In Syrien ist am Morgen die Frist zur Einhaltung der von Kofi Annan vermittelte Waffenruhe abgelaufen. Seit 5 Uhr MESZ müssen gemäß dem Friedensplan des Sondervermittlers von Vereinten Nationen und Arabischer Liga die Waffen schweigen.
"Bisher haben wir keine Berichte über irgendwelche Vorfälle aus Syrien erhalten", sagte der Leiter der in London ansässigen syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, Rami Abdel Rahman, kurz nach Ablauf der Frist. Später berichtete er. einige Explosionen seien in der Region Sabadani, rund 30 Kilometer von Damaskus entfernt, zu hören gewesen. Auch Aktivisten berichteten, dass kurz nach Beginn der Waffenruhe Schüsse zu hören waren. Insgesamt sei die Situation aber ruhig. Man könne weiter nicht abschätzen, wie sich die Lage insgesamt entwickle. Von der Regierung in Damaskus liegen bisher keine Angaben zur Einhaltung der Waffenruhe vor.
Beschuss bis kurz vor Ende der Frist
Wie Omar Homsi, ein syrischer Aktivist aus der Provinz Homs, berichtete, seien Al Khalidijeh und Deir Balaba noch bis kurz vor Ablauf der Frist beschossen worden. Nach Angaben der Opposition waren allein am Mittwoch landesweit 97 Menschen bei Kämpfen und dem Beschuss von Städten getötet worden.
Das Assad-Regime hatte am Mittwoch in einem Schreiben an Annan angekündigt, alle Kampfhandlungen fristgerecht einstellen zu wollen. Allerdings behalte man sich das Recht vor, auf mögliche Angriffe "terroristischer Gruppen angemessen zu reagieren". Auch die oppositionelle Freie Syrische Armee wollte sich an die Waffenruhe halten. Seine vor allem aus Deserteuren bestehende Truppe fühle sich der Initiative Annans verpflichtet, sagte Oberst Riad al Asaad dem arabischen Nachrichtensender Al Dschasira.
Merkel und Obama skeptisch
Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Barack Obama äußerten sich vor Ablauf der Frist skeptisch zu den Absichten Assads. Wie das Weiße Haus in Washington mitteilte, teilten beide in einem Telefonat die Sorge darüber, dass die Regierung in Damaskus sich bislang nicht an den Friedensplan gehalten habe und stattdessen "weiter mit inakzeptabler Brutalität gegen das eigene Volk vorgegangen" sei.
Die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Susan Rice, sagte, die Ankündigung der syrischen Regierung besitze "wenig bis gar keine Glaubwürdigkeit". Dabei verwies die amtierende Präsidentin des Weltsicherheitsrates ebenfalls auf die "mehrfach gebrochenen Zusagen zur Umsetzung des Friedensplans".
Russland: Nun Opposition in der Pflicht
Das Einlenken der syrischen Regierung erfolgte nach massivem internationalen Druck. Russland und China hatten zuletzt wiederholt an Assad appelliert und einen sofortigen und vollständigen Rückzug aller Truppen und eine umfassende Waffenruhe gefordert.
Russland sieht nun vor allem die Gegner Assads in der Pflicht, ihren Teil des Friedensplans zu erfüllen. "Nun liegt die Angelegenheit bei der bewaffneten Opposition. So sind die Bedingungen des Plans von Annan", teilte Vizeaußenminister Gennadi Gatilow nach Angaben der Agentur Interfax mit.
In Washington ist die Lage in Syrien auch Thema beim Treffen der Außenminister aus den G8-Staaten. Die sieben großen Industrienationen und Russland (G8) wollen sich bei der zweitägigen Konferenz um eine friedliche Lösung des Konflikts bemühen.