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Elektrizität Geplatzte Rohre, leere Supermärkte: Ausfälle in Texas zeigen, wie abhängig wir vom Strom sind

Elektrizität: Nach einem Kälteeinbruch kam in Texas der Stromausfall - und sorgt immer noch für leere Supermarktregale
Nach einem Kälteeinbruch kam in Texas der Stromausfall - und sorgt immer noch für leere Supermarktregale
© Sandy Carson/ / Picture Alliance
Kein Strom – das bedeutet für die meisten Deutschen kein Netflix und dunkle Räume. Dass die Folgen viel schlimmer sein können, zeigt die aktuelle Lage in Texas.

Fliegt mal eine Sicherung raus oder kommt es gar zu einem teilweisen Stromausfall, ist das in unserer hochtechnologisierten Welt schon ein Schreckensmoment. In Texas löste ein besonders harschen Wintereinbruch aber einen Stromausfall aus, der nicht nur einige Minuten oder Stunden sondern mehrere Tage anhält. Und die Menschen an ihre Grenzen bringt.

Denn das, was wir in der Regel zuerst mit Strom verbinden, ist eigentlich Luxus. Lampen lassen sich mit Kerzen ersetzen, fällt der Fernseher aus, müssen eben Bücher oder Brettspiele die Zeit vertreiben. Doch der Stromausbruch in Texas hält teilweise schon seit Montag an. Während langsam die Vorräte und das Trinkwasser ausgehen.

Lebensmittel und Wasser werden knapp

"Die Schlangen gingen um den Laden, als wir ankamen", berichtet Cristal Porter aus Austin dem "Texas Tribune". "Kartoffeln, Fleisch, Eier und einige Milchprodukte waren komplett ausverkauft." Das war am Montag, als der Strom gerade erst ausgefallen war. Am Mittwoch war die Lebensmittelabteilung bereits komplett leergefegt, erzählt ihre Nachbarin. Und Nachschub ist nicht in Sicht.

Die großflächigen Stromausfälle, die zeitweise mehr als drei Millionen Menschen betrafen, stellen den sonst auf seine Eigenständigkeit stolzen US-Bundesstaat Texas vor lebensbedrohliche Probleme. Während die Menschen ihre letzten Vorräte aus dem abgeschalteten Kühlschrank nehmen und in der Kälte außerhalb des Hauses vor dem Verderben zu bewahren versuchen, bleibt der Nachschub aus. Die wenigen Läden, die dank Stromversorgung überhaupt öffnen können, sind leergekauft. Auch die Essensausgabe-Stellen, die sich mit ablaufenden Produkten aus den Läden versorgen, können nicht helfen.

Auch das Wasser wird teilweise knapp. Das ist ausgerechnet eine Folge eines anderen Problems: Weil durch den Stromausfall kein Warmwasser verfügbar war, brachte das frierende Wasser reihenweise die Rohre in Häusern zum Platzen. Die Regierung empfahl daher, das Wasser laufen zu lassen. Und steht nun vor nahezu leeren Reservoirs. "Der Wasserdruck ist sehr niedrig. Bitte lassen Sie nicht das Wasser laufen", warnte der Bürgermeister von Houston, Sylvester Turner, per Twitter. "Drehen Sie das Wasser ab, falls Rohre platzen sollten." Doch der Druck ist nicht alles: Weil die Wassermenge zu gering ist, sammeln sich auch Verschmutzungen darin - und es ist nicht mehr als Trinkwasser geeignet, warnen einige Städte. Die Folgen der Wassernot ist größer als die des Stromausfalls: Fast 12 Millionen Texaner sollen in Gefahr sein, zu wenig oder kein Trinkwasser zu erhalten.

