Die Spionagevorwürfe gegen einen engen Freund von SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier können ein Fall für das Geheimdienstkontrollgremium des Bundestages werden. Nach Informationen von stern.de soll sich das Parlamentarische Kontrollgremium (PKG) kommende Woche auf Wunsch des CSU-Abgeordneten Stefan Müller mit dem Vorwurf befassen, dass der Berliner Lobbyist und Verleger Detlef Prinz bis 1990 im Auftrag des tschechischen Geheimdienstes aktiv gewesen sei. Müller fordert dies in einem Brief an den PKG-Vorsitzenden Peter Altmaier, der auch Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion ist.
"Das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages muss sich mit den Vorwürfen befassen", sagte Müller zu stern.de. "Der Verdacht, dass der damalige Kanzleramtschef Frank Walter Steinmeier die tschechischen Spionage-Akten seines Freundes Detlef Prinz möglicherweise verschwinden ließ, anstatt sie der Bundesanwaltschaft zu übergeben, muss restlos ausgeräumt werden."
Deckname "Erwin"
Belege für einen solchen Verdacht gibt es bisher freilich nicht. Nach einem Bericht des Magazins "Focus" soll Prinz allerdings angeblich verdächtig sein, von 1986 bis 1990 unter dem Decknamen "Erwin" Interna aus der SPD an den damaligen tschechischen Geheimdienst geliefert zu haben. Prinz räumte ein, einen der beiden tschechischen Vertreter zu kennen, die laut "Focus" für den Prager Dienst arbeiteten. Der Verleger und Unternehmensberater bestritt aber jede Agententätigkeit. Er habe "weder je für einen Geheimdienst gearbeitet", noch sich "in irgendeiner Form hierzu verpflichtet", sagte er der "Bild am Sonntag". Von der Sache habe er "erstmals" durch die Anfrage des "Focus" gehört und sei "aus allen Wolken gefallen". Das vom tschechischen Geheimdienst angeblich über ihn angelegte Dossier sei ihm "nicht bekannt". Es müsse, so Prinz, "ohne mein Wissen und ohne meine Mitwirkung erstellt" worden sein.
Laut "Focus" hatte Tschechien nach seinem Nato-Beitritt 1999 den deutschen Behörden Informationen zu dem Fall geliefert. Es sei jedoch nie zu einem Ermittlungsverfahren gegen Prinz gekommen. Seit 1999 war der SPD-Politiker Steinmeier als Kanzleramtschef auch für die Aufsicht über die Geheimdienste zuständig. Steinmeier ließ jedoch jetzt erklären, er habe von den Vorwürfen nie etwas erfahren.
Die Steinmeier-Prinz-Connection
Er und Prinz sind in vielfältiger Form eng verbunden. Wie stern.de im März publik gemacht hatte, ließ sich der Sozialdemokrat auf seinen Reisen als Außenminister mindestens elf Mal von dem umtriebigen Geschäftsmann begleiten. Prinz, der auch ein Beratungsunternehmen für Firmenkunden betreibt, flog nicht nur gelegentlich in der Außenministermaschine mit. Er lud auch anschließend mehrfach die anderen Unternehmer aus den Wirtschaftsdelegationen des Außenministers zu Nachbereitungstreffen ein. Auch Steinmeier persönlich beehrte gelegentlich diese Runden.
"Die Unternehmensvertreter selbst hatten Interesse, die entstandenen Kontakte weiter zu pflegen", sagte Steinmeier seinerzeit zu stern.de. "Auch ich wollte den Gesprächsfaden nicht abreißen lassen."
Präsentation des "Deutschland-Plans"
Eine enge Freundin von Prinz, die Geschäftsfrau Gudrun H., war seit Sommer 2008 zugleich Hauptmieterin einer Doppelhaushälfte in Saaringen bei Brandenburg an der Havel. Die Wohnung wurde auch von Prinz genutzt. Als Untermieter fungieren seit August 2008 Steinmeier sowie ein weiterer Freund des Politikers, der Chef der halbstaatlichen Deutschen Energie-Agentur (Dena), Stephan Kohler.
Der ehemalige IG-Metall-Sekretär Prinz wurde in den Monaten vor der Bundestagswahl häufig in der Nähe des damaligen Kanzlerkandidaten gesehen. Die von Prinz geführte Karl-Schiller-Stiftung war auch der zahlende Gastgeber, als Steinmeier Anfang August 2009 seinen Deutschlandplan für vier Millionen neue Arbeitsplätze vorstellte.
Auch Kontakt zu Kanzler Schröder
Prinz ist ein früheres Mitglied des SPD-Parteirates und kennt Steinmeier seit vielen Jahren. Er verlegte zeitweise eine Reihe Berliner Bezirksblättchen. Seit Oktober 2005 gibt der Medienunternehmer auch eine Gruppe englischsprachiger Monatszeitungen heraus. In ihnen schaltete immer wieder auch die Dena des Saaringer Mituntermieters Stephan Kohler Anzeigen und Beilagen. Einen Zusammenhang mit dem Saaringer Untermietvertrag gab es laut Dena nicht. Das lässt auch Prinz versichern.
Prinz kannte auch den späteren Bundeskanzler Gerhard Schröder nach eigenen Angaben mindestens seit 1978. Damals hätten beide anlässlich der kommunistischen Weltjugendfestspiele in Kuba auch den damaligen FDJ-Chef und späteren DDR-Staatsratsvorsitzenden Egon Krenz getroffen.