Zum ersten Mal seit einem Jahr ist der FC Barcelona nicht auf Platz eins unserer Europarangliste. Das ist aber nicht die einzige Änderung, die wir nach fünf ereignisreichen Wochen, die seit der letzten Rangliste vergangen sind, vorgenommen haben. An Stelle einer wortreichen Einleitung verlieren wir diesmal aber keine Zeit, sondern kommen gleich zu den 20 Clubs, die wir für die besten des Kontinents halten.
Oder besser: Wir gehen kurz auf die beiden Teams ein, die aus den Top 20 herausgefallen sind. Internazionale ist zum allerersten Mal überhaupt in der Geschichte der Europarangliste nicht mehr dabei. Warum? Die Leistungen der Nerazzurri waren einfach zu schlecht, und zwar in allen Spielen gegen die anderen Topteams der Serie A. Der Trainerwechsel zu Claudio Ranieri hat den Absturz bestenfalls stabilisiert, aber der überalterte Kader hat weiterhin keine vernünftige Balance und führt zwar die Champions League-Gruppe B an, konnte aber auch dort kaum überzeugen.
Porto war nur in der allerersten Ausgabe des Rankings im September 2010 nicht unter den Top 20, seither immer. Nun aber haben wir genug gesehen von den Dragoes, die nur eines ihrer ersten vier Champions League-Spiele gewinnen konnten und in St. Petersburg und Nikosia verloren haben. Vor einem Jahr hatte Porto zu diesem Zeitpunkt schon zehn Punkte Vorsprung auf Platz zwei der Primeira Liga. Aktuell ist es ein Punkt Vorsprung auf Platz drei. Die Dragoes sind keine Übermannschaft mehr.
Und hier sind die Top 20:
20. (neu) Newcastle United
Ein ganz neuer Name in der Europarangliste, und einer, den wir noch vor wenigen Wochen nicht einmal im Blickfeld hatten. Schließlich trauten wir Manager Alan Pardew kaum zu, mit diesem Kader mehr als einen Mittelfeldplatz in der Premier League zu erreichen. Nach elf Spieltagen aber sind die Magpies immer noch ungeschlagen in der stärksten Liga der Welt. Als einziger Club seit August konnte Newcastle gegen Tottenham Hotspur punkten, und auch Arsenal nahm nur einen Zähler mit nach Hause. Demba Bas acht Saisontore haben sich inzwischen herumgesprochen, aber es ist vor allem die Defensive vor Keeper Tim Krul, die bei nur acht Gegentoren Maßstäbe setzt. Der Härtetest wartet aber am nächsten Spieltag: auswärts bei Manchester City.
19. (neu) Zenit St. Peterburg
Und gleich der nächste Debütant: Wer hätte nach der Auftaktniederlage der Elf von Luciano Spalletti in der Champions League auf Zypern gedacht, dass Zenit auch nur in die Nähe unseres Rankings gelangt? Wir nicht. Inzwischen haben wir aber bärenstarke Spiele des russischen Tabellenführers gesehen, vor allem gegen Porto, aber auch in beiden Spielen gegen Shakhtar Donetsk war Zenit sehr überzeugend. Was macht Zenit so stark? Das zentrale Mittelfeld mit Igor Denisov, Roman Shirokov und Konstantin Zyryanov lebt von seiner Dynamik und taktischen Flexibilität, vorne zeigt Danny, dass die 30 Millionen Euro, die Zenit vor drei Jahren für ihn an Dynamo Moskau zahlte, nicht ganz so absurd waren, wie man in Westeuropa damals dachte. Ob Zenit aber zu Recht in unserer Liste auftaucht, werden erst die KO-Runden der Champions League zeigen.
