SPD-Fraktion fordert Regierung zur Unterstützung von Appell zu Gaza-Krieg auf

Zerstörte Häuser im Gazastreifen
Zerstörte Häuser im Gazastreifen
© AFP
Die SPD-Bundestagsfraktion hat die Bundesregierung aufgefordert, eine gemeinsame Forderung von inzwischen 28 Staaten nach einem sofortigen Ende des Kriegs im Gazastreifen ebenfalls zu unterstützen. Das klare Signal der 28 Staaten sei richtig, Deutschland solle sich der Initiative anschließen "und hier nicht ausscheren", sagte SPD-Fraktionschef Matthias Miersch am Dienstag dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Seine Fraktion veröffentlichte eine schriftliche Aufforderung an die Bundesregierung.

Zunächst 25 Länder, darunter Großbritannien, Frankreich und Italien, hatten am Montag in einer gemeinsamen Erklärung ein sofortiges Kriegsende im Gazastreifen geforderte. Am Dienstag schlossen sich drei weitere Länder sowie die EU-Kommission an. Das Leiden der Zivilbevölkerung in dem Palästinensergebiet habe "ein neues Ausmaß erreicht", hieß es in der Erklärung. Die unterzeichnenden Länder forderten Israel auf, "seinen Verpflichtungen gemäß dem humanitären Völkerrecht nachzukommen" und die Beschränkungen bei den Hilfslieferungen in dem Gebiet "unverzüglich" aufzugeben. 

Deutschland gehört nicht zur Reihe der Unterzeichner. Außenminister Johann Wadephul (CDU) sprach aber am Montag mit seinem Amtskollegen Gideon Saar und brachte seine "größte Sorge über die katastrophale humanitäre Lage" im Gazastreifen zum Ausdruck. 

Die deutsche Zurückhaltung stößt auf deutliche Kritik in der Fraktion der Regierungspartei SPD. Deutschland trage eine besondere Verantwortung für die Sicherheit Israels und das Existenzrecht des jüdischen Staates, aber eben auch für die Einhaltung des Völkerrechts und den Schutz der palästinensischen Zivilbevölkerung, sagte Fraktionschef Miersch dem RND. "Diese Verantwortung verpflichtet uns, auch in schwierigen Momenten auf Einhaltung des humanitären Völkerrechts zu drängen, so wie wir es auch in anderen Konflikten tun" betonte er. "Doppelte Standards untergraben unsere internationale Glaubwürdigkeit", warnte Miersch.

Am Nachmittag veröffentlichte die SPD-Fraktion im Onlinedienst X eine schriftliche Aufforderung an die Bundesregierung, die von den Abgeordneten Rolf Mützenich und Adis Ahmetovic initiiert wurde. "Die Berichte über verhungerte Kinder und eine rapide eskalierende Hungersnot zeigen: Wir haben den viel beschworenen 'point of no return' erreicht", heißt es darin.

"Als Fraktion schlagen wir weitere Maßnahmen vor", heißt es weiter. So wird die Bundesregierung dazu aufgerufen, "bestehende Kooperationen wie das Assoziierungsabkommen auf Eis" zu legen und den Export von Waffen zu stoppen, die völkerrechtswidrig eingesetzt werden. Ahmetovic ist außenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, der ehemalige Fraktionschef Mützenich sitzt im Auswärtigen Ausschuss des Bundestags.

Aus der Bundesregierung unterstützte Entwicklungsministerin Reem Alabali Radovan den Vorstoß der SPD-Fraktion. "Ich hätte mir gewünscht, dass Deutschland sich dem Signal der 29 Partner anschließt", sagte sie der "Rheinischen Post". "Was gerade in Gaza passiert, ist unfassbar. Unschuldige Kinder sterben. Menschen hungern". Notwendig sei ein sofortiger und nachhaltiger Waffenstillstand.

Widerspruch kam aus der Unionsfraktion. Deren außenpolitischer Sprecher Jürgen Hardt (CDU) verteidigte die Entscheidung der Bundesregierung, die gemeinsame Erklärung nicht zu unterzeichnen. "Der Bundesaußenminister hat die Erklärung nicht unterschrieben, da sie die gefühlte Isolation der israelischen Regierung nur verstärkt", sagte Hardt der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".

Es müsse aber "der israelischen Regierung ein Zeichen sein, wenn so viele Freunde, und dazu zähle ich die SPD, ihre Frustration über das Sterben in Gaza in Sanktionen ausdrücken wollen, weil sie in Jerusalem kein Gehör mehr finden", sagte Hardt.

BSW-Chefin Sahra Wagenknecht nannte die deutsche Zurückhaltung in der Frage "eine außenpolitische Bankrotterklärung". Wenn Frankreich, Polen und andere EU-Staaten dabei seien, habe sich die Bundesregierung "in Europa auch noch außenpolitisch isoliert", sagte Wagenknecht der Nachrichtenagentur AFP. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und Außenminister Wadephul "tun viel zu wenig, um auf die israelische Regierung einzuwirken", sagte Wagenknecht weiter.

AFP