1. Bundesliga Fünf Fragen an den siebten Spieltag

Das Wort "Krise" wird in der Bundesliga zu schnell und inflationär benutzt. Aber in Leverkusen, Dortmund, Mainz, Wolfsburg und Hamburg war die Erwartungshaltung in jedem Fall eine andere. Wir analysieren die Lage bei den fünf Clubs und sagen, wer noch vor der Länderspielpause mit Besserung rechnen kann.

Im öffentlichen Interesse der vermeintlichen Krisenclubs stehen der Hamburger SV und Borussia Dortmund. Die einen haben bereits reagiert und den Trainer entlassen, die anderen sind halt Deutscher Meister und da sind sieben Punkte nach sechs Spielen einfach zu wenig. Aber auch in Leverkusen und insbesondere in Mainz und Wolfsburg waren die Erwartungen größer.

Bis zur Länderspielpause stehen noch zwei Spiele auf dem Programm, wer international im Einsatz ist, hat eines mehr. Wir haben uns die Lage bei den fünf Clubs angeschaut, sagen, was sich kurzfristig ändern muss und geben Erfolgsaussichten.

1) Kommen die Bayern zum rechten Zeitpunkt?

Leverkusen gehört zu den absoluten Lieblingsgegner des FC Bayern. Seit der Saison 2000702 reiste Bayer 13 Mal nach München, dabei holte die Werkself gerade mal zwei Unentschieden. Negativer Höhepunkt war die vergangene Spielzeit, als Bayer noch Meister werden konnte, mit Euphorie anreiste und mit einem 1:5 im Gepäck wieder ins Rheinland fahren durfte. Diesmal reist die Elf von Trainer Robin Dutt, der mit Freiburg auch nicht in München gewinnen konnte, als klarer Außenseiter an – ein Vorteil?

Ausgangslage: Tabellen-Siebter mit zehn Punkten und 7:7-Toren
Die nächsten Spiele: FC Bayern (A), RC Genk (H), VfL Wolfsburg (H)
Die Probleme: Dreimal spielte Bayer in der Liga bereits zu Null, aber gegen Dresden im Pokal (3:4 n.V.) sowie Mainz (0:2) und Köln (1:4) in der Bundesliga offenbarte die Defensive große Lücken. Zudem scheint der Kader ob der verletzten und gesperrten Spieler etwas zu klein und die Rotation von Dutt hat den einen oder anderen Leistungsträger (Renato Augusto, Stefan Kießling, Eren Derdiyok, Daniel Schwaab) verunsichert.

Pausen-Prognose: Bayer wird sich die Länderspiele frustriert anschauen müssen. In München droht die nächste Klatsche und gegen Wolfsburg wird das Umschalten nach der Champions League sehr schwer fallen.

2) Findet Klopp die richtigen Stellschrauben?

Nach der glanzvollen Meistersaison erlebt der BVB gerade die Schattenseiten. Statistiker haben errechnet, dass die Dortmunder nach Punkten den drittschlechtesten Start eines Meisters in der Bundesliga-Geschichte hingelegt hat. Auch wenn die Titelverteidigung kein wirkliches Ziel bei der Borussia war, der Frust ist sowohl Trainer Jürgen Klopp als auch den Spielern anzumerken. Dabei sollten die ersten 75 Minuten gegen Hannover und auch das Spiel gegen den FC Arsenal Hoffnung machen.

Ausgangslage: Tabellen-Elfter mit sieben Punkten und 7:6-Toren
Die nächsten Spiele: FSV Mainz (A), Olympique Marseille (A), FC Augsburg (H)
Die Probleme: Nach der Last-Minute-Pleite gegen 96 hatten wir die Fehler auf Dortmunder Seite bereits analysiert. Klopp kündigte unter der Woche an, nur "an kleinen Stellschrauben" drehen zu wollen. Damit wird er in erster Linie das Defensivverhalten bei Standardsituationen, die katastrophale Chancenverwertung und die allgemeine Lust, über 90 Minuten Gas geben zu wollen, gemeint haben. Die vier Gegentore nach Ecken und Freistößen ärgern Klopp maßlos, die fehlende Kaltschnäuzigkeit vor dem gegnerischen Tor ist dagegen kein neues Phänomen. Torjäger Lucas Barrios ist zwar wieder im Training, wird aber erst nach den Länderspielen richtig integriert werden können.

Pausen-Prognose: Die Niederlage in Hannover hat eindrucksvoll bewiesen, dass auch in dieser Saison immer 100 Prozent gegeben werden müssen. Das wird die Mannschaft zusammen mit dem spielerischen Aufwind der letzten Spiele nun umsetzen und mit sechs Punkten in die Pause gehen.

3) Ist in Mainz alles normal?

Streng genommen ist in Mainz gar nichts passiert. Sieben Punkte sind kein Traumstart, aber nur wegen der gestiegenen Erwartungshaltung nach der starken letzten Saison ist Enttäuschung spürbar. Trotzdem muss natürlich einiges hinterfragt werden. In erster Linie wirken die Mainzer nicht mehr so entschlossen, nicht mehr so von sich überzeugt wie noch im letzten Jahr. Auf der Jahreshauptversammlung erinnerte Manager Christian Heidel aber an die Philosophie, "den Verein in kleinen Schritten und wirtschaftlich gesund in der Bundesliga zu etablieren".

