WM 2010 - Deutschland vs. Serbien Das Spiel des Lebens für den Serben Subotic

Alles oder Nichts gegen Deutschland: Auch für den Dortmunder Neven Subotic. Der serbische Abwehrspieler schildert, welcher Druck auf seiner Nationalmannschaft lastet - obwohl er deutsch denkt.

Die Fernsehbilder weckten die Erinnerungen an einen Abend, den er am liebsten aus dem Gedächtnis löschen würde. Neven Subotic sah beim WM-Auftakt der deutschen Nationalmannschaft gegen Australien (4:0) Miroslav Klose das 2:0 köpfen und dachte an eines der jüngsten Aufeinandertreffen seines Vereins Borussia Dortmund mit dem FC Bayern im Februar 2009. Es stand 1:1, Dortmund freute sich schon über den Punkt, beim Rekordmeister fast zwei wert. Doch dann kam Klose. "Ich stand damals sogar richtig, und trotzdem machte der zwei Dinger, und wir verloren 1:3. Es ist unangenehm, gegen ihn zu spielen", sagt der 21-Jährige.

Am Freitag tut er es wieder. Für Serbien, um 13.30 Uhr in Port Elisabeth gegen Deutschland. Zum ersten Mal bei einer WM. "Es ist", sagt Subotic, "für mich das Spiel des Lebens."

Serbien ohne Aleksander Lukovic

Er ersetzt den nach seiner Gelb-Roten Karten im Spiel gegen Ghana (0:1) gesperrten Aleksandar Lukovic. "Das ist ein Verlust. Aber ich vertraue Neven", sagt Trainer Radomir Antic. An der Seite von Nemanja Vidic (Manchester United), für viele einer der besten Innenverteidiger der Welt, soll der Dortmunder die deutschen Stürmer ausschalten. "Ich habe in der Bundesliga gegen alle von ihnen gespielt. Ich kenne ihre Tendenzen." Heißt: Er hat sich eingeprägt, zu welchem Pfosten Klose bei Eckbällen läuft, mit welchen Tricks Lukas Podolski ins Dribbling geht, und wie Cacau den Ball abschirmt. Thomas Müller hat er sogar in seiner Mannschaft, bei einem Computer-Managerspiel. "Er ist technisch einer der besten Angreifer und hat mir in dem Spiel schon unheimlich viele Punkte gebracht."

Seit 2006 spielt Subotic in Deutschlands höchstem Klassement. Zunächst für den FSV Mainz, seit zwei Jahren für Dortmund. Er ist seinem Förderer Jürgen Klopp dorthin gefolgt. Geboren wurde er in der bosnischen Stadt Banja Luka, 1990 zog er mit seiner Familie in den Schwarzwald. Vater Zeljko, ehemaliger Fußball-Profi, nahm seinen Sohn jedes Wochenende mit zum Fußball.

"Ein ganz besonderes Spiel"

Neun Jahre später zog er mit seiner Familie in die USA, 2006 wechselte Subotic nach Mainz. Nach zahlreichen guten Spielen hätte er auch für die USA oder die Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes spielen können. Für die amerikanische U17 hatte er bereits mehrfach gespielt, er besitzt auch die US-Staatsbürgerschaft. Doch Subotic entschied sich für Serbien. Eine logische Wahl sei es gewesen, weil seine Eltern eben von dort stammen. Er spricht die Sprache, nur aus Spaß unterhält er sich mit dem ehemaligen Hertha-Stürmer Marko Pantelic im Park-Hotel Sunnyside hin und wieder auf Deutsch. Als seine Heimat allerdings bezeichnet er Dortmund. "Für mich ist das Spiel ein ganz besonderes. Ich lebe die längste Zeit meines Lebens in Deutschland. Ich denke sogar in Deutsch, und jetzt spiele ich gegen das Land. Das ist bizarr."

Er hat großen Respekt vor der deutschen Elf. Vielleicht sogar Ehrfurcht, es klingt zumindest so, wenn über das Australien-Spiel spricht. Dass sie ohne Michael Ballack so überzeugend gegen Australien aufgetreten ist, sei für viele überraschend gewesen. "Die Jungs haben alle Zweifel weg gespielt. Man hat gesehen, dass sie richtig Bock haben zu spielen." Deutschland habe bewiesen, dass es eine Turniermannschaft ist. Auch die Spieler, die in der Bundesliga zuletzt nicht in Topform gewesen seien, hätten gute Leistungen abgerufen.

Trotzreaktion gefragt

Bei seinen Kollegen ist es genau umgekehrt: Nach tollen Spielen in ihren Vereinen und forschen Tönen vor der WM enttäuschten sie gegen Ghana. Kaum gelungenen Kombinationen und viele Fehlpässe – die Spieler sind von sich enttäuscht. Der Druck ist nun groß: Eine Niederlage gegen Deutschland dürfte das Vorrunden-Aus bedeuten. "Wir müssen uns verbessern und am Freitag eine Reaktion zeigen", fordert Subotic. Der serbische Verband verfüge über einen guten Scouting-Apparat und könne seine Kollegen mit allen Informationen über die DFB-Elf versorgen. "Und mal sehen, vielleicht fragen mich ja auch noch einige Kollegen nach ein paar Tipps."

Zum Training der Mannschaft kamen unter der Woche rund 40 Fans und motivierten sie mit Gesängen und gutem Zureden. Den Menschen in Serbien bedeutet Fußball enorm viel. Subotic erlebte es zuletzt nach dem 5:0 in der WM-Qualifikation in Rumänien. Nach dem entscheidenden Sieg feierten die Anhänger auf den Straßen Belgrads bis in die frühen Morgenstunden. "In unserem Land gibt es nicht viel zu feiern", sagt Subotic. Das will die Mannschaft zumindest für einige Stunden ändern - gegen Deutschland unbedingt gewinnen.

Nur ein Problem gibt es da: Das Patentrezept für drei Punkte haben die Serben nicht parat. "Viele Schwachpunkte", sagt Subotic, "waren bei den Deutschen nicht zu sehen."

Mit freundlicher Genehmigung von WELT Online

Von Julien Wolff

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