Vielen Kindern und Jugendlichen in Deutschland geht es gut – insbesondere im Vergleich zu anderen Ländern. Und trotzdem ist hier nicht alles rosig. "In der zweiten Hälfte der Legislaturperiode müssen sich Umfang und Tempo ihrer Bemühungen für Kinder steigern", sagt der Vorsitzende von Unicef-Deutschland, Georg Graf Waldersee. Laut einem aktuellen Bericht der Organisation verlieren immer mehr Kinder in der Bundesrepublik den gesellschaftlichen Anschluss. Mehr als 1,3 Millionen Kinder sind von Armut bedroht. Graf Waldsee fordert deshalb vor allem mehr Investitionen in die Schulen. "Denn dort werden die Weichen für die Zukunft unserer Kinder gestellt."
In einer Studie der Robert Bosch Stiftung gab jede dritte Lehrkraft an, dass sich Kinder und Jugendliche häufiger um die finanzielle Situation ihrer Familie sorgen als bislang. In sozial benachteiligten Lagen ist es fast jeder Zweite. Zudem nehmen Lehrkräfte häufiger wahr, dass Schulmaterial bei den Kindern fehlt. 30 Prozent der Schülerinnen und Schüler kommen sogar ohne Frühstück in die Schule – häufiger als früher. Ein Viertel der Lehrkräfte berichtet, ihre Schüler nähmen seltener an mehrtägigen Klassenfahrten teil. Und 16 Prozent stellen häufiger als im vergangenen Jahr fest, dass ihre Schüler das Essensgeld gar nicht oder zu spät bezahlen können.
"Arme Kinder werden oft zu armen Erwachsenen"
"Armut ist für Betroffene äußerst schambehaftet", sagt Dagmar Wolf, die den Bereich Bildung bei der Stiftung leitet. "Arme Kinder werden zu oft zu armen Erwachsenen. Dieser Kreislauf muss durchbrochen werden." Wenn das Geld fehlt, können Kinder und Jugendliche selten am sozialen und kulturellen Leben teilnehmen. Das wirkt sich negativ auf die psychosoziale Gesundheit aus.
Armut gilt als relativ und lässt sich nicht nur am Geld messen. In Deutschland verwenden Wissenschaftler deshalb den Begriff "Armutsgefährdet". Wenn jemand weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung hat, gilt er als "armutsgefährdet". Das gilt auch für Kinder und Jugendliche aus solchen Haushalten. Die Schwelle lag laut Statistischem Bundesamt im vergangenen Jahr für eine alleinlebende Person bei etwa 1250 Euro netto im Monat.
Quellen:
Kinder und Geburten: Statistisches Bundesamt
Kosten Kinder: Statistisches Bundesamt, Commerzbank
Kinderarmut in Deutschland: Statistisches Bundesamt, Bundesfamilienministerium, Kinderreport Deutschland 2023
Scheidungskinder: Statista, Studie Bertelsmann-Stiftung, Statistisches Bundesamt
Kinderspielplätze: Deutsches Kinderhilfswerk, Studie Aktion Mensch, Innside Statistics, Forschungsinstitut für Inklusion durch Bewegung und Sport (FIBS)
Lieblingssendungen von Kindern: Umfrage Trend Trekking Kids, AOK-Familienstudie, AGF-Studie Generation Z
Freizeitbeschäftigung: KIM-Studie 2022
Übergewicht bei Kindern: Gesundheitsmonitoring RKI, Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e. V.
Einzelkinder und Geschwister: Statistisches Bundesamt
mit Material von DPA
Hinweis: In einer früheren Version hieß es: "Bei den Sieben- bis Zehnjährigen wiegen knapp fünf Prozent der Mädchen und fast sieben Prozent der Jungen zu viel. Bei den Teenagern steigt der Wert noch einmal: Sieben Prozent der Mädchen und knapp neun Prozent der Jungen sind übergewichtig." Diese Zahl bezog sich auf Kinder mit Adipositas und nicht auf Übergewicht. Die Zahlen wurden entsprechend korrigiert.