Wechsel zu Daimler Lasst von Klaeden in Frieden ziehen!

  • von Hans Peter Schütz
Angela Merkels Staatsminister Eckart von Klaeden zieht es zum Autokonzern Daimler. Schon wittert die Opposition Interessenskonflikte und Verrat. Doch der Wechsel ist nachvollziehbar.

Dass die Opposition dem Wechsel von Staatsminister Eckart von Klaeden (CDU) zu Daimler einen faden Beigeschmack zumisst, überrascht nicht. Sein künftiges Gehalt als Chef-Lobbyist des Autokonzerns wird um ein Mehrfaches über seinem aktuellen Jahreseinkommen liegen. Von Klaeden ist einer, der nirgendwo auf der politischen Abschussliste stand und den beste Beziehungen mit der Kanzlerin verbinden. Das wird natürlich von vielen eindeutig interpretiert: Da hat sich das Stuttgarter Unternehmen den Richtigen "gekauft." Jetzt sitze Angela Merkel auch in Stuttgart mit am Lenkrad. Reflexartig verlangt die Opposition, solche abrupten Wechsel von der Politik in die Wirtschaft nur noch dann zu erlauben, wenn eine bestimmte Zeit vergangen sei.

Allerdings wird dabei verdrängt, dass solche Rochaden nicht nur des Geldes wegen stattfinden. Klaedens bisheriges berufliches Leben bestand weitgehend aus dem politischen Geschäft. Und das war für den Christdemokraten, der als "Junger Wilder" einst mit den Grünen geflirtet und gegen die autokratische Herrschaft von Helmut Kohl in der CDU rebelliert hatte, viele Jahre nicht sonderlich spannend. Zuletzt war von Klaeden zuständig im Kanzleramt für den Bürokratieabbau – das kann einen Mann wie ihn nicht auf Dauer ausfüllen. Trotz seiner räumlichen Nähe zur Kanzlerin dürfte er im Gefühl gelebt haben, nicht unbedingt dort zu arbeiten, wo zukunftsweisende, interessante Aufgaben in Fülle zu erwarten sind. Dafür spricht, dass er gebeten haben soll, mit dem Wechsel nicht bis nach der Bundestagswahl warten zu müssen.

Dirketer Draht in die Autobranche

Der Wunsch, etwas Neues zu machen, wird wohl auch deshalb entstanden sein, ein normales Familienleben führen zu können. Das nämlich ist den höheren Rängen der Politik praktisch unmöglich. Spitzenpolitiker haben so gut wie nie freie Wochenenden, an denen sie sich allein Frau und Kindern widmen. Das politische Geschäft ist schließlich geprägt vom schlimmsten Darwinismus unserer Gesellschaft. Hauen und Stechen findet ohne Unterbrechung statt. Wer überleben will, zahlt einen hohen Preis – zumindest familiär.

Für die Kanzlerin ist der Wechsel auf jeden Fall nicht von Nachteil. Sie bekommt einen Gesprächspartner in einer deutschen Schlüsselindustrie, mit dem ein ehrlicher Meinungsaustausch auf hohem Niveau garantiert ist. Der Automarkt gehört für den deutschen Wohlstand zu den überlebenswichtigen Industrien. Er braucht politische Rahmenbedingungen, die realistisch sind.

Natürlich kann gegen von Klaeden eingewandt werden, er verstehe nichts vom Autobau. Doch solche Fachleute sind bei Daimler reichlich vorhanden. Was der Konzern braucht, ist ein Experte, der die Berliner Abläufe im Detail kennt, der weiß, wie man das politische Bewusstsein ansprechen muss, um Wirkung zu erzielen.

Ein "junger Wilder" mit China-Kenntnissen

In der CDU laufen die industriepolitischen Entscheidungsprozesse oft genug stotternd ab. Nun hat Daimler einen "Außenminister", der eine realistische Sicht auf die Entscheider und ihr Vorgehen mitbringt, weil er das Innenleben der Politik viel besser kennt als andere Lobbyisten. Und letztlich kann auch der Stuttgarter Autobauer einen "jungen Wilden" ganz gut gebrauchen. Von Klaeden war schließlich einmal außenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag. Er wird also wissen, wie man im Geschäft mit China Kontakte knüpft. Und während in Europa der Markt gesättigt ist, gibt es #http://www.stern.de/auto/service/auto-china-90429336t.html; in Asien noch jede Menge zu holen#.

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