Allerdings ist in beiden Bundesländern noch unklar, ob es sich um die hoch ansteckende oder die niedrig ansteckende Variante des Erregers handelt. Dies wird den Angaben zufolge erst in ein paar Tagen feststehen. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt warnte vor Panikmache. In Schleswig-Holstein wurde der Erreger bei zwei Wildenten in Ostholstein entdeckt, von denen eine am Mittwoch im Kurpark von Timmendorfer Strand gefunden worden war, die andere am Dienstag im Marinestützpunkt Neustadt.
Diagnostiziert wurde der Erreger dann am Donnerstagabend. Fundort der toten Tafelente in Baden-Württemberg war nach Angaben des dortigen Stuttgarter Landwirtschaftsministers Peter Hauk die Uferpromenade in Überlingen. In Schleswig-Holstein kündigten die Behörden nach der Entdeckung der beiden infizierten Wildenten die Einrichtung von Sperrzonen um die Fundorte bei Neustadt und Timmendorf an der Ostsee an. Diese sollen mit einem Radius von drei Kilometern um die Fundorte gezogen werden, im Umkreis von zehn Kilometern sollen zudem Beobachtungsgebiete eingerichtet werden. Das Beobachtungsgebiet um den Fundort Timmendorfer Strand werde auch das Stadtgebiet Lübecks berühren, hieß es. Auch in Baden-Württemberg sollte ein Sperrgebiet um den Fundort des Tieres eingerichtet werden.
Neuer Fall auch in Mecklenburg-Vorpommern
In Mecklenburg-Vorpommern breitete sich die Vogelgrippe weiter aus: Wie das Friedrich-Loeffler-Institut erklärte, wurde der Erreger auch bei einem Schwan auf dem Festland festgestellt. Der genaue Fundort des Tieres war zunächst nicht bekannt.
Schmidt fordert mehr antivirale Mittel für EU
Bundesgesundheitsministerin Schmidt warnte unterdessen vor Panikmache wegen eines möglichen Übergreifens des Vogelgrippe-Virus auf Menschen. Es sei jetzt wichtig, "dass man die notwendigen Vorsichtsmaßnahmen trifft, ohne die Bevölkerung in Panik zu versetzen, weil es keinen Grund zur Panik gibt", sagte Schmidt bei einem Sondertreffen der EU-Gesundheitsminister am Freitag in Wien. Schmidt sprach sich zugleich dafür aus, auch auf EU-Ebene einen Vorrat antiviraler Medikamente anzulegen.
Die Bundesärztekammer forderte unterdessen bessere regionale Krisenpläne. Der Pandemieplan der Bund-Länder-Arbeitsgruppe liege vor, sagte Hauptgeschäftsführer Christoph Fuchs. Er müsse "aber auch von den einzelnen Bundesländern aufgenommen werden, um eben unter den Bedingungen der jeweiligen Länderstrukturen Anwendung zu finden". Schmidt wies in Wien zudem darauf hin, dass die Vorräte des antiviralen Mittels Tamiflu in Deutschland ausgeweitet worden seien. Auch sei die EU dabei, auf europäischer Ebene einen Prototyp für einen Impfstoff zu entwickeln.
"Lage auf Rügen war ein Sonderfall"
Bundesagrarminister Horst Seehofer (CSU) rechnet nach den Verdachtsfällen in Schleswig-Holstein und am Bodensee mit einer weiteren Ausbreitung der Seuche. Das könne vor allem der Fall sein, wenn die Zugvögel kämen, sagte Sprecherin Ulrike Hinrichs am Freitag in Berlin. Das Ministerium warnte aber vor Panik und geht davon aus, dass die Länder Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein die Situation im Griff haben.
Die Lage auf Rügen, auf der die ersten Vogelgrippe-Fälle in Deutschland aufgetaucht waren, ist aus Sicht des Agrarministeriums nicht mit den jüngsten Fällen vergleichbar. Dort sei die Konzentration von Schwänen sehr hoch gewesen. Das Friedrich-Loeffler-Institut für Tiergesundheit hält die Gefahr einer explosionsartigen Ausbreitung der Seuche auf Rügen nicht mehr für gegeben, wenn allmählich das Eis schmilzt und die Konzentration von Vögeln abnimmt. Allerdings bringe der Vogelzug weitere Risiken.
Virus in einer Putenfarm in Frankreich
Auf einem Hof in Frankreich erhärteten derweil erste Tests den Verdacht auf Vogelgrippe bei verendeten Truthähnen. Es sei ein Virus der H5-Familie nachgewiesen worden, sagte Gesundheitsminister Dominique Busserau am Freitag im französischen Fernsehen. Ob es sich um den besonders gefährlichen Strang H5N1 handele, müsse in weiteren Tests geklärt werden. Sollte sich der Verdacht bestätigen, wäre es der erste Fall von H5N1-Vogelgrippe bei Nutzgeflügel in der Europäischen Union (EU).
80 Prozent der 11.000 Tiere des Hofes im Departement Ain seien bereits verendet. Der Rest werde notgeschlachtet, sagte Busserau. Um den Hof sei gemäß EU-Regeln eine Sperrzone eingerichtet worden.
EU-Gesundheitsminister-Treffen in Wien
In Wien wurden neben den Ressortchefs der 25 EU-Staaten auch die Gesundheitsminister aus Bulgarien, Rumänien, Kroatien, Mazedonien und der Türkei erwartet. Zudem lud die Ratspräsidentin und österreichische Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat Vertreter der Weltgesundheitsorganisation, der UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation, der Organisation für Tiergesundheit und des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten ein.