Was Unfälle im Straßenverkehr angeht, versteht die Europäische Union verständlicherweise keinen Spaß. Bereits 2018 hat sich die EU zum Ziel gesetzt, die Anzahl der Straßenverkehrstoten und der Schwerverletzten bis 2030 zu halbieren. Erste Erfolge auf dem Weg dahin sind erkennbar: Die Zahl der Verkehrstoten ist seit der Jahrtausendwende in Europa rückläufig. Bis 2050 soll es dann gar keine tödlichen Verkehrsunfälle mehr geben. Ein lohnendes Ziel, das allerdings nicht nur mit schönen Worten zu erreichen ist, sondern eine Weiterentwicklung der Technik bedarf. Um genau zu sein, der Assistenzsysteme, die eingreifen, sobald sich Mensch und Maschine in eine brenzlige Situation begeben.
Unnachgiebige Helfer

Um die Systeme in die Autos zu bringen, hat die EU in der „Verordnung Nr. 2019/2144 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge im Hinblick auf ihre allgemeine Sicherheit und den Schutz der Fahrzeuginsassen und von ungeschützten Verkehrsteilnehmern“ definiert, welche Assistenzsysteme sich ab dem 7. Juli 2024 in jedem neu zugelassenen Pkw und leichten Nutzfahrzeuge befinden müssen. Dazu kommt, dass man ohne elektrische Helfer keine Höchstwertung beim prestigeträchtigen NCAP-Test erreichen kann. Für die Autobauer sind diese Vorrichtungen Teil des Weges hin zum autonomen Fahren. Wenn man sich die Liste anschaut, sind einige der aufgeführten Assistenzsysteme bereits in den meisten Neufahrzeugen verbaut.
Intelligent Speed Assistance (ISA) / Geschwindigkeitswarner Sobald man zu schnell fährt, meldet sich das Auto und weist den Piloten mit einer akustischen oder optischen Warnung (im Kombidisplay) auf diesen Umstand hin. Das Auto bremst nicht ab oder reduziert die Leistung. Der Fahrer ist nach wie vor verantwortlich, wie weit er das Gaspedal durchdrückt. Allerdings sind für ein reibungsloses Funktionieren dieser durchaus sinnvollen Einrichtung aktuelles Kartenmaterial und eine möglichst fehlerfreie Verkehrsschildererkennung notwendig. Gerade letztere funktioniert nicht immer einwandfrei. Unfalldatenspeicher „Na vielen Dank auch“, wird sich jetzt der eine oder andere denken. „Eine Blackbox, die ständig meine Daten speichert, möchte ich nicht im Auto haben.“ Allerdings holt man sich bei diesem Aufzeichnungsgerät keinen Big Brother in den Wagen, da die Daten nach wenigen Sekunden wieder überschrieben werden. Lediglich im Falle eines Unfalls verbleiben die Aufzeichnungen im Speicher. Deswegen wird dieses System auch als "ereignisbezogene Datenaufzeichnung (Black-Box)" bezeichnet. Folgende Daten werden unter anderem gesammelt: Position Bremsen Geschwindigkeit Neigung Aufzeichnungen aus dem eCall-System. Notbremsassistent Wie der Name schon verdeutlicht, bremst das System selbstständig, sobald eine Kollision droht. Die dafür notwendige Hardware in vielen Autos bereits verbaut und kommt bei adaptiven Tempomaten zum Einsatz, bei denen das Fahrzeug je nach Verkehrssituation automatisch bremst und beschleunigt. Notfall-Spurhalteassistent Ähnlich wie beim zuvor genannten Notbremsassistenten greift der Spurhalte-Assistent aktiv mit einer automatischen Lenkbewegung (nicht nur mit Warnungen per vibrierendem Lenkrad) ein, sobald das Vehikel Gefahr läuft, die Fahrspur zu verlassen. Auch dieses System ist schon bei vielen vor allem höherpreisigen Neuwagen verbaut. Allerdings ist das kein Freifahrtschein, da die Kameras und Sensoren nicht immer funktionieren, etwa bei schlechten Straßenmarkierungen. Das meldet dann das System per Display. Bei jedem Anlassen des Autos ist das System wieder scharf. Müdigkeits- und Aufmerksamkeitswarner Der Mensch ist keine Maschine. Das ist nichts Neues. Je länger man Auto fährt, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass man ermattet. Das System überwacht zum Beispiel die Lenkbewegungen. Werden diese ruckartiger, geht der Algorithmus von einer nachlassenden Aufmerksamkeit aus. Dann schreitet der Müdigkeits- und Aufmerksamkeitswarner ein und weist den Piloten darauf hin, eine Pause einzulegen. Bei einigen modernen Autos überwacht auch eine Kamera das Gesicht des Fahrers, ermahnt ihn mit Sätzen wie „bleiben Sie konzentriert“, sobald er häufiger blinzelt und die Augen zu lange geschlossen bleiben. Notbremslicht Ähnliches wie für den Notbremsassistenten gilt für das Notbremslicht. Manchen dürfte schon aufgefallen sein, dass beim Vordermann die Bremslichter ähnlich wie bei einer Alarmblinkanlage anfangen für flackern und so den nachfolgenden Verkehr vor einer starken Geschwindigkeitsreduzierung warnen. Diese sinnvolle Einrichtung hat schon einige Auffahrunfälle verhindert. Vorrichtung zum Einbau einer alkoholempfindlichen Wegfahrsperre Nach dem Willen der EU müssen alle Neuwagen lediglich über eine standardisierte Schnittstelle haben, die das Nachrüsten einer alkoholempfindlichen Wegfahrsperre ermöglicht. Also ist eine solche Vorrichtung, die Hersteller wie Volvo schon seit Längerem unter der Bezeichnung „Alcoguard“ keine Pflicht. Rückfahrassistent Wie der Name schon sagt, hilft Rückfahrassistent dem Fahrer beim Rangieren, um eine Kollision zu vermeiden. Das geschieht bei modernen Autos häufig im Zusammenspiel mit einer Kamera und Ultraschallsensoren. Reifendrucküberwachung Ein platter Reifen kann bei hoher Geschwindigkeit fatale Auswirkungen haben. Deswegen überwachen Sensoren den Reifendruck aller vier Pneus kontinuierlich und melden auch geringe Abweichungen sofort. Das ist vor allem bei sogenannten Runflat-Reifen wichtig, da der Fahrer ohne die Technik den Druckabfall zu spät bemerken würde oder der Reifen ihm bereits um die Ohren fliegt. Auch dieses System ist schon seit einiger Zeit in den Pkws verbaut.