Die EU hat der alten Glühbirne den Kampf angesagt. Die altbekannte Funzel wurde verboten, weil sie viel Wärme und wenig Licht produziert. Diese Entscheidung regte die Konsumenten mehr als andere Regularien aus Brüssel auf.
Auch ich gehörte zu denjenigen, die grummelten und sich große Hamstervorräte der althergebrachten Birne zulegten. Nebenbei bemerkt: vollkommen umsonst. Auch Jahre nach dem Erlass aus Brüssel gibt es als sogenannte Restposten oder als Baustellenlampe die gebannten Birnen immer noch. Aktuelles Angebot bei Ebay: 100 Birnen, 100 Watt, E27 Fassung für 50 Euro. Bei Amazon oder im Baumarkt findet sich das gleiche Bild. Omas Birne ist also immer noch nicht tot. Doch Birnennostalgiker bedrohen die Energiesparziele der EU weniger als Technikfreaks, die die allerneueste Beleuchtungstechnik einsetzen.
Indirektes Licht
Das Stichwort lautet LED. Moment mal? Ist das nicht die Technik, die ganz viel Licht mit ganz wenig Energie liefern kann? Ja, aber sie kann auch noch viel mehr. Nämlich für stimmungsvolles indirektes und gezieltes Licht sorgen. Meine jüngste Errungenschaft: LED-Streifen für indirekte Beleuchtung. Das Lichtband wird in einer speziellen Zierleiste um einen Raum herum verlegt und strahlt ein schönes Licht nach oben ab. Bei 20 Metern Länge des Lichtbandes sind das satte 100 Watt, die für die stimmungsvolle Beleuchtung sorgen.
Zum Lesen müsste man allerdings eine weitere Lampe anschalten, so hell ist das Band nun doch nicht. Der ganze Spaß wird per Fernbedienung gesteuert: Steuerung und Trafo ziehen – anders als Omas Glühlampe – immer ein wenig Strom, das aber 24 Stunden und 365 Tage im Jahr. Wollte ich auf diese Weise noch Flur, Küche und Wohnzimmer illuminieren, würde ich locker einen Verbrauch von 500 Watt erreichen – nur für ein lichtes Grundrauschen in den Räumen. Weitere LED-Spots müssen noch für Beleuchtungsakzente sorgen. Im Vergleich zu Omas Kerzen-Kronleuchter hätte ich dann das Kunststück geschafft, mit mehr Energie weniger Helligkeit zu erzeugen. Dafür hätte ich aber deutlich mehr Atmosphäre.
Nostalgielicht
Doch um Helligkeit allein geht es in der Lichttechnik schon lange nicht mehr – Straßenbeleuchtung einmal ausgenommen. Es geht um Stimmungen oder neudeutsch Moods. Und schöne Stimmungen kosten schön viel Strom. Die alten Energiesparlampen lieferten immer ein unangenehmes, kühles Licht. Kein Wunder, es waren ja auch nur Neonröhren in Kugelform. Moderne Halogen- und LED-Lampen haben dieses Manko überwunden. Und noch mehr. Der letzte Schrei ist Retro-Licht. Die hochmoderne LED erzeugt ein warmes, fast waberndes Licht – so wie es Edison mit seiner Kohlenfadenlampe schuf. Problem dabei: Die Technikwunder sind auch nicht effizienter. Zwei 30 Zentimeter lange Lichtkolben sorgen in meinem häuslichen Arbeitszimmer in einem rustikalen Eisenkäfig für kuschelige Steam-Punk-Atmosphäre, aber ich muss zugeben: Trotz 80 Watt Verbrauch wird es nicht heller als bei Kerzenschein.
Ambientlight
Richtig würde der Stromzähler erst rotieren, wenn ich die Beleuchtung auf Fernsteuerung umstellen würde. Ein- und Ausschalten der Lampen per App wäre der Einstieg. Ausgeklügelte Abstimmungen und Veränderungen der Lichtfarben für verschiedene Stimmungen wären dann High-End. Der Nachteil von Licht 4.0: Jede Funzel im Haus wäre ununterbrochen online. Ein echtes Abschalten gäbe es nicht, der Wifi-Controller wäre immer in Betrieb, die Lampen allesamt im Stand-by-Modus. Bei einer Nachrüstlösung, an die man herkömmliche Lampen anschließen kann, liegt die permanente Stromaufnahme des Controllers bei 5 Watt.
Will man nicht nur ein oder zwei Lichtquellen an- und abschalten, sondern die hochmodernen Lichtstimmungen mit indirekter Beleuchtung auch unter dem Bett realisieren, muss man in einer kleinen Wohnung mit 20 Empfängern rechnen – bei uns werden es wohl 50 sein. Macht 100 bis 250 Watt im Stand-by-Betrieb. Ich gebe zu: Davor schrecke selbst ich noch zurück.
Stand-by frisst die EU-Ziele auf
Dieser Trend ist mehr als nur eine private Beobachtung. Der Stromverbrauch privater Haushalte sinkt nicht. Trotz steigender Strompreise und sinkender Haushaltsgrößen steigt er eher an. Grund ist genau dieser Stand-by-Betrieb: Die EU ließ die Stand-by-Verluste in 1300 Haushalten untersuchen. "SELINA" (Stand-by and Off Mode Energy Losses in New Appliances Measured in Shops) lief zwischen 2008 und 2010 und das zeigte, dass der durchschnittliche Haushalt schon damals jährlich allein 169 kWh Strom für Stand-by verbrauchte. Das waren 6,3 Prozent des Gesamtstromkonsums. In Deutschland sollen die Stand-by-Verluste laut der Deutschen Energie-Agentur sogar elf Prozent des Stromverbrauchs ausmachen. Und das war noch vor der Zeit, als jede Lampe und jeder Kühlschrank online sein wollte.
Was also tun? Zurück zu einer LED-Birne an der Decke will ich nicht, den Energieverbrauch er schönen Lichterwelt finde ich ärgerlich. Aber ich fürchte, früher oder später werden all die schönen Spielereien bei uns Einzug halten.