Das Maut-Fiasko Warum einfach, wenn es auch unmöglich geht?

Unser Verkehrsminister ist ein politischer Selbstmordattentäter: Wegen eines Minibetrages legt er sein Ministerium lahm und reizt die EU bis aufs Blut. Macht endlich Schluss mit dieser Farce!

Kein Mensch außer Horst Seehofer weiß, warum wir die Pkw-Maut brauchen. Geschätzte Mehreinnahmen von 600 Millionen Euro sanieren nicht das deutsche Straßennetz, zumal Verwaltungskosten noch abzuziehen wären. Schätzungen sprechen davon, dass als Nettoertrag nur 250 Millionen übrigbleiben werden. Mögliche Pannen und der sichere juristische Ärger kommen noch hinzu. Das heißt: maximaler Ärger und minimale Einnahmen. Der CSU ist das egal. Alexander Dobrindts Amtsvorgänger im Verkehrsministerium, Peter Ramsauer, wurde von Gigalinern, Mautdiskussion und Knöllchenreform langsam zerschlissen, sein Nachfolger gibt Gas - und demontiert sich damit sehr viel schneller.

Als Dobrindt noch CSU-Generalsekretär war, lief es wie am Schnürchen: 2013, bei der Landtagswahl in Bayern, eroberte seine Partei die absolute Mehrheit zurück. Was war das für ein Hallo! Ein Schulterklopfen! Und ein Biertrinken! Dobrindt, der beim Wahlkampf Regie geführt hatte, stieg auf in die Riege von Horst Seehofers Prinzengarde. Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef versprach Dobrindt - und nur Dobrindt, sonst niemandem - zur Belohnung öffentlich einen Ministerposten.

Minister mit Selbstzerstörungsanlage

So kam es. Allerdings wirkt Dobrindt seither, als hätte ihn Seehofer mit dem Auftrag, eine Ausländer-Maut einzuführen, zum politischen Selbstmordattentäter gemacht. Jeder Gedanke, jede Idee, jedes Konzept, das sein Ministerium verlässt, wird augenblicklich von Experten in der Luft zerrissen. Die Opposition hält die Maut ohnehin für Quatsch, die SPD sagt jedem, der es hören will, dass nur die CSU eine Maut will. Die CDU kann dem Projekt eigentlich auch nichts abgewinnen. Vor allem die mächtige CDU-Landesgruppe Nordrhein-Westfalen stellt sich quer, weil sie fürchtet, dass in ihrem Heimatland Tausende von Geschäftsinhabern und Tankstellenbesitzern im Grenzgebiet zu Belgien und den Niederlanden ein Problem haben werden, sobald die Maut kommt - weil der kleine Grenzverkehr dann mutmaßlich drastisch abnimmt. Dass die EU schon gleich gar nichts von den Maut-Plänen hält, ist bekannt.

Zu dumm, um die EU auszutricksen

Dabei hätte alles so einfach sein können: Im EU-Land Österreich gibt es eine Maut, die kostet kaum Gebühren und ist konform mit dem EU-Recht. Warum die CSU das simple Modell des Nachbarn nicht kopiert, bleibt das bestgehütete Geheimnis der CSU.

Dobrindt hätte ein Deutschland Pickerl einführen können. Und parallel dazu hätte der Minister sogar die Kfz-Steuer absenken können. Aber so wie gedacht, wird das Vorhaben zur Farce: Wenn die Kfz-Steuer für jeden Autofahrer just so neu berechnet wird, bis exakt sein Mautbetrag wieder rauskommt, dann stinkt es nach Umgehung der EU-Normen. Das sieht jeder Laie, nur Herr Dobrindt nicht.

Und das kommt nicht von ungefähr: In provinzieller Selbstüberschätzung sind die Vorgaben der EU den CSU-Granden schlicht wurscht. Es geht nur darum, wie man die Eurokraten austricksen kann. Am CSU-Stammtisch mit Schulterklopfen hört sich das nach einem tollen Plan an. Nur: Wer Brüssel aufs Kreuz legen will, muss auch was drauf haben. Internationale Konzerne mit Steuersumme Null bekommen das hin, die Regionalpartei aus Bayern aber nicht.

Tja, was tun, Herr Dobrindt? Die Maut scheint juristisch nicht zu lösen - und politisch auch nicht. Eigentlich sollte Dobrindt den Sprengstoffgürtel ausziehen und das Projekt für gescheitert erklären. Und auf den politischen Selbstmord verzichten. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.