Umstrittenes Bahnprojekt Stuttgart 21 Proteste vor Mappus-Amtssitz angekündigt

Der Schwabenstreich geht in eine neue Runde: Die Stuttgart 21-Gegner wollen am Mittwoch vor den Amtssitz des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Stefan Mappus für einen Baustopp des milliardenschweren Projekts demonstrieren.

Nach der bisher größten Demonstration gegen das Projekt Stuttgart 21 haben die Gegner des Bahnhofsumbaus am Samstag weitere Protestaktionen angekündigt. Am Freitagabend hatten nach Angaben der Polizei 30.000 und laut Schätzung der Veranstalter sogar 50.000 Menschen trotz strömenden Regens gegen das Bauvorhaben demonstriert. Nach den Plänen von Deutscher Bahn AG, Land Baden-Württemberg und der Stadt soll der Stuttgarter Hauptbahnhof für mehr als vier Milliarden Euro von einem Kopf- in einen unterirdischen Durchgangsbahnhof umgebaut werden.

Der Sprecher der unter dem Namen "Parkschützer" vereinigten Gegner des Projekts, Matthias von Herrmann, kündigte für kommende Woche weitere Proteste an. Neben der traditionellen Montagsdemo soll es nach seinen Worten am frühen Mittwochnachmittag auch eine Demonstration direkt vor dem Amtssitz des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU) geben. Der Widerstand gegen Stuttgart 21 wachse trotz begonnenem Abriss des Nordflügels an dem Bahnhofsgebäude noch. Mappus müsse nun die Notbremse ziehen und Stuttgart 21 beenden, erklärte von Herrmann.

Mehrere Zehntausend Menschen hatten am Freitagabend zunächst vor dem Hauptbahnhof einen sofortigen Baustopp gefordert. Anschließend zogen sie in zwei Säulen Richtung Landtag und bildeten eine Menschenkette um das Gebäude. Die Stuttgarter Polizei warf zahlreichen Demonstranten vor, die Bannmeile um das Parlamentsgebäude missachtet zu haben. Deshalb hätten sich Polizeikräfte vor dem Landtag postiert und die Demonstranten teilweise weggedrängt. Beim Abmarsch der Protestteilnehmer sei es immer wieder zu Verkehrsbehinderungen gekommen, weil diese wahllos über Hauptstraßen gelaufen seien. Einige Demonstranten harrten die Nacht zum Samstag über vor dem Hauptbahnhof aus.

Streit um Verfassungsschutz

Der baden-württembergische Verfassungsschutz warf Parteien aus dem linksextremistischen Spektrum vor, den Protest gegen Stuttgart 21 zu instrumentalisieren. Der Vizepräsident des Landesamts für Verfassungsschutz, Frank Dittrich, nannte im Nachrichtenmagazin "Focus" die DKP, die marxistisch-leninistische MLPD und die Linke. Bisher würden die Proteste aber "noch immer bei Weitem durch das bürgerlich-demokratische Spektrum dominiert". Der stellvertretende Fraktionschef der Linken im Bundestag, Ulrich Maurer, warf Dittrich Diffamierung vor. Er kündigte an, dass der Fraktionsvorsitzende Gregor Gysi im September zur Unterstützung der Proteste nach Stuttgart kommen werde.

Der baden-württembergische CDU-Generalsekretär Thomas Strobl führte die starken Proteste gegen Stuttgart 21 auf mangelnde Öffentlichkeitsarbeit zurück. Im Deutschlandfunk sprach er von einem "Kommunikations-GAU". Schon vor Jahren hätte das Vorhaben professionell begleitet werden müssen. Stattdessen sei eine Kommunikationslücke entstanden, die nun von einer zum Teil radikalisierten Menge ausgenutzt werde.

Der ehemalige Bahnchef Johannes Ludewig kritisierte im Deutschlandradio Kultur, die baden-württembergische Landesregierung habe den richtigen Zeitpunkt für die Umsetzung des Projekts verpasst, Vor zehn Jahren sei eine Entscheidung über den Umbau des Stuttgarter Hauptbahnhofes aus Finanzierungsgründen am Stuttgarter Kabinett gescheitert, sagte er am Samstag im Deutschlandradio Kultur. "Damals gab es diese Proteste überhaupt nicht, damals waren die Leute eigentlich eher angetan davon", fügte Ludewig hinzu. Er selbst habe das Projekt 1999 gestoppt, weil die Landesregierung sich nicht wirklich an der Finanzierung habe beteiligen wollen.

APN
APN