Wer nach einem exakten Geburtsdatum der CDU sucht, hat Schwierigkeiten - es kommen mehrere in Frage. Wenn sich die CDU-Führung im Berliner Theater am Schiffbauerdamm zur Feier des 60. Geburtstages trifft, dann hat sie dafür einfach das früheste belegbare Datum der Entstehungsgeschichte der Partei gewählt: Am 16. Juni 1945 hatte sich im Berliner Privathaus des Ex-Reichsministers Andreas Hermes ein Kreis von Zentrumspolitikern getroffen, um sich Gedanken über die Gründung einer Partei zu machen. 60 Jahre später ist aus diesen Gedankenspielen - rechnet man CDU und CSU zusammen - die größte deutsche Volkspartei geworden.
Prägende Entscheidungen der CDU-Kanzler
Seit ihrer Gründung wurde die Bundesrepublik Deutschland 36 Jahre lang von CDU-geführten Kabinetten regiert. Vier von bisher sieben Bundeskanzlern wurden von den Christdemokraten gestellt. Adenauer blieb 14 Jahre im Amt, seine Nachfolger Erhard und Kurt-Georg Kiesinger jeweils drei Jahre. Nach 13 Jahren unter SPD-geführten Regierungen zog 1982 Helmut Kohl in das Kanzleramt ein und blieb dort 16 Jahre lang. Prägende Entscheidungen haben die CDU-Kanzler getroffen: Die Einführung der sozialen Marktwirtschaft nach 1945, die Westbindung Mitte der 50er Jahre, die Vertiefung der Europäischen Union und - nicht zuletzt - die Wiedervereinigung.
Die Partei wurde in tiefer Not geboren. Deutschland lag in Trümmern. Das Land war nach den Gräueln der Nationalsozialisten moralisch am Boden. Die Väter und Mütter der CDU wollten Lehren aus dem Scheitern der Demokratie der Weimarer Republik ziehen. Das Gemeinsame sollte zwischen den beiden großen Konfessionen des Landes politisch überwiegen, nicht mehr das Trennende. Der Schlüssel: Eine gemeinsame Partei. Überall in Deutschland bildeten sich nach der Kapitulation im Mai 1945 Gruppen, die sich diesem Ziel verpflichtet fühlten.
Am 26. Juni 1945, sieben Wochen nach Kriegsende und zehn Tage nach dem ersten Treffen, hatte der Kreis um Hermes im Theater am Schiffbauerdamm einen Aufruf zur Sammlung christlicher, sozialer und demokratischer Kräfte veröffentlicht und dabei auch den Namen Christlich Demokratische Union geprägt. "Deutsche Männer und Frauen!", hieß es darin. "Wir rufen Euch auf, alles Trennende zurücktreten zu lassen." Zeitgleich hatten sich auch in Köln und Frankfurt am Main Zentren der frühen Christdemokraten entwickelt. In Köln etwa fiel die Entscheidung zur Gründung einer Christlich-Demokratischen Partei (CDP), deren erster Programmentwurf, die Kölner Leitsätze, am 1. Juli 1945 verabschiedet wurde. Um die Zersplitterung zu beenden, kam es auf Vorschlag von Hermes im Dezember zu einem "Reichstreffen" in Bad Godesberg bei Bonn. Dort wurde der Name für die neue Partei verbindlich für alle festgelegt: Christlich-Demokratische Union Deutschlands. Nur der bayerische Landesverband hielt an seinem Namen Christlich-Soziale Union fest.
Adenauers "Kanzlerwahlverein"
Doch auch als am 14. August 1949 im westlichen Teil Deutschlands die erste Bundestagswahl stattfand, gab es die CDU als einheitliche Parteiorganisation noch nicht. Zur Wahl stellten sich Kandidaten einer Arbeitsgemeinschaft regionaler Verbände der Christlich-Demokratischen Union sowie der Christlich Sozialen Union aus Bayern. Erst 1950 schlossen sich die CDU-Verbände zur Bundespartei zusammen. Erster Vorsitzender wurde Konrad Adenauer, der bereits am 15. September 1949 mit nur einer - seiner eigenen - Stimme Mehrheit zum ersten Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland gewählt worden war. Starke Landesverbände und ein schwacher Bundesverband waren für die CDU der Anfangsjahre aber auch danach prägend. In der späteren DDR verlor die CDU zudem auch schnell ihre Unabhängigkeit und wurde bis 1952 zu einer "einschränkungslos-sozialistischen" Partei. Erst 1967 bekam die Partei einen Generalsekretär. Zuvor war die Partei eher ein "Kanzlerwahlverein", den Adenauer dirigierte. Die große innerparteiliche Reform setzte Helmut Kohl Mitte der 70er Jahre durch, als die CDU erstmals ihre Macht in Bonn verloren hatte.
Über 25 Jahre leitete Kohl die CDU, am Ende zunehmend wie ein Patriarch, ohne dass einer ernstlich aufmuckte. Ihre Strukturen waren im Laufe der Regierungsjahre verkrustet, die Programmatik in vielen Punkten veraltet. Erst in den Jahren der Opposition nach 1998 gelang der Strukturwandel zu einer modernen und effizienten Organisation mit einem Programm, von dem sich auch junge Wähler wieder angesprochen fühlen könnten. Merkel war die erste, die offen mit der Ära Kohl brach. Es bedurfte aber schon der von Kohl mitausgelösten Spendenkrise. Doch das ist fünf Jahre her. Jetzt macht sich die CDU wieder auf, erneut die Macht zu erringen. Die Erfolgsstory soll fortgeschrieben werden.