Risse in der Gesellschaft

Bei der Katastrophe kommen auch die sozialen Unterschiede wieder zum Vorschein. Während sich besser betuchte Betroffene in Hotels in nicht betroffenen Gegenden retten, sitzen ärmere Bevölkerungsschichten in ihren schlechter isolierten Häusern und frieren, berichtet der "Texas Tribune". Weil die ärmeren Gegenden auch bei der Infrastruktur schlechter versorgt werden, sind sie zudem besonders oft durch die Ausfälle betroffen. "Unser Haus ist in keinem guten Zustand, es ist ein alten Haus", klagt Marleny Almendarez. In der Nacht sei es so kalt geworden, dass ihr Papagei im Wohnzimmer erfroren sein.

"Wenn nicht in die gesamte Gemeinschaft gleichermaßen investiert wird, brechen die Unterschiede in Situationen wie diesen besonders hervor"; klagt die Direktorin des Latino Healthcare Forums, Jill Ramirez dem "Tribune". Auch in Gefängnissen und Studentenwohnheimen soll die Situation besonders chaotisch sein.

Kaputtgespart

Dass es in einem reichen Staat wie den USA überhaupt soweit kommt, ist eine Folge eines kaputtgesparten Stromsystems. Viele der Stromgeneratoren waren nicht darauf ausgelegt, in extremer Kälte zu funktionieren, erklärt ein Experte bei "Science Alert". Das sei auch eine Folge des hartem Wettbewerbs auf dem Strommarkt: Weil die Winter selten so kalt sind, sei es für die Anbieter schlicht ein Kostennachteil, für die Kälte vorzusorgen. Kommt es dann wie in den letzten Wochen zu strenger Kälte, bricht das System zusammen: Weil die Generatoren einer nach dem anderen ausfielen, während gleichzeitig die Menschen immer mehr Strom für das Heizen benötigten, kam das Netz an seine Belastungsgrenze.

Ohne eine schnelle Reaktion der Strom-Betreiber hätte es aber wohl noch schlimmer kommen können. Man sei "Sekunden bis Minuten" von einer Katastrophe entfernt gewesen, erklärte Bill Magness, der Präsident des lokalen Stromgroßanbieters Ercot. Wären bei der steigenden Nachfrage nach Strom nur wenige weitere Generatoren ausgefallen, wären die übrigen unter der zu hohen Last reihenweise durchgebrannt. "Wir mussten sofort handeln", erklärt Magness. Hätte man nicht bewusst abgeschaltet, hätten die Schäden monatelange Folgen Ausfälle nach sich gezogen. "So chaotisch es gerade ist: Das ganze Netz hätte zusammenbrechen können."

Seit Donnerstag Abend befindet sich Texas langsam auf dem Weg der Besserung. Obwohl immer noch Hunderttausende Haushalte vom Strom abgeschnitten sind und in den für wärmeres Klima ausgelegten Häusern ausharren müssen, ist der Großteil der Betroffenen wieder versorgt. Auch der Wasserdruck steige langsam wieder, informierte Bürgermeister Turner am Freitag.

Dringend nötiger Wandel

Die Folgen dürften Texas aber noch eine Weile beschäftigen. Nicht nur, weil durch die Kälte und den Wasserausfall eine ganze Ernte an Obst und Gemüse abgestorben ist. Um einen weiteren Ausfall dieser Art vermeiden zu können, wird das Netz überarbeitet und Anreize zu besseren Investitionen geschaffen werden müssen. Auch in Möglichkeiten, größere Strommengen für den Notfall bereit halten zu können. 

Und auch politisch dürfte der Ausfall Folgen haben. Während sein bei der Wahl im November gescheiterter Herausforderer Beto O'Rourke Texas als "gescheiterten Staat" bezeichnete und eigenhändig anpackte, um den Bürgern zu helfen, brachte der Senator von Texas, der Trump-Verbündete Ted Cruz, seine Wähler gegen sich auf: Er machte mitten in der Katastrophe lieber Kurzurlaub in Mexiko.

Quellen:Texas TribuneScience AlertWashington Post, NBC 

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