Streit um Merkels "Aufbau West" Linke wittert Wahlkampfmanöver

"Unfassbar und unverantwortlich" - der Vorstoß von Kanzlerin Angela Merkel, den Westen vom geplanten zweiten Konjunkturpaket stärker als den Osten profitieren zu lassen, empört vor allem die Linkspartei. Sie glaubt, die Kanzlerin wolle damit auf Stimmenfang im Westen gehen.

Der Vorstoß von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für verstärkte Investitionen im Westen Deutschlands sorgt weiter für politischen Wirbel. "Ich finde das, was Angela Merkel da gesagt hat, wirklich unfassbar", kritisierte der Bundesgeschäftsführer der Linkspartei, Dietmar Bartsch, am Freitag im ZDF-"Morgenmagazin". Der Osten stehe weiterhin in vielerlei Hinsicht deutlich schlechter da als der Westen. "Wer in dieser Situation Ost gegen West ausspielt wie Frau Merkel, als jemand der in Ostdeutschland geboren ist, handelt unverantwortlich." Bartsch räumte allerdings ein, dass es inzwischen auch "regionale Probleme in den alten Ländern" gebe.

Merkel habe das bewusst gemacht, sagte Bartsch. Sie glaube, dass die Wahlen im kommenden Jahr im Westen entschieden werden. "Das ist unverantwortlich. Eine Bundeskanzlerin hat eine andere Aufgabe, nämlich gesamtdeutsch von Mecklenburg-Vorpommern bis nach Bayern zu handeln."

Wulff: Geld nicht nach der Himmelsrichtung verteilen

Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff pflichtet hingegen seiner Parteichefin bei: "Wir wollen das ganz Land voranbringen", sagte der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende im rbb-Inforadio. Deshalb solle Geld zum Ausbau der Infrastruktur "nicht nach der Himmelsrichtung" verteilt werden, sondern danach, wo der größte Bedarf sei. Dagegen würden sich vermutlich auch die neuen Bundesländer nicht sperren, so Wulff.

Die westdeutschen Städte wollen mit Hilfe des zweiten Konjunkturpakets dringend notwendige Sanierungen öffentlicher Gebäude angehen. Der Geschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, sprach im "Münchner Merkur" von einem Investitionsstau. Nach einer Studie summiere sich dieser bei deutschen Kommunen in den nächsten zehn Jahren insgesamt auf mehr als 700 Milliarden Euro, davon entfielen 546 Milliarden allein auf Westdeutschland, sagte Landsberg. Deshalb sei es richtig, dass die Kanzlerin die Aufmerksamkeit auch auf den Westen gelenkt habe.

"Bei Schulen, Rathäusern und anderen öffentlichen Gebäuden ist der Sanierungs- und Reparaturbedarf besonders auffällig. Hier könnte man schnell handeln, wenn man die Prioritäten richtig setzt", erklärte Landsberg. Allein im Schulbereich beliefen sich die Kosten für dringende Sanierungsarbeiten bundesweit auf 75 Milliarden Euro. "Je höher die Arbeitslosigkeit in einer Region ist, desto größer sind meist die Mängel in der Infrastruktur."

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DPA/AP