Schlag 12 - der Mittagskommentar aus Berlin Verzicht ist Mist!

Am Aschermittwoch beginnt die Fastenzeit: sechs Wochen ohne Alkohol und andere Sünden. Was soll das? Ein Plädoyer gegen die unreflektierte Freudlosigkeit!

"Ich habe in meinem Leben das meiste Geld für Alkohol, Frauen und schnelle Autos ausgegeben, den Rest habe ich einfach verprasst," war das Lebensmotto des unvergessenen George Best. Und auch wenn heute Aschermittwoch ist, wird man wohl sagen dürfen: Respekt! Das kann nicht jeder von sich behaupten. Da hat einer auf Erden den direkten Weg zum Tor gesucht, weitestgehend unter Verzicht auf ökotrophologische (siehe auch Stern-Titel von morgen: Was darf ich essen?) und sonstige Spielarten der correctness, die unseren Alltag heute von allen Seiten durchziehen; gerne vorgebracht aus grünem Munde mit dem entsprechenden Quantum an Moralinsäure.

George Best

Mit 17 feierte der Nordire sein Debüt bei "ManU". 1968 wurde er zum englischen und europäischen "Fußballer der Jahres" gewählt. 2005 starb er im Alter von 59 Jahren.

Die Lehre des genialen George Best aber war: Das Leben kann so leicht sein, nimm es dir! Auch wenn es im Fall von Georgie Boy zugegebenermaßen nicht ganz so leicht geendet ist, was wiederum ziemlich eng mit seinem Lebenswandel in den Jahrzehnten zuvor zusammenhing. #link;http:http://www.spiegel.de/sport/fussball/zum-tod-von-george-best-der-fuenfte-beatle-a-386740.html;Best starb an Multifunktionsversagen# nach einer Lebertransplantation - der Alkohol. An einem regnerischen Dezembertag im Jahr 2005 wurde er in Belfast zu Grabe getragen, da war er keine 60 Jahre. 100.000 kamen zu seinem Begräbnis. Es wurde viel geweint. Auch das: Hat nicht jeder.

Nur die Mittelmäßigen sind immer in Hochform

Man möchte es bis hierher vielleicht nicht meinen, aber: Dies ist ein Auftragskommentar zum Thema "Verzicht". Das böte sich heute an, sagt der Kollege, links den Gang runter, wegen Aschermittwoch und der beginnenden Fastenzeit und auch weil politisch heute zwar traditionell (sic!) das große Wort geschwungen werde, man dieses aber gerade heute nicht ernst nehmen müsse. (Was bitte auch als Nutzerhinweis für die am Nachmittag auf dieser Seite auftauchenden Stücke über den politischen Aschermittwoch zu verstehen ist.)

Nur die Mittelmäßigen sind immer in Hochform. Es wird schon deshalb nach diesem Anfang nicht ganz leicht sein, glaubhaft die These "Verzicht ist ganz super, Leute!" zu vertreten. Deshalb hier erst einmal (alle Griechen mal kurz weghören!) die Anti-These: Verzicht ist Mist!

Auszeit vom selbstbestimmten Denken

Ganz im Ernst: Ist er ja auch! Immer dann jedenfalls, wenn er als unreflektierter, quasi ritueller Auftragsverzicht daherkommt. Die Botschaft kennen wir doch: Wer entsprechend lebensunfroh durch den Alltag geht, darf sich in diesen Zeiten als anerkannt besseres Mitglied der Gesellschaft fühlen, spart dem Staat später mal gesundheitliche Folgekosten und fristet ein vernunftgesteuertes Dasein als klitzekleines Licht in der durchökonomisierten Gesellschaft. Wer das so haben will, bitte: Der O-Saft steht im Kühlschrank, zweites Fach von unten. Und dann: Ab in die sechswöchige Auszeit vom selbstbestimmten Denken.

Müsste alles nicht sein. Dass weniger mehr sein kann, ist ja keine ganz doofe Erkenntnis. Das gilt für alle Lebensbereiche und Situationen. Es könnte sogar als Motto taugen. Also: Asche auf unser Haupt, einmal gründlich nachgedacht, und dann selbstbestimmt entschieden. Die Antwort kann dann nur lauten: Finger weg vom Alkohol und anderen Lebensfreuden nur dann, wenn man für sich selbst einen Sinn darin sieht. Und nicht weil sich das vermeintlich in dieser Jahreszeit so gehört.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Axel Vornbäumen verzichtet an dieser Stelle auf die Beschreibung seiner selbst. Man kann dem Autor auf Twitter unter @avornbaeumen folgen.