Geheimtraining Tabubruch in der Bundesliga

Die Geheimtrainings-Pläne des FC Bayern haben in der Bundesliga schnell Nachahmer gefunden. Während der Branchenführer nach dem Aufschrei der Fans die Entscheidung vertagte, wollen andere Topclubs dieses Mittel zur Vorbereitung auf wichtige Spiele sehr wohl nutzen.

So plant der Hamburger SV nach dem Bau eines kleinen zusätzlichen Stadions auf seinem Gelände, verstärkt unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu trainieren. "Wenn wir das neue Stadion haben, werden wir mit Ankündigung auch mal eine Tür zulassen", sagt HSV- Sportdirektor Dietmar Beiersdorfer, der dabei an "ein- bis eineinhalb Einheiten die Woche" denkt. Vereine wie Werder Bremen, der VfB Stuttgart und Borussia Dortmund befürworten das "Top secret"-Training vor dem Wochenende.

"Wir leben hier in einem Schlaraffenland. Ausländische Clubs haben fast alle Trainingszentren, wo kein Zuschauer herankommt", sagt Bremens Trainer Thomas Schaaf mit Blick auf Topvereine in England, Spanien und Italien, wo solche Praktiken längst akzeptiert sind. "Wir wollen uns alle international messen und müssen der Entwicklung Rechnung tragen", ergänzt Beiersdorfer. Ihm geht es darum, Coach und Spielern optimale Trainingsbedingungen zu ebnen. Eine totale Aussperrung hält er aber für falsch: "Das gibt die Kultur in Deutschland nicht her."

Auch bei den Bayern will man von einem generellen Ausschluss

der Fans unter Neu-Coach Jürgen Klinsmann nichts mehr wissen. "Wir werden Lösungen finden, dass man beiden Seiten gerecht wird", sagte Manager Uli Hoeneß am Freitag dem ZDF. "Es gibt noch überhaupt keine Entscheidung, wie oft öffentliches Training ist und wie oft nicht", meinte der Manager. Er könne sich nicht vorstellen, dass "wir in Zukunft keine öffentlichen Trainings mehr haben".

Die deutschen Vereine würden sich ihren Fans sehr öffnen, meint Schaaf. "Sicher muss man auch überlegen, dass man nicht mehr jede Trainingseinheit öffentlich macht." Das Interesse an Werder ist in den vergangenen Jahren wie bei vielen Top-Clubs enorm gestiegen, es wurde ein Sicherheitsdienst angeheuert, um für Ordnung zu sorgen. Vor allem in der Ferienzeit werden 1000 Kiebitze und mehr auf dem Trainingsgelände gezählt. "Da muss man sich leider schon fragen: Wie sehr wird das Training dadurch beeinflusst", gibt Schaaf zu bedenken. "Man muss den Bundesligavereinen zugestehen, dass sie auch mal die Tore zumachen. Wir wollen die Fans nicht aussperren, aber man muss der Mannschaft auch mal zugestehen, dass sie nicht ständig beobachtet wird", sagt Hannovers Trainer Dieter Hecking.

Sein Kollege Thomas Doll hatte schon in seiner Zeit

beim HSV neue Methoden eingeführt und das Abschlusstraining im Stadion vor leeren Rängen angesetzt. Nun tut er dies in Dortmund. "Für die Spieler könnte es vor wichtigen Partien gut für die Konzentration sein", sagt Schalkes Manager Andreas Müller, "aber bei uns hat das Verhältnis zwischen Spielern und Fans Tradition. Das haben sich unsere Anhänger verdient." Punktuelle Einheiten ohne Zeugen will er nicht ausschließen.

In Stuttgart wurde von einem Jahr extra ein Trainingsplatz mit Zuschauertribüne eingeweiht. "Bei uns ist nicht angedacht, die Fans auszusperren. Das ist ein Thema des FC Bayern", sagt Coach Armin Veh. Er räumt aber ein, dass das konzentrierte Arbeiten in geschlossenen Camps, wie es in Italien praktiziert wird, besser möglich ist.

Zur üblichen Praxis gehört die Abschirmung vor Medienvertretern

direkt vor dem Punktspiel, wie etwa am Freitag in Nürnberg vor dem Derby gegen die Bayern. Aber verstärkte Abschottung soll es auch beim "Club" in Zukunft nicht geben. Andere Vereine sind sogar erfreut über jeden Trainings-Kiebitz. "Wir denken nicht daran, Fans auszusperren. Wir sind froh, wenn welche kommen", sagt Hans-Georg Felder von Hertha BSC. So denkt man unter anderem auch in Leverkusen, Bochum, Duisburg und Rostock.

DPA/kbe

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