Ausgangslage: Tabellen-13. mit sieben Punkten und 8:13 Toren
Die nächsten Spiele: Borussia Dortmund (H), 1. FC Nürnberg (A)
Die Probleme: Mit Lewis Holtby, Christian Fuchs und André Schürrle verließen drei spielentscheidende Leute den Club, das muss erst mal kompensiert werden. Heidel und Trainer Thomas Tuchel gingen zwar früh auf Einkaufstour und sicherten sich einige vielversprechende Talente, aber die Mannschaft muss noch wachsen. In der Abwehr wurde mit Zdenek Pospech aber nur ein Neuzugang integriert, somit sind 13 Gegentore definitiv zu viel. Die Aggressivität und die Leidenschaft, mit der im letzten Jahr viele Gegner ans Limit gebracht wurden, ist derzeit auch nicht bis ins letzte Detail vorhanden.

Pausen-Prognose: Schon vor der Saison sagten wir Schwierigkeiten voraus, die sich nun bewahrheitet haben. Ein Aufwärtstrend ist derzeit nicht auszumachen, es drohen zwei weitere Niederlagen.

4) Behält Magath Recht?

Felix Magath hat seinen Kader mal wieder ordentlich umgebaut. Mit seiner Abwehr war er überhaupt nicht zufrieden und so holte er mit Hrvoje Cale, Marco Russ, Chris und Sotirios Kyrgiakos nicht weniger als vier Abwehrspieler. Allerdings hat Magath noch nicht seine Idealformation gefunden. Besonders ärgerlich war die Niederlage in Hoffenheim, denn mit dem Sieg gegen Schalke dachten die Wölfe, bereits die Kurve bekommen zu haben. Ein weiteres Problem ist die kreative Entwicklung des Spiels, hier ruhen die Hoffnungen auf Aliaksandr Hleb, der nach seiner Verletzung aber noch ein paar Wochen Zeit benötigt.

Ausgangslage: Tabellen-14 mit sechs Punkten und 7:12-Toren
Die nächsten Spiele: 1. FC Kaiserslautern (H), Bayer Leverkusen (A)
Die Probleme: Magath gilt als Verfechter des 4-4-2. Ohne Spielmacher ist so eine Raute aber nur schwer mit Leben zu füllen und deshalb probierte er in der Systemfrage einiges aus. Mittlerweile hat Magath sich auf ein 4-2-3-1 festgelegt, doch die Automatismen stimmen noch nicht. Was für den Meistercoach von 2009 ohnehin das größte Problem ist: "Dass man alles noch nicht verinnerlicht hat, geht jeder Mannschaft so, die viele neue Spieler hat", sagte Magath der Wolfsburger Allgemeinen Zeitung. "Ich bin felsenfest überzeugt, dass sich unsere positive Entwicklung bald in Punkten ausdrückt", so Magath weiter. Allerdings kämpfen die Wölfe auch mit Problemen zwischen den Pfosten, Diego Benaglio und Marwin Hitz konnten bisher noch nicht überzeugen.

Pausen-Prognose: Auch wenn die Roten Teufel zuletzt erstmals siegen konnten, auswärts tut sich Kaiserslautern schwer. Deshalb legen die Wölfe den zweiten Heimsieg nach und sorgen dann auch in Leverkusen für eine Überraschung.

5) Übernimmt der neue HSV-Coach die Rote Laterne?

Michael Oenning musste, trotz des Treuebekenntnisses von Sportdirektor Frank Arnesen, vorzeitig gehen, weil die Verantwortlichen keine Entwicklung innerhalb der Mannschaft erkannten und weil ohne Veränderung zwei weitere Pleiten gegen Stuttgart und Schalke drohten. Nun steht der HSV zwischen dem kurzfristigen Erfolgswunsch unter Rodolfo Cardoso und der schnellen Suche nach einem neuen Trainer, der den eingeschlagenen Neuanfang mitgeht und trotzdem für die nötigen Punkte sorgen kann. Spätestens nach dem Spiel gegen die Knappen, die nun kurzfristig selbst auf Trainersuche sind, soll der neue Mann präsentiert werden.

Ausgangslage: Tabellenletzter mit einem Punkt und 6:17-Toren
Die nächsten Spiele: VfB Stuttgart (A), FC Schalke (H)
Die Probleme: Der HSV wirkte zuletzt total verunsichert. Spielerisch verarmt wurden kaum Torchancen herausgespielt, selbst kämpferisch hielt die Mannschaft nicht genügend dagegen und in der Abwehr reihten sich die Fehler aneinander. Über die Hamburger wurde zuletzt viel geschrieben, im Grunde stimmte es zuletzt in keinem Mannschaftsteil.

Pausen-Prognose: Cardoso redete seine neue Mannschaft in der vergangenen Tagen stark, die dankt es ihm mit einem Punktgewinn in Stuttgart. Vor eigenem Publikum wird sich der HSV dann aber wieder schwer tun, den ersten Sieg muss wohl der neue Mann nach der Pause einfahren.

Marcus Krämer

sportal
sportal.de

PRODUKTE & TIPPS