Spätestens seit dem Testspiel im Trainingslager in Ägypten, als Mario Gomez ausgewechselt werden musste, bewegt nicht nur Bayern-Fans eine Frage: Was machen die Münchner, wenn der Topstürmer einmal verletzt ausfällt? Uli Hoeneß gab Anfang das Jahres für den Fall der Fälle die Marschroute aus: "Da werden wir eine richtige Bombe brauchen, einen, der immer spielen kann, in Barcelona oder Manchester."
Schon rätselte Fußball-Deutschland, wer der Gomez-Ersatz sein könnte: Claudio Pizarro von Werder Bremen, Dimitar Berbatow oder Carlos Tévez von Manchester United, Xherdan Shaqiri vom FC Basel oder eventuell ein Dortmunder? Am Donnerstag schien es, als hätte der FC Bayern die "richtige Bombe" gefunden.
Der deutsche Rekordmeister kündigte zur Überraschung der Fachwelt auf seiner Homepage "kurz vor Ende der Wintertransfer-Periode" einen Neuzugang an und verwies - versehen mit einem Facebook-Link - auf eine unmittelbar bevorstehende Pressekonferenz. Beginn: 14 Uhr. "Es wird eine spektakuläre Neuverpflichtung für den Offensiv-Bereich sein", versprach Sportdirektor Christian Nerlinger.
Peinliche PR-Kiste
Der Klub lud alle Interessierten ein, der Enthüllung des Namens live beizuwohnen. Die Pressekonferenz sei für diejenigen zu sehen, die sich auf Facebook zur Freundschaft mit dem Rekordmeister bekennen. Flugs gewann die Seite an Freunden.
Der Livestream startete pünktlich, Pressechef Markus Hörwick, Manager Christian Nerlinger und Kapitan Philipp Lahm betraten das Podium und begannen mit einer Lobeshymne auf den angeblichen Neueinkauf. Das Trikot mit der Nummer 8 wurde in die Luft gehalten - und dann endlich das Geheimnis gelüftet: Jeder Facebook-Freund beziehungsweise Fan sei ein spektakulärer Neuzugang, denn nun gäbe es die interaktive Aktion "The New FCB Star", bei der die Anhänger in das Gewand eines Spielers ihrer Wahl schlüpfen können.
Von einer hochkarätigen Neuverpflichtung keine Spur: "Kein neuer Star", stellte der Verein klar. Die ganze Aktion entpuppte sich als PR-Gag, um im sozialen Netzwerk besser dazustehen.
"Als ob die Niederlage gegen Gladbach nicht gereicht hätte"
Doch das ging offenkundig nach hinten los und ist zum, um in der Fußballsprache zu bleiben, Eigentor der Klubführung geworden. Obwohl die Facebook- und auch die Webseite des FC Bayern nach dem Filmchen erst einmal nicht zu erreichen waren, sind #FCB und "Neuzugang" bei Twitter Trending Topics.
Für den PR-Gag wird das Management der Bayern mit Hohn und Spott überzogen. Fans zeigen offen ihre Wut. Auf der Facebook-Seite gab es bis 17 Uhr fast 9000 Kommentare - größtenteils negativ: "Frechheit... habe meine Arbeit für 20 Minuten unterbrochen weil ich so aufgeregt war und alles ausgelotet habe, wer es denn wohl sein könnte... und dann sowas! Das ist nicht lustig!", schrieb etwa User Oliver de Soto.
Mustafa Kaplan warnte vor den Folgen für die Verantwortlichen: "Danke Marketing-Abteilung: Als ob die Niederlage gegen Gladbach nicht gereicht hätte, muss ich mich als Fan von anderen wegen dieser Aktion lächerlich machen! Ich würde an eurer Stelle wirklich schon Bewerbungen schreiben, denn Uli und Kalle werden "not amused" sein!" Die Zahl der Freunde sank wieder.
Manche nahmen es mit Humor: "Früher: Ja ist denn heut schon Weihnachten? Heute: ja ist denn scho April?", schrieb salvaDDor.
Angst vor dem Shitstorm
Um dem Shitstorm entgegenzuwirken, löschten die PR-Leute des FC Bayern ein YouTube-Video der Pressekonferenz, dass ein Fan online gestellt hatte. Dafür postete der Klub um 14.30 Uhr folgende Stellungnahme: "Liebe Fans, ihr habt es natürlich alle schon längst gemerkt. Das Video von der PK war natürlich nicht ganz ernst gemeint, sondern ist ein kleiner Spaß für unsere Fans auf Facebook, bei dem der Fan im Mittelpunkt steht."
Und sie fügten an: "Weitere Clips werden in den kommenden Wochen folgen." Ob die Aktion noch punkten kann, wird sich in den nächsten Tagen zeigen.