehmen Seehofer und sein Generalsekretär Alexander Dobrindt - gerichtet an die SPD: Die Union habe die Wahl gewonnen. Deshalb müsse vor allem die Union ihre Forderungen zum Tragen bringen. "Wir können keinen Koalitionsvertrag machen, wo die SPD die Handschrift bestimmt", sagt Seehofer. Andererseits gibt er sich diplomatisch: "Die SPD weiß, dass die Union die Wahl gewonnen hat und dass deshalb unsere wesentlichen Wahlanliegen berücksichtigt werden müssen. Und wir wissen umgekehrt, dass wir alleine nicht regieren können und da und dort Kompromisse machen müssen."
Ihre Geschlossenheit aus dem erfolgreichen Doppelwahlkampf in Bayern und im Bund wollen CDU und CSU auch in die Endphase der Koalitionsverhandlungen tragen. Dafür reaktivieren Merkel und Seehofer sogar noch einmal Seehofers Versprechen, im Wahlkampf wolle die CSU "ein schnurrendes Kätzchen" und kein brüllender Löwe sein. "Lieber Horst, Du hast weitestgehend Wort gehalten", bescheinigt ihm Merkel trocken. Der setzt noch einen drauf und versichert für die Schlussverhandlungen in Berlin, in diesem Status wolle er bleiben: "Die nächsten drei Tage kann ich Dir das zusagen. Oder vier Tage."
Seehofer sammelt nochmal seine Truppen
Im Laufe der Koalitionsgespräche war Seehofer lange stärker als Stimme und Inspirator des Unionslagers aufgetreten - während Merkel öffentlich viel schwieg. Dabei steht er nach der Rückeroberung der Alleinregierung in Bayern im Zenit seiner Macht. Auf dem Parteitag sammelt er nun noch einmal seine Truppen. Auch wenn er das vielleicht gar nicht nötig hätte: Seit den beiden Wahlsiegen im September führt Seehofer die CSU nicht nur als Vorsitzender - er bestimmt, wo's langgeht. Inhaltlich werde im Koalitionsvertrag etwa auch die Mütterrente stehen, kündigt er an - auch wenn er natürlich betont: "Solange nicht alles vereinbart ist, ist nichts vereinbart."
Auch personell hat Seehofer klare Vorstellungen, was die künftige Aufstellung in Berlin angeht - und tut diese zu einem Gutteil auch ohne Scheu kund. Fest steht, dass er Dobrindt zum Minister machen will. Und festgelegt hat er sich auch dahingehend, dass er für die CSU wieder das Agrar-Ressort beanspruchen will. An diesem Samstag will er sich von den Delegierten als Parteichef bestätigen lassen. Ein Top-Ergebnis scheint sicher.
Merkel rutscht bei ihrem Grußwort noch ein Versprecher heraus. "Lieber Horst Dob...", setzt sie zu Beginn an. Und bemerkt dann schnell: "Lieber Horst Dobrindt, sag ich schon." Da sehe man einmal, was der Chef und sein General für ein gutes Paar seien. Als Merkel am Ende vom Podium eilt, ruft Seehofer noch: "So schnell wird man verlassen. Hauptsache, die Maut bleibt da!"