18. (15) Olympique Lyonnais
Nur die Schwäche der Konkurrenz und die weiterhin hohe Einschätzung, die wir vom Potenzial des verjüngten Kaders haben, verhindert, dass OL nach den jüngsten schwächeren Ergebnissen aus dem Ranking fliegt. Der zweiten sang- und klanglosen Niederlage gegen Real Madrid folgte auf dem Fuß eine peinliche Niederlage in Sochaux. Nur ein deutlicher Sieg im nächsten Champions League-Spiel gegen Ajax kann die Mannschaft von Remi Garde noch ins Achtelfinale bringen - und die fortgesetzte Erwähnung in unserer Liste rechtfertigen, die bei fünf Niederlagen aus den letzten acht Spielen zumindest nach der aktuellen Form nicht mehr angezeigt wäre.
17. (18) Benfica
Immer noch ungeschlagen in allen Wettbewerben ist Benfica. Immer noch werten wir die starke Leistung gegen Manchester United zum Champions League-Auftakt als repräsentativ für das Potenzial des Kaders, auch wenn die jüngsten Spiele (1:1 gegen Basel, 1:1 in Braga) etwas mühsamer daherkamen.
16. (20) Schalke 04
Nur eine Niederlage aus zehn Spielen - Schalke ist unter Huub Stevens nicht schlechter als zuvor unter Ralf Rangnick. Das ist nicht nur der Torserie von Klaas-Jan Huntelaar zu verdanken, sondern einem sehr ausgewogen besetzten Kader mit wenigen Schwächen, der dank der zentralen Mittelfeldkombination Jermaine Jones und Lewis Holtby noch stärker geworden zu sein scheint. Abzuwarten indes das Schlüsselspiel in Dortmund Ende des Monats.
15. (13) Valencia
In Leverkusen brillierte die Elf von Unai Emery - verlor aber. Im Rückspiel zu Hause sah es nicht so gut aus - es reichte aber zum Sieg. Ist Valencia also nicht eigentlich auf Augenhöhe mit Bayer 04 zu sehen? Unserer Meinung nach nicht, denn anders als Leverkusen, das in dieser Saison schon sieben Pflichtspiele verloren hat, gab es für Valencia neben dem 1:2 in der BayArena nur eine Niederlage, im September mit 0:1 in Sevilla. Bei den Unentschieden gegen Barcelona und Chelsea sahen die Ches zudem ebenfalls gut aus.
14. (9) Liverpool
Recht deutlich die Abstufung von Liverpool. Sie liegt daran, dass die Reds gerade zu Hause viel zu viele Punkte liegen lassen. War das 1:1 gegen Manchester United noch ehrenhaft, sind drei Punkte aus den Heimspielen gegen Sunderland, Norwich City und Swansea City einfach zu wenig, um in der Premier League um die Champions League-Plätze mitzuspielen - geschweige denn um den Titel.
13. (7) Napoli
Seit unserer letzten Rangliste sechs Spiele, davon nur ein Sieg, aber drei Niederlagen. In den Spielen gegen Bayern zweimal zunächst klar unterlegen, um das Spiel dann im weiteren Verlauf mehr oder minder erfolgreich zum Erliegen zu bringen. Positiv der 2:0-Erfolg gegen Udinese, aber momentan hat es den Anschein, als sei die Doppelbelastung für Walter Mazzarris Team nicht so leicht zu bewältigen.
12. (12) Paris Saint-Germain
PSG ist souveräner Tabellenführer in der Ligue 1 und dort seit dem zweiten Spieltag ungeschlagen. Das Spitzenspiel gegen Lyon wurde schon Anfang Oktober mit 2:0 gewonnen, die einzigen Niederlagen musste Antoine Kombouaré im Ligapokal und in der Europa League in Bilbao hinnehmen. Die beeindruckende Offensive mit Javier Pastore, Nenê, Jérémy Ménez und Kevin Gameiro lässt leicht übersehen, wie stark auch die Defensive mit dem aus Saint-Étienne gekommenen Sechser Blaise Matuidi und der Keeper-Neuentdeckung Salvatore Sirigu ist.
