Im Kampf gegen einen Staatsbankrott hat das Parlament in Zypern die ersten Teile eines Rettungsplans der Regierung abgesegnet. Die Abgeordneten stimmten am Freitagabend in Nikosia für den Vorschlag, einen Nationalen Solidaritätsfonds einzurichten. Die Eurogruppe plant wegen der Zypern-Krise ein Sondertreffen am Sonntag.
Die Abgeordneten kamen am Abend zu Beratungen über mehrere Gesetze zusammen, die eine Zahlungsunfähigkeit ihres Landes verhindern sollen. Zunächst stimmten sie neben dem Solidaritätsfonds auch der Begrenzung des Kapitalverkehrs zu. Das Votum über weitere Maßnahmen wie eine Zwangsabgabe für Bankeinlagen stand noch aus. Es wurde erwartet, dass die Sitzung bis in den Samstag hinein andauert. "Einige Aspekte werden schmerzhaft sein, aber das Land muss gerettet werden", erklärte Präsident Nikos Anastasiades.
Am Dienstag hatte das Parlament einen mit der Eurogruppe vereinbarten Rettungsplan abgelehnt, der eine Zwangsabgabe auf alle Guthaben vorsah. Die Regierung in Nikosia erarbeitete daher einen Gegenvorschlag. Dieser "Plan B" sieht den Aufbau eines Fonds vor, der Anleihen ausgeben und unter anderem mit Mittel aus der Rentenkasse und von der orthodoxen Kirche in Zypern gefüllt werden soll.
In der EU wird jedoch bezweifelt, dass durch den Fonds die von der Eurogruppe geforderten 5,8 Milliarden Euro zusammenkommen, die Zypern als Eigenanteil eines Rettungsprogramms aufbringen soll. Die Eurozone droht damit, ansonsten ihre Zusage für Hilfskredite von bis zu zehn Milliarden Euro zurückzuziehen.
Zwangsabgabe kommt womöglich doch
Unter dem Druck einer drohenden Staatspleite in der kommenden Woche ist nach Informationen des zyprischen Fernsehens nun doch wieder eine Zwangsabgabe auf Bankkonten im Gespräch. Sie soll demnach 15 Prozent betragen, Guthaben von weniger als 100.000 Euro sollen geschont werden. Vor dem Parlament verbrannten Demonstranten eine Europaflagge und skandierten: "Die Abgabe ist Diebstahl".
Die Abgeordneten befürworteten in der ersten Abstimmungsrunde die Begrenzung des Kapitalverkehrs, um einen massiven Abzug von Kapital von der Insel zu verhindern, wenn die Banken des Landes in der kommenden Woche wieder öffnen sollen. Die Geldhäuser Zyperns sind seit dem vergangenen Wochenende geschlossen.
Eurofinanzminister treffen sich am Sonntag
Die Ratingagentur Moody's stufte die Kreditwürdigkeit der Bank of Cyprus, der Cyprus Popular Bank sowie der Hellenic Bank auf Caa3 herab. Als Grund nannten die Bonitätsprüfer die drohenden Abgabe, die Kapitalverkehrskontrollen sowie die Unsicherheit über die Zukunft der Banken.
Die Euro-Finanzminister wollen am Sonntag in Brüssel in einer Krisensitzung über Zypern beraten, wie drei europäische Vertreter der Nachrichtenagentur AFP sagten. EU-Kommissionschef José Manuel Barroso und EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy sagten wegen der Krise ihre Reise zum EU-Japan-Gipfel am Montag in Tokio ab.
Schäuble warnt vor Bankrott
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) warnte Zypern vor einem Banken- und Staatsbankrott. Schäuble sagte der "Bild", die Europäische Zentralbank (EZB) habe klar angekündigt, dass sie die Versorgung der beiden zyprischen Großbanken mit Liquidität einstellen müsse, wenn es bis Montag "keine ernsthafte Aussicht auf ein Programm für Zypern gibt".
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lehnte eine Belastung der Rentenkassen des Landes strikt ab. Merkel warnte die Zyprer, die Geduld der Geldgeber überzustrapazieren. "Ich wünsche mir das nicht, dass es zu einem Crash kommt", sagte sie laut Teilnehmern vor Koalitionsabgeordneten. Nikosia verhalte sich gerade nach der Devise, lieber sterben als auf Knien weiterleben zu wollen.
Das EU-Land muss eine Eigenleistung von 5,8 Milliarden Euro zusammenbringen, um von den internationalen Geldgebern Nothilfen von zehn Milliarden Euro zu bekommen. Am Montag will die Europäische Zentralbank den maroden Banken den Geldhahn abdrehen, falls kein Rettungspaket steht. Die EU bereitet sich auf die Einführung von Kapitalverkehrskontrollen in Zypern vor, was es in Europa noch nie gab. Am Sonntag oder Montag könnte es weitere Krisengespräche der Euro-Finanzminister geben.