Im Automobilsektor ist die Brennstoffzelle kein großes Thema mehr – anders sieht es im Nutzlastverkehr aus. Auf der Nutzfahrzeug-Messe IAA Transportation in Hannover zeigen diverse Hersteller aktuell neue Fahrzeuge mit alternativem Antrieb. Der koreanische Autobauer Hyundai und der Hersteller Iveco haben am Montag einen Prototypen seines ersten Transporters mit Wasserstoff-Brennstoffzellentechnik, den Iveco eDaily FCEV, mit einer Nutzlast von drei Tonnen vorgestellt.
Das Fahrzeug ist mit einem 90-kW-Wasserstoff-Brennstoffzellensystem und einem 140-kW-Elektromotor ausgestattet. Sechs Tanks fassen laut Hersteller eine Speicherkapazität von 12 Kilogramm Wasserstoff und sind in innerhalb von 15 Minuten vollgetankt. So soll der Transporter eine maximale Reichweite von 350 Kilometern schaffen, was sich bei einem Testlauf in Europa bestätigt habe. Die Technik habe in der Schweiz über 4,5 Millionen Kilometer in schweren Lastwagen zurückgelegt.
Hyundai und Iveco stellen Transporter als "ideale Option für Lieferungen" vor
Der Wasserstoff-Transporter sei die "ideale Option für Lieferungen" über große Strecken und hoher Nutzlast, heißt es in einer Pressemitteilung. Das neue Modell soll "das künftige Potenzial von Ivecos meistverkauften und am längsten in Produktion befindlichen Großtransporter repräsentieren". Dessen Produktpalette umfasst neben herkömmlichen Modellen auch Methan-/Biomethan-Antriebe sowie Elektro-Antriebe. Zusätzlich zum Wasserstoff-Transporter haben die beiden Unternehmen auf der IAA Transportation mit dem eDaily BEV ebenfalls einen Transporter mit Elektroantrieb vorgestellt, welcher am besten für den regionalen Einsatz geeignet sei.
Marco Liccardo, Chief Technology und Digital Officer bei der Iveco Group sprach von einem "bedeutenden Meilenstein" und kündigte an, bis Ende nächsten Jahres eine kleine Serie von Wasserstoff-Transportern auf den Markt bringen zu wollen. "[…] Der wasserstoffbetriebene eDaily [ist] ein weiteres konkretes Beispiel dafür, was wir durch Zusammenarbeit erreichen können, um den Übergang zum lokal emissionsfreien Verkehr zu beschleunigen. Die Partnerschaft zwischen den beiden Unternehmen hat sich als sehr erfolgreich erwiesen und wir erwarten in den kommenden Jahren noch weitreichendere Ergebnisse", sagt Martin Zeilinger, Head of Commercial Vehicle Development Tech Unit der Hyundai Motor Company.
Im Jahr 2020 hatte Hyundai mit dem Xcient Fuel Cell seinen ersten Wasserstoff-Lkw auf den Markt gebracht. Vergangenen August gab der koreanische Hersteller die Auslieferung der ersten Fahrzeuge an deutsche Kunden bekannt. Sieben Unternehmen sollten den Wasserstoff-Lkw demnach in deren Fuhrpark aufnehmen.
Im Frühjahr unterzeichneten Hyundai und Iveco ein sogenanntes Memorandum of Understanding. Unter diesem Gesichtspunkt haben die beiden Hersteller "mehrere gemeinsame Arbeitsgruppen für verschiedene technologische Bereiche" gegründet. So wollen beide Unternehmen untersuchen, "wie sie sich bei der Entwicklung von Elektrofahrzeugen und alternativen Antrieben gegenseitig ergänzen können." Daraufhin kündigten sie Anfang Juli die Produktion von Wasserstoff-Bussen an. Die verbaute Brennstoffzellentechnik kommt dabei von Hyundai.
Hersteller entwickeln zunehmend Wasserstoff-Nutzfahrzeuge
Iveco entwickelt auch in Kooperation mit dem US-Hersteller Nikola Motor Lkws mit alternativer Antriebstechnik im gemeinsamen Werk in Ulm. Die beiden Unternehmen hatten im September 2021 ein Memorandum of Understanding unterzeichnet. Nikola-Präsident Michael Lohscheller sprach vor wenigen Tagen mit dem stern über die ambitionierten Pläne des Lkw-Herstellers.
Auch andere Hersteller haben sich die Entwicklung von Nutzfahrzeugen mit Wasserstoff-Brennstoffzellentechnik zur Aufgabe gemacht. Der Automobilzulieferer Bosch teilte vergangene Woche mit, dass er zwei vollelektrische Transporter zu Wasserstoff-Fahrzeugen umgebaut hat. Dazu wurden die Batterien durch die Brennstoffzelle und durch Wasserstoff-Speichertanks ersetzt. Die beiden Fahrzeuge sind in einem Testbetrieb auf der Straße unterwegs. Auf der IAA Transportation zeigt das Unternehmen die Testfahrzeuge.
Opel produziert bereits seit Ende 2021 mit dem Vivaro-e einen kleinen Elektro-Transporter mit Wasserstoff-Brennstoffzellentechnik. Der Kastenwagen kommt auf über 400 Kilometer Reichweite. Auch Peugeot sowie Citroen, die – ebenfalls wie Opel – beide zu Stellantis gehören, nutzen mit dem e-Expert bzw. dem e-Jumpy die gleiche Technik. Die Brennstoffzellen baut der Konzern in Kooperation mit dem Reifenhersteller Michelin und dem Zulieferer Faurecia. Auch Renault beabsichtigt, im kommenden Jahr mit dem Master ebenso einen Kastenwagen mit Wasserstoff-Brennstoffzellentechnik auf den Markt zu bringen.
Beim Fahrzeughersteller MAN ist man hingegen noch zurückhaltender, was die Serienproduktion von Brennstoffzellen-Lkws in großen Stückzahlen angeht. Alexander Vlaskamp, Chef des Unternehmens teilte mit, dass man sich zunächst auf die Produktion elektrische Lastwagen konzentrieren werde.
Hyundai stellt neuen Ioniq 6 vor: Eine Elektro-Limousine mit sportlichem Charakter und hoher Reichweite

Quellen: Iveco, Hyundai, Bosch, Handelsblatt, mit Material der dpa