"Ich dachte, ihr Typen hättet es mittlerweile gelernt." Dieser Satz erklärt perfekt, warum Prinz William so ausflippt. Und er offenbart, wie tief das Trauma seiner Kindheit und Jugend verwurzelt ist.
Die gesamte Herzogfamilie ist an einem Samstag auf Rädern unterwegs. Es heißt, die Aufnahmen seien 2021 in der Nähe ihres Landsitzes Anmer Hall in Norfolk entstanden. Da entdecken William und Kate einen Fotografen. Ein Video, scheinbar aufgenommen von dem unbekannten Mann, zirkuliert seit Tagen in den sozialen Medien. Darauf zu sehen und vor allem zu hören die verbale Auseinandersetzung zwischen den Männer. Der Prinz ist sichtlich aufgebracht, dass der Fotograf Bilder von seiner Familie gemacht haben könnte. "Wie können Sie es wagen?", ruft William wütend. "Sie sind widerlich!" Zwischendurch hantiert er an seinem Handy und es heißt später in Medienberichten, er habe die Polizei erreichen wollen. Im Davonfahren fällt ebenjener Satz, dass die Paparazzi ihre Lektion gelernt hätten sollen.
Dianas Jagd durch Paparazzi hatte einen traumatisierenden Effekt auf ihre Söhne
Es ist nicht schwer zu verstehen, was William meint. Seine Vergangenheit und die traumatisierenden Momente seines Lebens kennt jeder. Seine geliebte Mutter, Prinzessin Diana, stirbt am 31. August 1997 nach einem schweren Autounfall in Paris. Paparazzi hatten den Wagen der "Königin der Herzen" gejagt und der alkoholisierte Chauffeur raste mit überhöhter Geschwindigkeit in den Pont de l'Alma und fuhr gegen einen Pfeiler. Er und Dianas damaliger Lebensgefährte Dodi Fayed waren sofort tot. Sie starb um vier Uhr morgens in einer Klinik. Bei ihrer Beerdigung machte ihr jüngerer Bruder, der Earl Spencer, auf eine Ironie aufmerksam: "Ein Mädchen, das den Namen der antiken Göttin der Jagd bekommen hat, war am Ende die meistgejagte Frau der Moderne." Er versprach, Dianas Söhne vor einem ähnlichen Schicksal bewahren zu wollen. Gelungen ist es ihm nicht.
Jahre später, genauer gesagt 2019 auf seiner Reise auf den afrikanischen Kontinent ist es Prinz Harry, der offen über sein Trauma spricht. "Jedes Mal, wenn ich eine Kamera sehe, jedes Mal, wenn ich ein Klick höre, jedes Mal, wenn ich ein Blitzlicht sehe, bringt es mich zurück. In dieser Hinsicht ist es die schlimmste Erinnerung an ihr Leben, anstatt der besten." Er nennt es damals "eine schwärende Wunde".
In diesen Jahren ist es vor allem der jüngere der Brüder, der in der Öffentlichkeit einen Blick in seine Seele gewährt. Der ältere hält sich bedeckt. 2017 sagt William in der ITV-Doku "Diana, Our Mother – Her Life and Legacy" über ihren Tod: "Es hat eine Weile gebraucht, bis es angekommen ist." Und: "Ich glaube, von 30 Paparazzi auf Motorrädern verfolgt zu werden, die sich ihr in den Weg stellen und dass eine Frau von ihnen in der Öffentlichkeit zum Weinen gebracht wird – ich glaube nicht, dass das angebracht war."
William ist vorsichtiger mit seiner Medienschelte als Harry. Aber Insider wissen, dass er sie genauso hasst wie sein jüngerer Bruder. Dabei ist er nahezu seit seiner Geburt mit dem Interesse der Öffentlichkeit aufgewachsen. Auch Dank seiner Eltern.
William und Harry werden von ihren Eltern den Medien vorgeführt
Wenige Stunden nach seiner Geburt am 21. Juni 1982 zeigen sich Prinz Charles und Prinzessin Diana mit ihrem Erstgeborenem vor dem Lindo Wing des St. Mary's Hospital in London. Kameras sind ebenfalls zugegen, als der kleine William am 4. August desselben Jahres getauft wird. Der erste Höhepunkt folgt im darauffolgenden Jahr, als der royale Wonneproppen seine Eltern auf deren Tour durch Australien und Neuseeland begleiten darf. Beim Ein- und Aussteigen aus dem Flugzeug wird das Baby den wartenden Fotografen präsentiert. Zudem gibt es einen eigens einberufenen Termin, um die kleine Familie abzulichten.
Derartige Termine wird es in den nächsten Jahren immer wieder geben. Vor allem, als sich das Ehepaar zerstreitet. Sowohl Diana als auch Charles führen ihre Söhne vor, um sich selbst als liebende und fürsorgliche Eltern zu präsentieren. Richard Kay, Adelsexperte der "Daily Mail" und Dianas Kontakt zu den Medien in den 90er Jahren, erklärt gegenüber dem stern: "Diana und Charles benutzten sie (ihre Söhne, Anm. d. Red.) manchmal als ... Ich würde nicht sagen, als Waffen, aber sie wurden zwischen ihnen eingesetzt. William und Harry hatten nicht die Privatsphäre, die sie sich vielleicht gewünscht hätten."
Und da schließt sich der Kreis.
Wie aus dem pausbäckigen Baby der coole Thronfolger wurde

William (und auch Harry) versucht, jetzt da er selbst in der Vaterrolle steckt, seinen Kindern das zu geben, was ihm selbst fehlte. Der Herzog von Cambridge kümmert sich rührend um seine Kinder. Er hört zu, wenn sie etwas sagen. Und er erklärt ihnen die Welt. Diese royale Welt, in die sie hineingeboren wurden, und die so anders ist, als die von Freunden und Schulkameraden. Aber: Die Momente, in denen die Öffentlichkeit einen Blick auf die drei Cambridge-Kinder werfen darf, sind streng limitiert und bis ins kleinste Detail durchgeplant. Ansonsten sind George, Charlotte und Louis "off limits". Daran hält sich die britische Presse. Es gibt Schnappschüsse der kleinen Royals, aber gedruckt werden sie auf der Insel nicht. Was aber nicht heißt, dass die internationale Klatschpresse dies nicht tut. Hinzukommt, dass die sozialen Medien eine optimale Plattform sind, um solche Bilder schnellstmöglich zu verbreiten. Auch wenn damit die Privatsphäre von Minderjährigen jedes Mal verletzt wird. Davor hatte William nun Angst bei jener Fahrradtour.
Es ist überraschend, den Herzog von Cambridge derart in Rage zu sehen. Schlicht, weil er seine Emotionen bis zu diesem Zeitpunkt in der Öffentlichkeit immer im Griff hatte. Aber seine Wut zeigt William von seiner menschlichen Seite und offenbart, dass er geprägt ist von seiner Vergangenheit. Die macht ihn schlussendlich zu einem besseren Vater.