11. (16) Borussia Dortmund
Die Mannschaft der Stunde in der Bundesliga: Nach 16 Punkten aus den letzten sechs Ligaspielen ist der BVB schon wieder auf Platz zwei angekommen. 14 Tore in den letzten drei Heimspielen wurden mit tollem Kombinationsfußball herausgespielt - aber in der Champions League kann nur ein Wunder Dortmund noch ins Achtelfinale bringen: Siege in London und mit vier Toren Vorsprung gegen Marseille wären wohl notwendig dazu. So ist der BVB den Beweis seiner internationalen Klasse bisher schuldig geblieben. Wie weit der jüngste Aufwärtstrend die Mannschaft trägt, wird schon die Woche der Wahrheit nach der Länderspielpause zeigen: Bayern, Arsenal und Schalke innerhalb von sieben Tagen.
10. (14) Arsenal
Mitten im Umbau des Kaders und der damit verbundenen Umstellung der Spielweise auf direkteren Tempofußball statt Ballkontrolle und feinem Passspiel ist es Arsène Wenger gelungen, eine kleine Serie zu starten und zwischendurch 5:3 in Chelsea zu gewinnen. Für mehr als Platz zehn reicht uns das aber noch nicht, denn 21 Gegentore in der Premier League (mehr als der Tabellenletzte Wigan Athletic) sprechen eine klare Sprache, die auch Per Mertesacker nicht gerne hören wird. In der Champions League gelingt es Wenger viel besser, die Defensive zu stabilisieren - früher war es bei den Gunners genau umgekehrt.
9. (11) Milan
Die Rossoneri sind wieder da - 15 Punkte und 18 Tore in den letzten fünf Serie A-Spielen zeugen davon, zudem steht Milan in der Champions League schon jetzt im Achtelfinale. Allerdings wurden alle Spiele gegen Topteams der Liga in dieser Saison nicht gewonnen: Niederlagen bei Juventus und Napoli, nur Unentschieden zu Hause gegen Lazio und Udinese.
8. (8) Tottenham Hotspur
22 Punkte aus den letzten acht Premier League-Spielen zeigen, in welcher Topform die Spurs sind. Eine Europa League-Niederlage mit der B-Elf in Kazan vor einer Woche kann im Vergleich dazu nicht der Maßstab sein, da es für die Nordlondoner nur um ein Saisonziel geht: den Einzug in die Champions League. In dieser Hinsicht ist die Mannschaft von Harry Redknapp auf einem guten Weg, auch wenn sie weiter mehr von der Schnelligkeit und der individuellen Klasse ihrer Einzelspieler lebt als von besonderer taktischer Raffinesse. Schön anzusehen ist es aber, und erfolgreich momentan ja auch.
7. (5) Chelsea
Es wäre durchaus denkbar, Chelsea hinter den beiden Stadtrivalen Arsenal und Spurs einzuordnen. Ginge es nur nach Form, hätten wir das auch gemacht. Schließlich haben die Blues seit der letzten Tottenham-Niederlage in der Premier League dreimal verloren. Gegen Arsenal wurden beim 3:5 auch die Schwächen des viel offensiveren Systems, auf das André Villas-Boas die Mannschaft umstellt, sichtbar, als die hoch stehende Abwehrkette ein ums andere Mal zum Opfer schneller Angriffe der Gäste wurde. Worum es aber bei dieser Rangliste geht, ist ja letztlich, sich die Frage zu stellen: Wird Chelsea am Ende der Saison vor oder hinter den Spurs landen? Wir glauben: knapp davor.
6. (10) Juventus
Wäre das Spiel Juves in Neapel nicht dem Wetter zum Opfer gefallen, hätte sich noch eine weitere Chance ergeben, das System von Antonio Conte gegen einen starken Gegner in Aktion zu sehen. Doch auch so lässt sich nach den Siegen gegen Milan und bei Inter sagen, dass die Spielweise der Alten Dame so offensiv ist, wie man es lange nicht in der Serie A (oder einer anderen Topliga) gesehen hat: Oft schalten sich sechs, manchmal sieben Spieler gleichzeitig ins Angriffsspiel mit ein, das zentrale Mittelfeld mit Andrea Pirlo und Claudio Marchisio ist extrem spielstark, mit Hereinnahme von Arturo Vidal lässt es sich in wichtigen Spielen tougher machen. In den großen fünf europäischen Ligen sind nur zwei Clubs noch ungeschlagen in allen Pflichtspielen dieser Saison: Barcelona und Juventus.
