Erst vor wenigen Tagen stellte Apple ein neues iPad und einen eigenen Siri-Sprachlautsprecher vor. In seinem Geheimlabor arbeitet der Konzern aber längst am next big thing - und das könnte im wahrsten Sinne des Wortes groß ausfallen. In der Techbranche ist es ein offenes Geheimnis, dass Apple an einem selbstfahrenden Auto arbeitet. Wie auch Google und Tesla will der iPhone-Hersteller die Mobilität neu erfinden. Bislang waren das aber nur Gerüchte, der Konzern schwieg zu entsprechenden Berichten beharrlich.
Bis jetzt.
Apple-Chef Tim Cook hat sich nun erstmals zu dem brisanten Thema in einem Interview mit Bloomberg Television geäußert, und das ungewohnt offen. "Wir konzentrieren uns auf autonome Systeme", erklärte der 56-jährige Apple-Chef. "Es ist eine Kerntechnologie, die wir für sehr wichtig halten." Die Künstliche Intelligenz (KI) von selbstfahrenden Autos ist extrem komplex, viele Technologien müssten erst erfunden oder verbessert werden. Dazu sagt Cook: "In gewisser Weise sehen wir es als die Mutter aller KI-Projekte. Es ist vermutlich eines der schwierigsten KI-Projekte, an denen man momentan arbeiten kann."
Konkurrenz von Google und BMW
Autonome Autos gelten als das große Zukunftsgeschäft. Experten von McKinsey schätzen das Marktvolumen auf 6,7 Billionen US-Dollar bis Jahr 2030. Viele Unternehmen betreiben enormen Aufwand, um in dem Markt Fuß zu fassen: Google-Mutter Alphabet pflegt Partnerschaften mit Fiat Chrysler, traditionelle Autobauer - egal ob BMW oder General Motors - haben im Silicon Valley Büros eröffnet und Hunderte Millionen Dollar in Fahrzeug-Start-ups gepumpt.
Der Apple-Chef beteuerte, dass das Auto-Business vor einem drastischen Umbruch stehe. "Der Wandel läuft aus drei Richtungen zur selben Zeit." Gemeint sind damit die Bereiche autonomes Fahren, Elektroantriebe und Carsharing. Im letzteren Bereich sorgte Apple im vergangenen mit der Investition von einer Milliarde Dollar in den chinesischen Fahrdienstvermittler Didi Chuxing für Schlagzeilen. Zu Elektroautos sagte Cook: "Es ist eine fantastische Erfahrung, wenn man nicht ständig an der nächsten Tankstelle halten muss." Dafür müsste die Akkutechnologie aber deutlich verbessert werden, derzeit sind etwa 400 Kilometer machbar - und das auch nur in Spitzenmodellen.
Jüngsten Berichten zufolge konzentriert sich der Konzern nicht auf das Auto an sich, sondern auf die dem Fahrzeug zugrunde liegende Technik. Das Apple-Projekt hört auf den mythischen wie verheißungsvollen Namen "Titan", mehr als 1000 Mitarbeiter sind laut "Bloomberg" beteiligt. Ob Apple am Ende ein eigenes Fahrzeug bauen wird, ließ Cook offen: "Wir werden sehen, wohin es uns verschlägt."
Bob Mansfield soll das Apple-Auto voranbringen
Die Entwicklung des Apple-Autos kam immer wieder ins Stocken. Nach einigen Querelen und immer wieder verschobenen Terminen holte sich Cook im vergangenen Jahr prominente Schützenhilfe - und zwar aus den eigenen Reihen: Bob Mansfield wurde aus dem Quasi-Ruhestand zurückbeordert und mit der Leitung der Auto-Entwicklung betraut.
Der ehemalige Ingenieur, Jobs-Vertraute und Vizepräsident für Apples Technologie-Sparte ist in der Branche kein Unbekannter. Mansfield kam 1999 zu Apple und betreute zahlreiche Großprojekte wie die Entwicklung des Macbook Air, der Apple-Prozessoren oder diverser iMacs. Er gilt als Mann, der keine Angst vor komplexen Projekten hat und sich bei seinen Entscheidungen vor allem auf Zahlen verlässt.
Seitdem ging es wieder voran. Im Frühjahr 2017 bekam Apple die Erlaubnis zum Test selbstfahrender Autos für den US-Bundesstaat Kalifornien. Kurz darauf wurde ein umgebauter Lexus-SUV des Konzerns auf der Straße fotografiert. Wie fortgeschritten die Entwicklung ist und ob Apple beim Auto noch einmal Maßstäbe setzen kann wie beim iPhone, wird sich zeigen.