TOR
Traditionell gibt es hier seit den Tagen von Toni Turek die geringsten Probleme. Manuel Neuer kann als Stammkeeper nur eine Verletzung stoppen. Dahinter hat Tim Wiese seinen Platz sicher. Der Bremer muckt nie auf, ist beliebt in der Mannschaft - und gibt im Training immer Vollgas. Kurzum: Wiese ist die ideale Nummer zwei. Ron-Robert Zieler ist eine Art Lieblingskind von Joachim Löw. Weil er jung und hochtalentiert ist. Solche Spieler, die auf die Etablierten Druck machen, schätzt der Bundestrainer ungemein. Tendenz: Zieler fährt mit zur EM. René Adler kommt nach seinen Verletzungen einfach nicht auf die Beine. Er hat wohl keine Chance auf ein Ticket.
ABWEHR
Auch hier: wenig Grund zur Sorge. Holger Badstuber ist in der Innenverteidigung gesetzt - weil er konstant gut und von den Kandidaten der einzige Linksfüßer ist. Sein Partner dürfte entweder Per Mertesacker oder Mats Hummels werden. Derzeit hat der Dortmunder die Nase leistungsmäßig vorn. Aber "Merte" genießt als Führungsspieler innerhalb der Mannschaft einen enorm hohen Stellenwert. Auch Benedikt Höwedes möchte gerne innen spielen. Der Schalker fährt als Backup sicher mit zur EM. Auch weil er zur Not auf der rechten Bahn eingesetzt werden kann.
Dort hat sich seit dem Türkei-Spiel
Jerome Boateng
einen Vorteil erarbeitet. Die rechte Seite galt nach dem Wechsel von
Philipp Lahm
auf links als Problemzone der deutschen Mannschaft. Mit Boateng sah das gegen die Türken gut aus. Lahm erwähnten wir schon. Der Kapitän ist im Abwehrbund neben Neuer und wohl auch Badstuber definitiv gesetzt.
Dennis Aogo
hat beste Chancen links außen zu spielen, wenn Lahm ausfallen sollte.
Marcel Schmelzer
hat zwar zuletzt ein wenig den Anschluss verpasst, wird als echter Linker aber wohl auch mitfliegen dürfen.
Arne Friedrich ist derzeit nicht nur vereinslos, sondern auch dauerverletzt. Für ihn und den unkonstanten Marcell Jansen ist wahrscheinlich kein Platz mehr in Löws EM-Kader. Genauso wenig wie für den immer wieder indisponierten HSV-Kapitän Heiko Westermann.
MITTELFELD
Hier wird's eng - und das ist gut so. Das bei der WM bewährte Duo Schweinsteiger/Khedira kann man sich bei der EM im defensiven Mittelfeld sehr gut vorstellen. Aber vor allem Toni Kroos hat aufgeholt. Bekommt Khedira bei Real zu wenig Einsatzzeit, könnte Kroos’ Stunde schlagen. Er interpretiert die Rolle als Sechser offensiver. Löw schätzt ihn als "Zwischenspieler". Mit Sven Bender, Christian Träsch und Simon Rolfes hat der Bundestrainer für den defensiveren Part des Mittelfelds bewährte und talentierte Kräfte in der Hinterhand. Das Trio darf sich auch schon ein bisschen auf die EM freuen. Für Philipp Bargfrede, Christoph Moritz oder Stefan Reinartz wird es eher nichts mit dem ersten großen internationalen Turnier.
Wenn für die deutsche Nationalmannschaft morgen die EM beginnen würde, dann würden diese drei Herren aus dem offensiven Mittelfeld vermutlich in der Startformation stehen:
Mesut Özil
als zentraler Spieler,
Lukas Podolski
auf der linken Seite und
Thomas Müller
auf rechts. In keinem anderen Mannschaftsteil ist das DFB-Team qualitativ so breit aufgestellt wie hier, wo praktisch jeder jeden ersetzen kann.
Mario Götze
steht für Özil bereit. Der wiederum spürt den Atem von
Marco Reus
, der gegen die Türken und auch gegen Belgien antreten durfte. Links ist
André Schürrle
gerade im Begriff, Lukas Podolski rein leistungsmäßig zu überholen. Aber Schürrle könnte selbstverständlich auch die Rolle von Thomas Müller übernehmen. Vergessen wir nicht
Ilkay Gündogan
, der gegen Belgien sein Debüt in der A-Nationalmannschaft feierte sowie die beiden zuletzt nicht berücksichtigten
Marko Marin
und
Lewis Holtby
. Bei beiden Kreativspielen zeigte die Formkurve, im Gegensatz zu Kevin Großkreutz, zuletzt steil nach oben, weswegen auch sie sich noch berechtigte Hoffnungen auf eine EM-Teilnahme machen können. Für den Dortmunder sieht es dagegen schlecht aus.
ANGRIFF
Das Spielsystem von Joachim Löw sieht vor, mit nur einer echten Sturmspitze zu agieren. Hier tobt neuerdings ein erbitterter Zweikampf zwischen Platzhirsch Miro Klose und Herausforderer Mario Gomez. Klose, Deutschlands bester Schütze seit Gerd Müller, würde in Polen und der Ukraine auch schon seinen 34. Geburtstag feiern. Den Bundestrainer stört das nicht, solange der Routinier auch bei Lazio Rom weiter trifft. Aber Gomez hat aufgeholt. Er ist in der Nationalmannschaft endlich angekommen, hat in seinen letzten sieben Länderspielen unglaubliche sieben Tore erzielt. "Er ist eine Tormaschine. Wenn er spielt, trifft er", adelte Löw seinen Stürmer vor dem Belgien-Spiel. Mehr Lob geht nicht. Es wird ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den beiden. Löw kann sich also auch im Angriff über viel Konkurrenzkampf freuen. Oder etwa doch nicht? Hinter dem Duo klafft nämlich eine große Lücke.
"Hinter Klose und Gomez haben wir diesen Typ Stürmer auf diesem ganz hohen Niveau im Moment nicht", bedauerte auch der Bundestrainer gerade. Aus den Nachwuchsmannschaften stockt der Nachschub. Aus Mangel an Alternativen werden dann wohl wieder
Cacau
und
Stefan Kießling
das Rennen machen und mit zur EM dürfen. Sollte allerdings
Julian Schieber
nach seiner langen Verletzung beim VfB Stuttgart wieder richtig fit werden und auch nur annähernd an seine Form in der letzten Saison, als er an Nürnberg ausgeliehen war, anknüpfen, müssten Kießling und Cacau um ihr EM-Ticket zittern.
Sie sind bei der EM sicher dabei: Neuer, Wiese, Lahm, Aogo, Mertesacker, Hummels, Badstuber, Höwedes, Boateng, Schweinsteiger, Khedira, Kroos, Özil, Götze, Müller, Podolski, Schürrle, Klose, Gomez.
Sie haben gute Chancen:
Zieler, Schmelzer, Sven Bender, Träsch, Rolfes, Reus, Cacau.
Sie müssen zittern:
Gündogan, Großkreutz, Marin, Holtby, Kießling, (Schieber).
Sie sind raus:
Adler, Westermann, Jansen, Bargfrede, Moritz, Reinartz.