5. (3) Manchester United
Das historische 1:6 im Derby gegen City lässt leicht den Eindruck entstehen, United sei ein dysfunktionaler Trümmerhaufen. Dabei hätte sich das Debakel verhindern lassen, wenn Sir Alex Ferguson beim Stand von 0:2 in Unterzahl auf Schadensbegrenzung gesetzt hätte. Statt dessen spielten die Red Devils bis zum Ende nach vorne - gegen eine überlegene Mannschaft, die einen Mann mehr auf dem Platz hat, eine selbstmörderische Taktik, die allein in der Nachspielzeit noch zu drei Gegentoren führte. In sieben der letzten acht Spiele (ohne das City-Spiel) kassierte United aber zusammen nur ein einziges Gegentor. Ein grundsätzliches Problem besteht also nicht unbedingt. Zumal die Mannschaft mit Ausnahme des Derbys noch ungeschlagen in allen Wettbewerben ist. Folgenlos bleiben kann ein solches Spiel aber natürlich nicht, daher die schlechteste Bewertung für United seit September 2010.
4. (4) Bayern München
Ungewöhnlicherweise haben wir den FC Bayern hinter einer Mannschaft eingeordnet, die die Münchner schon geschlagen haben. Dafür gibt es Gründe: 31 Punkte nach elf Spieltagen der Premier League sind besser als 25 Punkte nach elf Bundesligaspieltagen. Ganz so souverän wie zu Saisonbeginn spielt Bayern nicht mehr, immer noch sehr gut, aber den ersten Eindrücken nach lässt sich der Ausfall von Bastian Schweinsteiger nur sehr schwer kompensieren. Schließlich: Fährt Bayern als Favorit zum Rückspiel nach Manchester? Wir finden nicht.
3. (6) Manchester City
Ist City durch die Niederlage in München aus dem Tritt geraten? Seither acht Spiele, acht Siege, 30 Tore. Die Elf von Roberto Mancini spielt in beängstigender Form und hat gerade im Mittelfeld und Angriff eine Tiefe im Kader, die es so im Fußball selten gegeben hat. Ganz anders als etwa Bayern im Fall von Bastian Schweinsteiger gibt es wenige Sollbruchstellen im System.
2. (1) Barcelona
Als wir das letzte Mal Barcelona auf Platz zwei eingestuft haben, gewannen die Blaugrana eine Woche später mit 5:0 gegen Real Madrid, und die Hierarchie war für lange Zeit klar. Diesmal haben wir etwas mehr Zeit, der Clasico steigt erst am dritten Adventswochenende. Da Barcelona noch ungeschlagen ist, liegt es offenkundig weniger an der Form der Katalanen, dass wir sie zurzeit hinter Madrid sehen als vielmehr am Lauf der Madrilenen.
1. (2) Real Madrid
6:2, 3:0, 4:0, 4:1, 4:0, 4:0, 3:0, 1:0, 2:0, 7:1. So die letzten zehn Spiele von Real Madrid. So gerne das Image vom Defensivtrainer José Mourinho gepflegt wird, der vermeintlich immer nur zerstören wolle, so unsinnig ist das angesichts der Dominanz, die die Königlichen aktuell fast in jedem Spiel auf dem Platz entfalten. Aktuell sind sie die beste Mannschaft der Welt. Ein guter Grund, sich schon jetzt auf den Clasico zu freuen, dessen jüngere Geschichte allerdings leider darauf hindeutet, dass er vielleicht nicht ausschließlich mit fußballerischen Mitteln ausgetragen werden wird.
Daniel Raecke