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Vor dem Parteitag So versuchen Spitzengenossen die GroKo-Zweifler zu überzeugen

Juso-Vorsitzender Kevin Kühnert (l.) und SPD-Chef Martin Schulz
Juso-Vorsitzender Kevin Kühnert (l.) ist strikt gegen eine GroKo, SPD-Chef Martin Schulz erhält für seine Zustimmung Rückhalt in einem Aufruf von prominenten Genossen
© Michael Kappeler/DPA, Screenshot/facebook.com/ausVerantwortung
Vor dem SPD-Sonderparteitag am Sonntag geht die PR-Schlacht zwischen GroKo-Befürwortern und Gegnern weiter. Prominente Sozialdemokraten werben jetzt in einem Aufruf für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der Union.

Sicher, streitlustig waren die Sozialdemokraten schon immer. Was sich aber in den vergangenen zwei Wochen öffentlich abspielt, kann dem Beobachter daran zweifeln lassen, dass alle in der SPD an einem Strang ziehen.

Der Sonderparteitag in Bonn droht zur Zerreißprobe für die Partei zu werden – für oder gegen Koalitionsverhandlungen mit der Union? Das ist die Gretchenfrage, an der sich auch die Zukunft der SPD entscheiden könnte. Von einem Schicksalstag ist die Rede.

GroKo-Gegner und -Befürworter ziehen im Vorfeld in die PR-Schlacht, um für ihre jeweiligen Postitionen zu werben. Charme-Offensiven der Parteiführung, die #NoGroKo-Kampagne der Jusos, das "Nein" des Landesparteitages Sachsen-Anhalt zu Koalitionsverhandlungen oder der Appell von SPD-Chef Martin Schulz, doch bitte für eben jene Verhandlungen zu stimmen – beide Seiten lassen in ihrer Nervosität nichts unversucht, um Mitstreiter hinter sich zu vereinigen.

"SPD hat einiges erreichen können"

Jüngstes Beispiel ist ein Aufruf von rund 40 Sozialdemokraten mit dem Titel "Aus Verantwortung für Deutschland und Europa – und die SPD"für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit CDU und CSU.

Zu den Unterzeichnern des zweiseitigen Papiers gehören unter anderem der frühere brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck, Ex-Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, Minister, Staatssekretäre, Bundestags- und Landesparlamentsabgeordnete, aus allen Regionen, aus allen Parteiflügeln. Sie rufen "die Delegierten des bevorstehenden Bundesparteitags auf, die Chance auf solche Verhandlungen zu eröffnen". Nach Abwägung aller Argumente sei man zu dieser Position gelangt.

"Die SPD hat gerade in ihrem zentralen Kompetenzfeld der sozialen Gerechtigkeit Einiges erreichen können", wird zum Beispiel mit Blick auf die geplante Stabilisierung des Rentenniveaus, die bessere Förderung von Langzeitarbeitslosen und die Entlastung der Bürger bei den Ausgaben für die Krankenversicherung in dem Aufruf betont.

"Die SPD braucht ein Projekt 2030"

Zudem gehe es um die Zukunft Europas, es gebe die Chance, einen echten Richtungswechsel einzuleiten "weg von der einseitigen Sparpolitik hin zu mehr Wachstum, gemeinsamer sozialer Sicherung und einem Europa der Solidarität." Man müsse den Verhandlungen eine faire Chance geben, diese könnten weitere Verbesserungen bringen.

Parallel gelte es den Erneuerungsprozess voranzutreiben. "Die SPD braucht ein Projekt 2030." Daran zu arbeiten stehe nicht in Widerspruch zu einer Regierungsbeteiligung, betonen die Verfasser des Appells. "Im Gegenteil: Neues Vertrauen erwächst aus Selbstbewusstsein und konkretem Handeln in Verantwortung für die Menschen in Deutschland und Europa." Klar müsse aber auch sein, dass mit einem Bundestagswahlergebnis von 20,5 Prozent die Möglichkeiten begrenzt seien.

Deutschland regieren – und die Partei erneuern. Vor allem für die Jusos dürfte das nach der Quadratur des Kreises klingen. Die GroKo-Befürworter zeigen mit ihrem Aufruf einmal mehr, dass sie daran glauben, dass dieses Vorhaben gelingen kann: "Neues Vertrauen erwächst aus Selbstbewusstsein und konkretem Handeln in Verantwortung für die Menschen in Deutschland und Europa."

Sollte der Appell der GroKo-Befürworter auf fruchtbaren Boden fallen und der SPD-Sonderparteitag den Koalitionsverhandlungen mit der Union zustimmen, können beide Seiten schon einmal neue Aufrufe und Kampagnen vorbereiten. An einem erfolgreichen Ende der Verhandlungen nämlich geht es darum, mindestens die Hälfte der knapp 450.000 Parteimitglieder von einer Neauflage der Großen Koalition zu überzeugen. Dann wird sich zeigen, wie zerrissen die SPD wirklich ist, das Getöse dürfte noch lauter werden.

Am Ende steht für die Unterzeichner des Aufrufs ein Ziel: Dass die SPD bei der nächsten Bundestagswahl mindestens 30 Prozent der Stimmen bekommt und möglichst stärkste Fraktion im Parlament wird. Diesen Plan werden auch die GroKo-Gegner unterschreiben wollen. Dafür müssten dann aber alle in der Partei wieder an einem Strang ziehen.

mit DPA

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