Regierungserklärung zum EU-Gipfel Die Kanzlerin klopft sich selbst auf die Schulter

Bundeskanzlerin Merkel hat in einer Regierungserklärung die Ergebnisse des EU-Gipfels verteidigt. Wichtige Weichen seien gestellt worden, die Bedeutung sei gar nicht groß genug einzuschätzen. Die SPD übte heftige Kritik und sprach von einem "rechtlich unkalkulierbaren Weg".

"Wir reden nicht mehr nur über die Fiskalunion, sondern wir haben angefangen, sie zu schaffen". Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die historische Dimension der EU-Beschlüsse zur Bewältigung der Euro-Krise in einer Regierungserklärung im Bundestag gewürdigt. Dass dieses von der Bundesregierung gesteckte Ziel erreicht worden sei, sei in seiner Bedeutung "gar nicht groß genug einzuschätzen". Mit den Beschlüssen des Gipfels sei es gelungen, die Konstruktionsfehler bei der Schaffung der Währungsunion zu beheben.

Die Euro-Länder hatten in Brüssel ein Bündel von Maßnahmen zur Stärkung der Haushaltsdisziplin in den Mitgliedstaaten vereinbart. Die Bundeskanzlerin bedauerte, dass sich Großbritannien gegen die notwendigen Vertragsänderungen ausgesprochen hat. Es stehe aber außer Zweifel, dass Großbritannien auch in Zukunft ein wichtiger Partner in der Europäischen Union (EU) sein werde.

Beschlossen worden war auf dem EU-Gipfel unter anderem auch, dem Internationalen Währungsfonds (IWF) bis zu 200 Milliarden Euro für die Krisenbekämpfung in Form von bilateralen Krediten zur Verfügung zu stellen. Über den deutschen Anteil daran soll im kommenden Jahr voraussichtlich der Bundestag abstimmen.

Wachstum generieren, das sich nicht auf Pump gründet

Merkel zeigte sich in ihrer Rede überzeugt, dass die EU und die Eurozone gestärkt aus der Krise hervorgehen könnte. "Wir wollen die Wende zum Guten schaffen, dass ist genau die Chance, die aus dieser Krise erwächst." Sie mahnte zugleich, dass eine Lösung der Probleme "nicht über Nacht" zu erreichen wäre. Die Bewältigung der Krise werde Monate oder Jahre dauern und von Rückschlägen begleitet sein. "Wir erleben eine der schwersten Krisen Europas, aber gemeinsam haben wir schon unendlich viel erreicht."

Ausdrücklich wies sie Überlegungen über neue staatliche Konjunkturprogramme zurück: "Zur politischen Union gehört auch, gemeinsam Wachstum zu generieren, das sich nicht auf Pump gründet." Die gemeinsame Haftungsobergrenze bei den Euro-Rettungsschirmen EFSF und ESM werde weiter bei 500 Milliarden Euro bleiben, betonte sie.

Steinmeier: "Ein rechtlich völlig unkalkulierbarer Weg"

Heftige Kritik kam von der Opposition: Aus Sicht von SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sind die Beschlüsse des EU-Gipfels für strengere Euro-Stabilitätsregeln nicht tragfähig. Mit dem geplanten neuen Vertrag zwischen 25 oder 26 Mitgliedsstaaten begebe man sich auf einen politisch und rechtlich völlig unkalkulierbaren Weg, sagte Steinmeier am Mittwoch im Bundestag. "Der Fiskalpakt ist doch ein Scheinriese." Im Zweifel könne sich ein Land darauf berufen, dass das EU-Recht des Lissaboner Vertrags Vorrang habe.

Steinmeier kritisierte, dass die Beteiligung privater Gläubiger still und heimlich beerdigt worden sei. Es könne aber nicht sein, dass jetzt die Steuerzahler auf den Kosten sitzen blieben. Daher müsse endlich eine Besteuerung der Finanzmärkte kommen. Der SPD- Fraktionsvorsitzende beklagte die Abspaltung Großbritanniens und warnte vor einem weiteren Entfremdungsprozess.

DPA · Reuters
fro/Reuters/DPA