Rücktrittsdrohung Schröder tut's schon wieder

Bundeskanzler Schröder besteht bei der weiteren Abstimmung über die Reformgesetze auf einer rot-grünen Mehrheit. Sonst wolle er zurücktreten und Wirtschaftsminister Wolfgang Clement als Nachfolger vorschlagen.

Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) will nach Informationen der "Passauer Neuen Presse" auch bei der weiteren Abstimmung über die Reformgesetze auf einer rot-grünen Mehrheit bestehen und sein politisches Schicksal damit verbinden. Sonst wolle er zurücktreten und Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) als Nachfolger vorschlagen, schreibt das Blatt (Samstag). Ein Regierungssprecher sagte dazu: "Die Koalition hat bewiesen, dass sie die "Agenda 2010" mit großer Mehrheit beschlossen hat. Darum gibt es keinen Anlass zu weiteren Spekulationen."

Clement als Nachfolger vorgeschlagen

Die Zeitung berichtet, entgegen dem Rat prominenter Parteifreunde verlange SPD-Chef Schröder auch bei der für Dezember zu erwartenden erneuten Bundestagsabstimmung über die Arbeitsmarktreformen eine eigene Mehrheit. SPD-Fraktionschef Franz Müntefering hat allerdings stets betont, dass eine Regierung die eigene Mehrheit braucht und dass dies auch für die Verabschiedung des Kompromisses mit der Union gelte, der im Vermittlungsausschuss des Bundestags zu den Arbeitsmarktreformen gefunden werden könnte.

Die am 17. Oktober vom Parlament beschlossenen Reformen werden voraussichtlich Anfang November von der Unions-Mehrheit im Bundesrat abgelehnt und in den Vermittlungsausschuss kommen. Dabei dürfte es Zugeständnisse an die Union geben. In Führungskreisen der Koalition wird der "Passer Neuen Presse" zufolge die Auffassung vertreten, eine eigene Mehrheit für das Vermittlungsergebnis sei nicht erforderlich. Man könne nicht verlangen, dass jeder SPD-Abgeordnete Gesetzen zustimme, die deutlich im Sinne der Union geändert wurden.

In kleinem Kreis habe Schröder Ende vergangener Woche deutlich gemacht, dass er dennoch auf einer eigenen Mehrheit bestehen werde. Er wolle sich nicht dem Vorwurf aussetzen, nur mit Hilfe der Opposition zu regieren und seine "Agenda 2010" durchsetzen zu können. Neuwahlen schließe er aus, auch weil er die SPD nicht zu einer 28- Prozent-Partei machen wollen.

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